Wirtschaft

Der OPEC-Sturm im Ölfass

"Wir haben eine außergewöhnliche Entscheidung getroffen." Mit diesen Worten präsentierte Irans Ölminister Biajan Zanganeh am Mittwochabend in Algier den Plan der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC), die Ölförderung zu reduzieren.

Außergewöhnlich und überraschend ist dieser Schritt in der Tat: Kaum ein Ölmarktexperte weltweit hatte damit gerechnet. Zu tief waren zuvor die Gräben zwischen den OPEC-Mitgliedern Saudi-Arabien und Iran. Doch den Plänen zufolge hat Saudi-Arabien sogar zugestimmt, dass der Iran ebenso wie Libyen und Nigeria von der Förderkürzung ausgenommen sind. Der Ölpreis schnellte daraufhin um fünf Prozent in die Höhe.

Ist damit die Zeit des billigen Treibstoffs schon wieder vorüber? "Nein", sagt Hannes Loacker, Ölexperte von Raiffeisen Capital Management (RCM). Denn die Skepsis, ob die OPEC ihre Ankündigung überhaupt durchsetzen könne, sei groß. Schon am Donnerstag hat der Ölpreis seinen Weg nach oben wieder unterbrochen. Loacker glaubt, dass Öl weiterhin zwischen 40 und 50 Dollar je Fass kosten werde. Frühestens Mitte 2017 sieht er einen Anstieg in Richtung 60 Dollar. Benzin und Diesel sollten demnach weiter billig bleiben.

Umdenken bei den Saudis

Für die Konjunktur Europas und der USA ist das auch wichtig. Ein stärkerer Ölpreisanstieg wäre auf jeden Fall negativ, ist Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria, überzeugt. Die konjunkturelle Erholung in der Eurozone in den vergangenen eineinhalb Jahren sei zu mindestens einem Drittel auf das billige Öl zurückzuführen. "Das hat den privaten Konsum wesentlich gestärkt", betont er. Dass die Börsen so positiv auf den gestiegenen Ölpreis reagierten, hält Bruckbauer für skurril. Teureres Öl sei zwar für einige große Unternehmen wie die Ölkonzerne und Energieversorger gut, für die meisten aber schlecht.

Wie aber kommt es, dass sich die OPEC nach langer Zeit der totalen Uneinigkeit auf Förderlimits verständigen konnte? Loacker glaubt, dass der Treiber hinter der Entscheidung Saudi-Arabien ist. Das Land, der größte Exporteur der OPEC, habe mit dem niedrigen Ölpreis inzwischen schwer zu kämpfen. Das Budgetdefizit ist auf 13 Prozent der Wirtschaftsleistung hochgeschnellt, das Wachstum auf nur noch ein Prozent gefallen. Die Währungsreserven sind im Vorjahr um 100 Milliarden Dollar geschrumpft. "Saudi-Arabiens Wirtschaft wächst inzwischen weniger als jene des Iran", sagt Loacker. Die Saudis mussten also handeln, auch wenn sie so dem Erzfeind Iran höhere Einnahmen bescheren. "Saudi-Arabien sitzt in der Zwickmühle: Das Land muss schauen, dass der Ölpreis nicht so tief fällt, dass seine eigene Wirtschaft zu sehr leidet, und nicht so hoch steigt, dass der Iran zu viel verdient", erklärt der RCM-Ölexperte.

Opec-Treffen in Wien

Entscheidend wird nun das OPEC-Treffen im November in Wien sein. Dann sollten die Fördermengen für jedes Land festgelegt werden – und es wird sich zeigen, ob die Deckelung hält. Bisher war die Disziplin der 14 OPEC-Länder nämlich oftmals gering. Und in Algerien protestierte schon der irakische Ölminister Jabar Ali al-Luaibi, dass die Fördermenge seines Landes von der OPEC viel zu gering angesetzt worden sei. Unter dieser Prämisse könne man den Plan nicht akzeptieren.

Fracking wieder rentabel

Zudem dürften die Nicht-OPEC-Staaten dafür sorgen, dass es weiterhin ein Überangebot an Öl gibt. Neben Russland ist dabei vor allem die Fracking-Industrie in den USA entscheidend: Sollte der Ölpreis tatsächlich anziehen, würde sich diese teurere Fördermethode auch wieder vermehrt rechnen.