Wirtschaft

Douglasie statt Fichte: So ändert das Klima die Wälder

Wer mit offenen Augen durch die heimischen Wälder geht, kann die Spuren der Hitze der vergangenen Wochen deutlich erkennen: Mitte August werfen Bäume bereits ihre Blätter ab, manche sind zur Gänze braun verfärbt und das Laub am Boden ist staubtrocken.

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"Der Wald ist geschwächt durch die Extremtemperaturen. Für die Forstwirtschaft heißt das Alarmstufe eins", sagt Rudolf Freidhager, Chef der Österreichischen Bundesforste (ÖBf). Wenn es einige Wochen so heiß ist und nicht regnet, sind das nämlich beste Bedingungen für die Borkenkäfer. Befällt dieser den Wald, bedeutet das riesige Mengen an Schadholz. "Unsere Forstleute müssen nun permanent schauen, wo Käfer-Bäume stehen und diese sofort fällen und wegbringen", erklärt Freidhager.

Das wiederum ist teuer, weil statt größerer Rodungen nur einzelne Bäume umgeschnitten werden. Der Klimawandel, der sich im Wald besonders deutlich zeigt, ist für die Forstwirtschaft mit extrem hohen Kosten verbunden. Seit Anfang der 1990er- Jahre schon beobachten die Bundesforste einen tendenziellen Anstieg der Schadholzmengen. Besonders schlimm waren die zehn Jahren von 2002 bis 2012. "Noch so eine Dekade wäre eine Katastrophe für die Forstwirtschaft", sagt Freidhager.

In guten Jahren kommen die ÖBf auf durchschnittliche Holzerntekosten von 25 Euro je Festmeter. In großen Schadholzjahren aber steigen diese auf 29 bis 30 Euro. Für die ÖBf, deren jährlicher Plan-Einschlag bei 1,5 Millionen Festmetern Holz liegt, bedeutet das bis zu acht Millionen Euro Zusatzkosten.

"Das Dramatische ist, dass die Prognosen davon ausgehen, dass sich Sommer wie dieser in Zukunft häufen werden", bedauert der ÖBf-Chef. Nicht nur die Holzernte werde dadurch teurer, auch das Aufforsten werde problematischer. Junge Waldkulturen trocknen bei der Hitze leicht aus, die Bäumchen können nicht anwurzeln. Das bedeute: Im nächsten Jahr wieder Bäumchen pflanzen und neue Kosten.

Der neue Wald

Die ÖBf arbeiten intensiv daran, den Wald sukzessive auf die klimatischen Veränderungen umzustellen. "Wir brauchen trocken- und hitzebeständigere Wälder", sagt Freidhager. Grundsätzlich wären das eher die Laubbäume. "Wir müssen aber auch darauf schauen, dass wir unsere Hauptkunden, die Holzindustrie, mit jenem Holz versorgen, das sie brauchen und das sind Nadelhölzer", beschreibt Freidhager die Gratwanderung der Forstleute. Denn Österreichs wichtigstes Nadelholz, die Fichte, hält dem Klimawandel am schlechtesten stand. Sie sei insbesondere in tieferen Lagen gefährdet. Ersetzt werde sie durch resistentere Arten wie der Douglasie, nach ihrer Herkunft auch Oregon pine genannt. Auch Tanne und Lärche werden mehr Platz in den Wäldern der Zukunft finden. Und Bergahorn sowie in tiefen Lagen die Buche werden häufiger zu sehen sein.

Naturnäher

Großes Augenmerk legen die ÖBf auf "naturnahe Verjüngung des Waldes". Nicht die künstliche Anpflanzung von Bäumen, sondern dort, wohin der Samen fällt, wächst der nächste Baum, lautet das Motto. Auch das soll den Wald widerstandsfähiger gegen klimatische Eskapaden machen.

All das werde nur funktionieren, wenn die Temperaturen in den nächsten Jahren nicht mehr als zwei bis drei Grad steigen. Es gebe Szenarien mit fünf bis sechs Grad Erwärmung. "Dann wird es Wald hier in Österreich so nicht mehr geben", warnt Freidhager.

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Wenn du einmal Kummer oder Sorgen haben solltest, dann geh mit offenen Augen durch den Wald", rät Sisi ihrem Franzl, als sie einander – im Film – zum ersten Mal begegnen. Ob es sich in Wirklichkeit auch so zugetragen hat, sei dahingestellt – Sisis Weisheit gilt heute jedenfalls mehr denn je. In Zeiten von Klimawandel, wachsenden Städten und zunehmender Belastung am Arbeitsplatz ist der Wald für immer mehr Menschen ein Rückzugsort fern von Trubel und Hitze.

Stress abbauen

Dass der Wald nicht nur kühl, sondern auch gesund ist, bestätigt nun ein Forscherteam der MedUni Wien. In Kooperation mit der Universität für Bodenkultur haben die Wissenschaftler alle Erkenntnisse zur Gesundheitswirkung von Waldlandschaften von 1993 bis 2013 zusammengefasst.

Ihr Resümee: Regelmäßige Aufenthalte im Wald tragen zur körperlichen Erholung und Regeneration bei, stärken das Immunsystem, verbessern die Schlafqualität und harmonisieren das Nervensystem. Dieses steuert alle lebensnotwendigen Körperfunktionen und sorgt dafür, dass sich der Körper schnell an Herausforderungen anpasst. Das wiederum reduziert Stress, erklärt Daniela Haluza vom Institut für Umwelthygiene am Zentrum für Public Health. "Vom Stresshormon Kortisol wird weniger, von den Stimmungshormonen Serotonin und Dopamin mehr ausgeschüttet. Durch die Stressreduktion werden Puls, Blutdruck und Muskelspannung gesenkt." Eine lange Wanderung ist dafür gar nicht nötig, betont die Umweltmedizinerin: "Schon ein kurzer Waldspaziergang von etwa zehn Minuten hat eine gesundheitsfördernde Wirkung."

Hirn durchlüften

Vor allem für Großstädter sei es wichtig, einfach einmal abzuschalten und "das Hirn durchzulüften", sagt Haluza. "Die Amerikaner nennen das ‚being away from‘ – einfach einmal rauskommen aus dem verbauten Gebiet." Der Wald sei dafür besonders gut geeignet, weil er einen Anreiz für Bewegung schaffe. "Und Bewegung ist immer gut, vor allem bei Übergewicht. Auch die Lungenfunktion wird aktiviert, wenn man sich bewegt und tief einatmet."

Eine Studie habe gezeigt, dass der Gesundheits- und Erholungseffekt im Wald höher ist als im Fitnesscenter. "Das liegt auch an der Farbe: Durch die Evolution ist das menschliche Auge zufrieden, wenn es Grün sieht. Grün steht für Wasser, Nahrung und Schatten", erklärt Haluza. "Wenn man regelmäßig ins Grüne geht, wirkt das nach – wie ein Kurzurlaub."

Ein Glück, dass Österreich fast zur Hälfte aus Waldfläche besteht. In den Städten sieht das naturgemäß anders aus – noch. Tropensommer wie in diesem Jahr wird es in Zukunft öfter geben, prophezeien Meteorologen. In solchen Hitzeperioden können begrünte Gebäudeflächen Abhilfe schaffen. Sie reduzieren Luftschadstoffe, schützen vor UV-Strahlung und wirken kühlend, wie eine Studie aus Florida zeigt: Auf einem begrünten Dach hatte es konstant zwischen 28 und 31 Grad – ohne Begrünung wurde es bis zu 57 Grad warm.

Daniela Haluza ist sicher: "Gebäude-Begrünungen sind keine Utopie mehr. So werden die Städte der Zukunft aussehen." Auch Wien sei "auf einem guten Weg".

Buchtipp: Für den österreichischen Autor und Pflanzenwissenschaftler Clemens G. Arvay ist Waldluft „Medizin zum Einatmen“. In seinem Buch „Der Biophilia-Effekt. Heilung aus dem Wald“ (edition a, 21,90 €) beschreibt er, wie Pflanzen unbewusst mit dem Immunsystem des Menschen kommunizieren und wie man diese Verbindung therapeutisch nutzen kann. So aktiviert Waldluft beispielsweise die natürlichen Killerzellen im Körper, die dadurch besser gegen Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien kämpfen können.

Mehr Informationen zu den Gesundheitswirkungen des Waldes finden Sie in untenstehender Bildergalerie: