Fast jeder Vierte denkt über Jobwechsel nach
Von Anita Staudacher
Die Jobwelt dreht sich immer schneller, Leistungs- und Termindruck steigen rasant. 87 Prozent der heimischen Arbeitnehmer geben an, dass die Belastungen am Arbeitsplatz in den letzten Jahren stark zugenommen haben.
Frauen empfinden den gestiegenen Arbeitsdruck noch stärker als Männer, geht aus einer repräsentativen Umfrage des IMAS-Instituts im Auftrag des Jobportals monster.at hervor. „Ein Grund dafür dürfte die ,Always-On-Mentalität‘ sein, elektronische Medien tragen einen wesentlichen Teil zur Beschleunigung der Arbeitswelt bei“, interpretiert Barbara Riedl-Weisinger von Monster Austria die Ergebnisse. Interessantes Detail: Sowohl „freizeitorientierte“ als auch „leistungsorientierte“ Arbeitnehmer beurteilen den Druck am Arbeitsplatz annähernd gleich.
Befragt wurde auch die Einstellung zum Thema Burn-out: Die Hälfte der Befragten hält Burn-out für eine ernsthafte Erkrankung durch Überlastung im Beruf – auch wenn private Ursachen dafür mitverantwortlich seien. Nur zwölf Prozent sind der Meinung, Burn-out sei eine Modeerscheinung und würde oft nur vorgeschoben.
Seit einem Jahr sind Betriebe verpflichtet, psychische Belastungen am Arbeitsplatz zu erheben, von Experten beurteilen zu lassen und geeignete Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer umzusetzen („Anti-Stress-Gesetz“). Um genau festzustellen, welche Stressfaktoren einwirken, müssen externe Arbeits- und Organisationspsychologen eingesetzt werden. Auch wenn das Anti-Stress-Gesetz noch wenig bekannt ist, ortet Yazdi bereits ein gestiegenes Bewusstsein bei Unternehmen. „Es ist spürbar, dass Unternehmen anfangen, was zu tun“, heißt es auch bei der Arbeiterkammer. Schließlich gehe es auch um die Reduktion von Krankenstandstagen.
Mit 22 Prozent konstant hoch ist die Zahl jener Arbeitnehmer, die daran denken, ihren Job zu wechseln (siehe Grafik). Hauptgründe dafür sind nach einem zu geringen Gehalt ein schlechtes Betriebsklima sowie mangelnde Anerkennung.
"Private Ursachen bei Burn-out mitverantwortlich"
- 48 Prozent der unselbstständigen Erwerbstätigen werten Burnout als eine ernst zu nehmende Krankheit durch Überlastung im Beruf, für die auch private Ursachen verantwortlich sind.
- Für 33 Prozent der Befragten ist Burnout "eine schwerwiegende Krankheit, die sich durch steigenden Druck und Geschwindigkeit am Arbeitsplatz in Zukunft häufen wird".
- Nur 12 Prozent finden, dass "Burnout eine Modeerscheinung ist und von den betroffenen Arbeitnehmern oft vorgeschoben wird".
"Die Studie zeigt auch, dass die Bevölkerung weiter ist, als so manche politische Gruppe, die den Grund für Burnout nur in der Arbeitswelt orten."
Monster.at führt die Jobwechsler-Studie halbjährlich durch. Die Studie weist ein Sample von 1010 Befragten aus.
KURIER: Der Arbeitsmarkt soll sich laut AMS-Prognose 2014 nicht erholen. Wann kann damit gerechnet werden?
Ulrike Famira-Mühlberger: Wir gehen von einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2014 aus. Ab der zweiten Jahreshälfte 2014 verlangsamt sich der Anstieg der Arbeitslosigkeit. 2015 sehen wir zwar noch keinen Rückgang der Arbeitslosigkeit, aber auch keinen weiteren Anstieg.
Wie wird sich der Arbeitsmarkt 2014 verändern?
Tendenzen, die sich in den vergangenen Jahren gezeigt haben, setzen sich auch 2014 fort: einerseits mehr unselbstständig Beschäftigte, aber andererseits kaum ein höheres Arbeitsvolumen in Summe – wir sehen also eine Veränderung der Struktur der Arbeitszeit. Mehr Teilzeitbeschäftigte und weniger Arbeitsplätze mit sehr langen Arbeitszeiten. Für den hohen Andrang zum Arbeitsmarkt durch Ältere, Frauen und Migranten reicht das moderate Wirtschaftswachstum nicht aus, darum sehen wir zwar mehr Beschäftigte, aber auch mehr Arbeitslose, weil nicht alle einen Arbeitsplatz finden können, die auf den Arbeitsmarkt drängen.
Welche sind die großen Herausforderungen kommendes Jahr?
Die zwei größten Herausforderungen für 2014 sind für mich zum einen die Integration von jungen Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt – vor allem jene mit Migrationshintergrund. Diese Personen sind in ihren Chancen benachteiligt – schon in der Schule. Die zweite Herausforderung wird sein, ältere Arbeitnehmer länger auf dem Arbeitsmarkt zu halten als bisher. Das heißt, Arbeitsplätze so zu gestalten, dass dies möglich ist. Aber auch das Bewusstsein zu schaffen, dass wir alle aktiv unseren Sozialstaat gestalten.
Für welche Gruppe wird sich die Situation am Arbeitsmarkt verschlechtern?
Eine Entwicklung, die sich auch 2014 fortsetzen wird, ist, dass gering qualifizierte Personen verstärkt Probleme haben werden, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Für welche Gruppe wird sich die Situation verbessern?
Weiterhin gilt: Je besser ausgebildet, desto besser die Arbeitsmarktchancen. Die monetäre Belohnung für eine gute Ausbildung hat sich vergrößert. Der Lohnunterschied zwischen gut und schlecht Ausgebildeten ist gestiegen.
Wie ist man für 2014 gut vorbereitet?
Mit einer guten Ausbildung in zukunftsorientierten Bereichen. So bringt beispielsweise ein Studium im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich in der Regel einen sicheren Arbeitsplatz mit sich. Aber auch eine gute fachliche Ausbildung jenseits vom Hochschulstudium bereitet gut auf den Arbeitsmarkt vor, etwa als qualifizierte Fachkraft im industriellen Bereich oder auch im Dienstleistungsbereich – hier denke ich an wirtschaftsnahe Dienstleistungen oder auch an den Gesundheitsbereich, Pflege, Kinderbetreuung.
Wie errechnen Sie diese Prognosen?
Für unsere Arbeitsmarktprognosen bilden die vergangene Arbeitsmarktentwicklung und die erwartete wirtschaftliche Entwicklung die Basis. Dann sehen wir uns die möglichen künftigen Einflüsse auf den Arbeitsmarkt an und quantifizieren diese. Das sind zum Beispiel: Änderungen von Pensionsregelungen, Änderungen in der Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der EU, Karenzregelungen, Regelungen für den Bundesdienst, aber auch die Arbeitsmarktlage unserer Nachbarländer.
Wie oft stimmen sie?
In der Regel kommen unsere Arbeitsmarktprognosen der späteren Wirklichkeit recht nahe.
KURIER: Warum leiden immer mehr an Burn-out?
Thomas Nagy: Burn-out ist kein Krankheitsbild, doch steckt hinter den Symptomen oft eine Depression oder eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Burn-out klingt aber besser. So kann man "entschuldigen", dass es einem schlecht geht.
Fakt ist: Viele fühlen sich von der Arbeit überfordert.
Ja, sicher. Nicht von der Arbeit, aber in Folge von Missmanagement in einem Unternehmen oder mangelnder Anerkennung. Ob jemand tatsächlich seelisch leidet, hängt aber sehr stark von der Widerstandsfähigkeit des Einzelnen ab.
Warum können manche fast ununterbrochen arbeiten, ohne krank zu werden und anderen ist alles zu viel?
Es liegt am Einzelnen, inwieweit er seinen Job mit Sinn erfüllen kann. Das gilt für den Straßenkehrer genauso wie für den Lehrer. Ob er das schafft, hängt wesentlich davon ab, ob er eben "sein Ding" macht. Wer nur einen Beruf wählt, weil der z. B. sicher ist, aber nicht, weil es seine Berufung ist, läuft leicht Gefahr, auszubrennen.
Sind wir nicht einfach gestresst, weil das Arbeitstempo immer höher wird?
Sicher. Das hohe Tempo führt leider dazu, dass die Menschen keine Zeit mehr haben, ihre Berufung und sich selbst zu entdecken.
Wellnesshotels bieten derzeit "Anti-Burn-out"- Tage an. Bringen die etwas?
Die Ursachen für Burn-out (z. B. Perfektionismus) kann man nicht in wenigen Tagen beheben. Man kann aber einen ersten Impuls erhalten, sein Leben umzukrempeln. Besser als eine kurze Auszeit wäre, sich täglich eine Stunde "Selbst-Kur " zu gönnen.