Die drei Plagen der Landwirtschaft
Die Besichtigung am Acker verlief einigermaßen zufriedenstellend. Landwirt Julius Schauerhuber aus Stetteldorf am Wagram (Niederösterreich) wird wohl eine passable Ernte einfahren. Sofern ihm das Wetter nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung macht. Extremwetterlagen sind ja keine Seltenheit und beeinflussen massiv den Ernteertrag.
Die Landwirtschaftskammer rechnet heuer mit einer Getreideernte von rund 2,95 Millionen Tonnen. Das ist zwar mehr als im Vorjahr, aber immer noch um 2,4 Prozent unter dem Fünf-Jahres-Schnitt. Ein Grund dafür ist der Rückgang der Anbauflächen um rund 11.000 Hektar.
Die Ursache sind Schwankungen bei den Getreidepreisen. Es ist schwer vorherzusagen, wie sich die Preise mittelfristig entwickeln, weil die weltweiten Produktionsmengen nicht so einfach berechenbar sind. Dazu kommen derzeit volle Getreidelager.
Zu den üblichen Unsicherheiten wie Klimaentwicklung oder Weltmarktpreis kommt auch noch hausgemachtes Unglück. Vor allem drei Plagen machen den Bauern das Leben schwer.
Freihandelsabkommen mit Mercosur-Staaten
Die EU verhandelt ein Freihandelsabkommen mit südamerikanischen Staaten wie Argentinien oder Brasilien. Die Mercosur-Staaten (Mercosur ist die Abkürzung für gemeinsamer Markt) mit einer Bevölkerung von 260 Millionen Menschen sollen die Erlaubnis erhalten, große Mengen an landwirtschaftlichen Produkten in die EU zu liefern. Die EU-Staaten erhalten im Gegenzug Exporterleichterungen bei Industrieprodukten.
Brasilien ist der größte Fleischexporteur der Welt. Angeblich geht es bei dem geplanten Freihandelsabkommen auch um eine zollfreie Exportmenge von etwa 99.000 Tonnen Rindfleisch. Das würde die Rindfleischproduzenten in der EU wegen der niedrigen Produktionskosten in Südamerika unter Druck setzen.
Neben Fleisch sind vor allem zollfreie Exporte von Zucker und Soja in die EU ein Problem. „Das gentechnisch veränderte Soja wird in Südamerika mehrmals mit Glyphosat behandelt“, ärgert sich Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger. „Trotzdem darf es in die EU exportiert werden, während in der EU die Anwendung von Glyphosat verboten werden soll. Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen.“
Moosbrugger verweist auf die extrem langen Transportwege von Südamerika nach Europa. Die Staatschefs von Frankreich, Irland und Polen haben in einem gemeinsamen Brief an die EU-Kommission das Abkommen als Bedrohung für den Agrarsektor bezeichnet.
Streit um die Pflanzenschutzmittel
Glyphosat wurde 2017 nur für fünf statt wie üblich für fünfzehn weitere Jahre zugelassen. 2022 läuft die Zulassung daher ohnehin aus. Die Verlängerung kam nur zustande, weil der deutsche CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gegen den Willen des Koalitionspartners SPD für die Zulassung gestimmt hat. Er wurde deshalb von Kanzlerin Angela Merkel gerügt. Eigentlich hätte sich Schmidt der Stimme enthalten müssen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dieser Vorgang wiederholt, ist nicht sehr groß. Trotzdem ist ein Glyphosatverbot in Österreich Wahlkampfthema.
Wegen des Verbotes der Neonicotinoide ist die Anbaufläche für Zuckerrüben in Österreich verglichen mit 2018 um 11,4 Prozent gesunken, verweist Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer NÖ, auf die Statistik. Im Fünf-Jahres-Vergleich sind die Anbauflächen um 35,5 Prozent gesunken. Die Mercosur-Staaten werden die Lücke gerne mit billigen Zuckerexporten füllen.
Agrarförderungen und offene Brexit-Fragen
Die EU-Staaten müssen sich auf Regeln und Förderungen für die künftige Landwirtschaft in der Union einigen. Derzeit gibt es gestaffelte Direktförderungen und einen weiteren Topf für Umweltaktionen oder Förderungen des ländlichen Raums. Es gab bereits Stimmen, die laut für eine Kürzung des Agrarbudgets eingetreten sind. Bio-Produkte bekommen derzeit eine höhere Förderung als die Produkte der konventionellen Landwirtschaft.
Wie es weitergeht, ist offen. Der Präsident der Landwirtschaftskammer Burgenland und frühere Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich will weiter eine„Basisabsicherung durch Direktzahlungen“. Dazu kommt, dass bei einem harten Brexit Irland seine Agrarprodukte statt nach Großbritannien wohl in andere EU-Staaten exportieren wird. Das würde den Preisdruck am Kontinent erhöhen.