Wirtschaft

Ein bisschen Freude und viel Unsicherheit

In einem Café in einer Seitengasse der Altstadt hat sich eine Runde von Herren in fortgeschrittenem Alter zum Tratsch versammelt. In der Ledra-Straße, der Shopping-Meile der Stadt gleich nebenan, werden Rollläden hochgezogen, Schaufenster poliert, Kleiderpuppen entblößt. Und während einer der Herren mit seinem hölzernen Stock auf den Asphalt hämmert, wenn er über die EU spricht, brüllt ein anderer dazwischen, er solle doch gefälligst den Mund halten.

Die Idee der einmaligen Sonderzahlungen für alle Sparkonten ist Geschichte. Stattdessen herrscht Planlosigkeit. Präsident Nikos Anastasiades suchte am Mittwoch nach einem Plan B für die Lösung der Krise. Um einen Staatsbankrott, der im Juni droht, zu verhindern.

Die Banken sollten bis Dienstag geschlossen bleiben, um massive Geldbehebungen zu verhindern. Denn würden die Konten leergeräumt, bliebe nicht Zeit bis Juni. Am Mittwoch überlegten die Verhandlungspartner in Nikosia aber, die Banken ab Donnerstag wieder zu öffnen – mit strengen Kapitalkontrollen. Innenminister Sokratis Hasikos malte unterdessen ein düsteres Bild für die Bank of Cyprus und die Cyprus Popular Bank (Laiki), die zwei großen heimischen Geldinstitute: Diese würden „voraussichtlich nicht wieder öffnen“, sagte Hasikos. Das habe die Troika in einem Telefongespräch angedeutet.

Am Dienstagabend hatte die Opposition gefeiert. Ihrer Freude über das Ende des EU-Plans auf den Straßen Luft gemacht. Die Freude blieb, der Jubel ist verflogen. Es herrscht Katerstimmung.

Auch in der Altherrenrunde, hier in dieser Seitengasse in der Altstadt. Die Entscheidung im Parlament sei richtig gewesen, meint der Herr mit dem Stock. Aber womöglich werde doch alles in einem Fiasko enden. In einem prognostizierten Staatsbankrott. Oder in noch höherer Besteuerung von Bankeinlagen – jetzt, da die Idee denn schon einmal geboren sei.

„Wovor haben sie also Angst, wenn der Plan tatsächlich vom Tisch ist?“ Vom Nachbartisch wird dazwischen gebrüllt. Der Herr, der seine Meinung mit dem Stock zu untermauern sucht, verdreht die Augen. Der Sitznachbar vertritt die Ansicht, dass das alles doch völlig egal sei, weil Zypern ohnehin aus der EU austreten sollte.

In der Klemme

Österreichs Botschafter in Zypern, Karl Müller, sieht vor allem die zypriotische Regierung in der Klemme. Vor wenigen Wochen war der konservative, pro-europäische Anastasiades mit überwältigender Mehrheit gewählt worden. Heute hafte ihm das Image eines Befehlsempfänger Merkels an. Und bei der Abstimmung stimmte nicht ein einziger Mandatar seiner Fraktion für den – von ihm selbst mit ausverhandelten – Rettungsplan. Das Vertrauen der Menschen in die EU sei zutiefst erschüttert. Das in die junge Regierung angekratzt. Neuwahlen sieht er dennoch nicht heraufdämmern. Jetzt würden erst einmal die Telefone heißlaufen.

Noch dreht sich die Stadt in gewohntem Tempo. Es gab keine Verletzten. Es ist ruhig. Die Läden sind voll und offen. Nur die Banken, die sind zu.

Und jetzt? „Es werden Köpfe rollen“, brüllt der Herr am Nebentisch. Der mit dem Stock beißt die Zähne zusammen, raucht sich eine Zigarette an und erhebt die Hand in Richtung Nachbar, als wolle er zu einer längeren Rede ausholen. Aber die kommt nicht. Kurzes Schweigen. Er lässt die Hand aufs Knie fallen. „Wahrscheinlich hast du recht.“

Rettet die Bürger, nicht die Banken", forderten die Demonstranten Dienstagabend. In der Bevölkerung wächst die Wut auf Europa, auf die EU und besonders – auf Deutschland. Einige der Demonstranten hielten wenig schmeichelhafte Bilder von Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Höhe. Viele machen die deutsche Kanzlerin für die Rahmenbedingungen für die EU-Rettungsgelder verantwortlich.

Schon in anderen Euro-Krisenländern - wie Spanien und Portugal - wurde nicht dem eigenen Staat, der europäischen Gemeinschaft oder dem Bankensystem die Schuld gegeben, sondern der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Sie wurde unfreiwillig zum Symbolbild einer ungewollten, strengen Sparpolitik.

Proteste: "Merkel, raus aus unserem Land!"

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