Der Mittelstand ist Erfolgsgarant
Von Simone Hoepke
Sie haben noch nie ein Cola getrunken, das nicht durch die Kontrolle von Anton Paar gelaufen ist“, behauptet Sonja Hiebler, Sprecherin von Anton Paar. Das Grazer Unternehmen ist weltweit führend in der Entwicklung und Herstellung hochwertiger Mess- und Analysegeräte.
Ketchup-KontrolleHersteller von Duschgels stellen sicher, dass die Flüssigkeit zwar aus der Packung, aber nicht zwischen den Fingern davonrinnt. Auch Ketchup läuft durch die Kontrollen von Anton Paar: Es soll leicht aus der Flasche kommen, sich aber nicht auf heißen Pommes verflüssigen. Die Liste kann Hiebler, eine studierte Theologin, scheinbar unendlich fortsetzen. Bis zu Zähigkeitsbestimmungen von Motoröl oder Blutplasma.
Bei Anton Paar verdient der Chef netto maximal 3,4-mal so viel wie Mitarbeiter am unteren Ende der Gehaltsskala. „Wir haben die unteren Gehälter angehoben“, sagt Maria Santner. Und weil sie und ihr Mann meinen, dass geistige und körperliche Arbeit gleich viel wert ist, wurden 2011 alle Arbeiter in Angestellten-Verträge übernommen. Santner: „Weniger eine Geld- als Imagefrage.“ Die 850 Beschäftigten des Headquarters radeln auffallend oft in die Firma. Dafür gibt es 1,70 Euro pro Tag. „Eine einfache Rechnung. Parkplätze kosten Geld. Was wir sparen, wenn nicht alle mit dem Pkw kommen, geben wir an die Mitarbeiter zurück.“ Prämien gibt es auch für jene, die zu Fuß, in einer Fahrgemeinschaft oder mit den Öffis kommen.
Kinderheim und Kloster
Der Erfolg war Santner nicht in die Wiege gelegt. Im Alter von vier Wochen kam er ins SOS-Kinderdorf, später ins Bischöfliche Gymnasium. „Auszeiten im Kloster brauch ich keine, ich hab in meinem Leben schon genug gebetet“, scherzt er. Die Zeit im Kinderdorf war prägend. „Zehn Kinder und eine Mutter: Da lernt man Disziplin und sich in sozial akzeptabler Weise durchzusetzen.“ Das scheint er auch beruflich bewiesen zu haben. 2012 wurde Anton Paar als bestes steirischer Familienunternehmen ausgezeichnet.
Weltmarktführer
Anton Paar, gegründet 1922, liefert Mess- und Analysegeräte und ist weltweit führend in der Dichtemessung, Rheologie, Bestimmung von gelöstem CO2 sowie Materialcharakterisierung. Das Unternehmen stellt heuer hundert zusätzliche Mitarbeiter in Graz ein. 23 Mio. € fließen in die Infrastruktur in Graz. Der Gewinn wird in den Konzern reinvestiert. Was übrig bleibt, fließt in die gemeinnützige Anton Paar Stiftung. Diese hat im Vorjahr 350.000 Euro für die Wiedereingliederung Suchtkranker in die Arbeitswelt gestiftet.
Sieben von acht Hidden Champions sind im B2B-Geschäft tätig, verkaufen ihre Produkte also an Unternehmen, nicht an Konsumenten. Die meisten haben ihren Sitz in der Steiermark oder in Oberösterreich (jeweils rund 50 Betriebe), gefolgt von Vorarlberg. Das liegt freilich auch daran, dass diese Bundesländer traditionell vergleichsweise viele Industriebetriebe haben. Sieben von zehn Unternehmen sind Familien-geführt. Auffällig oft steht die Firma „am flachen Land“ und ist der größte Arbeitgeber in der Gemeinde. „Die Mitarbeiterfluktuation ist auffällig niedrig“, weiß Jungwirth. Er schätzt, dass die sogenannten Hidden Champions rund 60.000 Mitarbeiter in Österreich beschäftigen. Allerdings haben viele Probleme Hochschulabsolventen anzuwerben, weil sie bei den Uni-Abgängern schlicht unbekannt sind.
„Hochprofitabel“
„Hidden Champions haben die Krise kaum gespürt und sind meist hochprofitabel“, sagt Jungwirth. Wer in einer Nische die Nummer eins ist, kann eben auch hohe Preise verlangen. Allerdings fließt auch viel Geld in die Forschung und Entwicklung. F&E-Quoten von rund 20 Prozent des Umsatzes sind bei Weltmarktführern keine Seltenheit.