Spezialist für 3D-Drucker: Möglich ist heute schon fast alles
Von Simone Hoepke
Wer seinem Erb-Onkel oder seiner Oma ein Denkmal setzen möchte, braucht dazu keinen Steinmetz mehr: Skulpturen kommen neuerdings auch aus dem 3D-Drucker, etwa bei der Wiener Firma VirtuMake im 18. Wiener Gemeindebezirk.
Für eine einfache Büste reicht sogar ein einfaches Foto. „Nach diesem zu arbeiten ist aber aufwendig und damit relativ teuer“, erklärt Firmengründer und Chef Andreas Schwirtz. Bei richtigen Modellen empfiehlt er ein Fotoshooting im hauseigenen Studio, in dem die Person aus mehreren Winkeln und Seiten abgebildet wird.
„Wir arbeiten mit 64 Kameras, aus denen wir die 3D-Daten gewinnen.“ Lange still stehen wie in alten Zeiten muss man dafür nicht. Die Kameras lösen absolut synchron aus, das Ablichten dauert also nur einen Blitzlichtmoment. Wer will, kann sich auch tanzend verewigen lassen. Die Kosten einer Büste variieren je nach Größe und beginnen bei 99 Euro.
Auch wenn der Fokus des 2012 gegründeten Unternehmens anfangs auf der Herstellung von 3D-Figuren lag, spielt sich das Hauptgeschäft heute längst wo anders ab. Etwa im Gesundheitsbereich, wie Firmengründer Andreas Schwirtz berichet.
Denn wo früher alternativlos ein Gips zur Stabilisierung eines Fußes eingesetzt wurde, kommt heute oft eine Stütze aus dem 3D-Drucker zum Einsatz. So fertigt VirtuMake unter anderem Stützkorsette oder Gehbehelfe für die Gesundheitsfirma Bständig. Aber nicht nur. „Wir haben auch für ein achtjähriges Mädchen aus Moskau, das mit nur einem Ohr geboren wurde, das gesunde Ohr gescannt, gespiegelt und gedruckt“, ist Schwirtz stolz.
Das gedruckte Ohr aus Polyamid wurde sterilisiert und diente im OP Saal als Vorlage für die Rekonstruktion. Der Aufbau der Rekonstruktion aus körpereigenem Material (Knorpel aus Gefäßwand) wurde dann vom Chirurg Prof. Oskar Aszmann im AKH Wien durchgeführt. Anschließend wurde das so rekonstruierte Ohr angenäht, auch sei der Verlust der Hörleistung mit einem Implantat ausgeglichen worden, erläutert Schwirtz. „Alles was an den Körper des Menschen angepasst werden muss, ist sehr individuell. Hier eignet sich der 3D-Druck besonders gut.“
Auch die Industrie wird bei den Druckspezialisten vorstellig. Vor allem dann, wenn sie kleine Stückmengen einer Serie benötigt und dafür erst aufwendiges Werkzeug bauen müsste. In diesem Fall kann der Druck der Kleinserie billiger sein als die herkömmliche Produktion. Aber auch beim Wiener Praterkasperl sind schon Figuren von VirtuMake aufgetreten. Puppen von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Johanna Mikl-Leitner und Sebastian Kurz.
Teure Ausstattung
Derzeit arbeitet VirtuMake mit elf Druckern, der teuerste davon hat 350.000 Euro gekostet, daneben stehen drei weitere in der Preisklasse von 50.000 bis 100.000 Euro sowie kleinere Geräte.
Beim 3D-Druck kommen mittlerweile diverse Materialien zum Einsatz, etwa unterschiedliche Kunststoffe, Metalle, keramische Materialien, Lebensmittel, biologische Werkstoffe oder für den 3D Druck entwickelte Mischungen aus diesen Stoffen.
Kann also quasi schon alles gedruckt werden? „Das Limit ist zur Zeit die Größe“, sagt Schwirtz. Große Bauteile zu drucken, sei derzeit wirtschaftlich noch nicht sinnvoll. Die Entwicklung schreitet aber rasch voran.
Neue Arbeitsplätze
Bleibt die Frage, ob der Siegeszug des 3D-Drucks langfristig einen Kahlschlag von Arbeitsplätzen nach sich ziehen wird. „Nein“, ist der 51-jährige Unternehmer, der selbst drei Mitarbeiter beschäftigt, überzeugt. Die industrielle Fertigung komme schließlich schon heute mit wenig Personal aus. „Es wird immer Menschen geben, die die Daten erstellen. So gesehen wird es zu einer Verschiebung und Neudefinition der Jobs kommen. Ich sehe es eher als Chance, neue Arbeitsplätze zu gewinnen, als welche zu verdrängen.“ Schwirtz selbst ist gelernter Werkzeugmacher mit jahrelanger Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion medizinischer Geräte. Er hat, bevor er sich selbstständig gemacht hat, zehn Jahre in der Biomedica-Gruppe (Entwickler für Medizintechnik) und fünf Jahre beim Prothesen-Spezialisten Ottobock gearbeitet.
Von der Zukunft des 3D-Druck-Spezialisten ist offenbar auch der Wiener Investor Erhard Grossnigg überzeugt. Er ist mit seiner Grosso Holding 2018 mit 40 Prozent bei VirtuMake eingestiegen.