Doch noch geeinigt: Es wird weniger Öl gefördert
Mit einer als historisch geltenden Drosselung der Ölproduktion stemmen sich wichtige Förderländer gegen einen weiteren Preisverfall beim Rohöl. Das Ölkartell Opec und seine Partner einigten sich bei einer Sondersitzung per Video am Sonntagabend auf eine Kürzung um 9,7 Millionen Barrel (je 159 Liter) am Tag für die Monate Mai und Juni, wie die mexikanische Energieministerin Rocío Nahle auf Twitter schrieb.
Auch das Energieministerium in Kasachstan bestätigte laut der kasachischen Agentur Tengrinews und russischer Agenturen die Einigung.
Unter ursprünglichem Ziel
Die Menge liegt um 300.000 Barrel am Tag unter dem ursprünglichen, am Freitag beschlossenen Ziel. Mexiko hatte sich bis zuletzt geweigert, die geforderten 400.000 Barrel beizusteuern und blieb bei seinem Angebot, 100.000 Barrel aus der Produktion zu nehmen. US-Präsident Donald Trump hatte bereits angekündigt, die USA seien bereit, ihre Ölproduktion in Abstimmung mit Mexiko entsprechend zu kürzen. Die gesamte Produktionskürzung entspricht rund zehn Prozent der täglichen Ölförderung weltweit.
Sicherheit der Versorgung
Die Coronakrise mit dem folgenden Einbruch der Nachfrage nach Öl hatte den Ölpreis in den Keller stürzen lassen. Ob die Entscheidung aber den Benzinpreis an den Tankstellen wieder steigen lässt, ist noch nicht klar. Zugleich ist ein stabiler Ölpreis wichtig für die Sicherheit der Ölversorgung, die mit immensen Investitionen verbunden ist.
Telefonate
Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierte dazu am Abend mit seinem US-Kollegen Donald Trump, wie der Kreml mitteilte. Russland, die USA und Saudi-Arabien unterstützen demnach die Einigung. Mit der Drosselung könnten „die globalen Märkte stabilisiert und die Nachhaltigkeit der Weltwirtschaft insgesamt gewährleistet“ werden. Die Gespräche darüber sollten fortgesetzt werden, hieß es. Putin sprach auch mit Saudi-Arabiens König Salman.
Trump schrieb auf Twitter ebenfalls, er habe sowohl mit Putin als auch mit König Salman telefoniert. Er danke und gratuliere den beiden. Es handele sich um einen „großartigen Deal für alle“. Die Einigung werde auch Hunderttausende Jobs in der Energiebranche der USA sichern.
8 Millionen Barrel
Ob die Runde auch die Ziele für den Zeitraum bis April 2022 bestätigt hat, blieb zunächst unklar. Die Opec+ genannte Runde mit den Schwergewichten Saudi-Arabien und Russland hatte sich am Freitag darauf geeinigt, die Produktion von Juli bis Dezember um täglich acht Millionen Barrel Öl senken. Zwischen Januar 2021 und April 2022 sollte die tägliche Produktionskürzung sechs Millionen Barrel umfassen.
Abkommen
Als Ausgangsniveau wurde jeweils die Produktionsmenge im Oktober 2018 festgelegt, für Saudi-Arabien und Russland gilt ein eigenes Ausgangsniveau von 11 Millionen Barrel pro Tag.
„Der Kompromiss heute sendet die Botschaft an die Welt, dass die produzierenden Länder zusammengekommen sind, um ein Abkommen für zwei Jahre festzuschreiben“, sagte Russlands Energieminister Alexander Nowak der Staatsagentur Tass zufolge. „Es ist langfristig und unterstreicht, dass es uns allen ernst ist, den Markt zu stabilisieren.“
Wann sich die weltweite Nachfrage nach Öl wieder erhole, hänge davon ab, wann sich die Weltwirtschaft nach der Corona-Pandemie wieder erhole, meinte er. „Es braucht Zeit, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wiederherzustellen.“
Hohe Schulden
Eines der Hauptanliegen des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador ist es, den hoch verschuldeten staatlichen Mineralölkonzern Petroleos Mexicanos (Pemex) wieder flott zu machen, dessen Produktion zu steigern und so die Abhängigkeit beim Kauf von
Benzin und anderen Derivaten zu reduzieren. Mexiko importiert fast 70 Prozent des Benzins, das es verbraucht. So hätte eine Reduzierung der Ölproduktion der Politik des mexikanischen Präsidenten widersprochen, und er stieß den Deal mit den Vereinigten Staaten an, die Barrel zu übernehmen, die Mexiko nicht kürzen wird.
Der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard gratulierte dazu auf Twitter: „Sehr gute Arbeit, Rocío Nahle, die Interessen Mexikos zu verteidigen und zugleich das Abkommen zu ermöglichen, um den Fall der Ölpreise zu stoppen. Die von Präsident López Obrador entwickelte Strategie hat funktioniert.“
Risikospiel
Experten in Mexiko sprechen von einem Risikospiel, weil man nicht wisse, was US-Präsident Trump im Gegenzug fordern werde und wann.