Wirtschaft

Der Absturz des Stradivari-Dealers

Das sind sehr schwere Stunden für mich." Dieter Machold, 62, verdiente Millionen, besaß ein Schloss in Niederösterreich und war einer der drei weltweit gefragtesten Geigenhändler. Rund 300 der 600 noch erhaltenen Stradivaris hielt er in Händen, heißt es. Jetzt ist er pleite, das Schloss ist er los, seine Firmen ebenso – und er sitzt seit 16 Monaten in U-Haft.

Die Wiener Staatsanwaltschaft hat nun eine (noch nicht rechtskräftige) Teil­anklage erhoben. Die Vorwürfe: schwerer Betrug, Veruntreuung, betrügerische Krida. Der Fall Machold ist die Geschichte eines Pokerspielers, der viel riskierte, oft gewann, sich verzockte und tief gefallen ist. Und eines Pokerspielers, der sich zuletzt nicht an die Spielregeln gehalten haben soll.

Sein Anwalt Stephan Zinterhof ging mit ihm in der Justizanstalt Josefstadt für den KURIER einige Fragen durch. "Irgendwann wurde die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu groß", diktierte Machold, der in fünfter Generation den Familienbetrieb führte, seinem Anwalt.

Im Oktober 2010 zog er die Reißleine, meldete Insolvenz an, kam nach einigen Anzeigen ins Visier der Justiz. Er soll im späteren Konkursverfahren Instrumente verräumt, zuvor eines mit einem gefälschten Wertgutachten verkauft haben. Weiters, heißt es in der Anklage, habe er einen Verkaufserlös unterschlagen. Und Machold soll teure Violinen, die ihm gar nicht gehörten, an Banken verpfändet haben. Schaden: 4,47 Millionen Euro.

Der Absturz kam nicht unerwartet. Die exklusiven Filialen in New York und Chicago verbrannten Geld. Und sein Geschäftsmodell erwies sich als nicht krisenfest. Machold nahm wertvolle Geigen beim Verkauf noch teurerer Geigen in Zahlung, brauchte dafür aber Kredite, die er finanzieren musste. Das ging oft gut, zuletzt immer seltener. Die Krise schlug zu.

"Dadurch, dass große Geschäfte sich verzögerten, war die Liquidität nicht mehr da", erzählt er.

Mega-Deal

Es wurde knapp. Lange hielt er Gläubiger mit dem Codewort "Collezione Ombarda uno" bei Laune. Es steht für einen Mega-Deal mit einem Mailänder Immo-Tycon. Vertragsinhalt: 17 Stradivaris gegen 40 Millionen Euro, ein paar davon für Machold. Der 62-Jährige verhandelte ein Jahr lang, bis ihn die Schweizer Polizei im März des Vorjahres festnahm und auf Ansuchen nach Österreich auslieferte.

"Ich habe nach wie vor die Hoffnung, dass aus dem Geschäft etwas wird", sagt Machold. Ob das Geschäft noch zustande kommt, steht in den Sternen.

"Er ist beschämt, betroffen. Er war immer bereit, den Schaden gutzumachen", sagt Anwalt Zinterhof. Selbst wenn ihm das gelänge, wird das die Justiz nicht milde stimmen. Zu einigen Fakten, sagt Zinterhof, sei er geständig, einige seien aber schlichtweg falsch. Mitangeklagt sind zwei Verwandte und ein Ex-Kompagnon.

Machold muss mit einer Haftstrafe rechen. Ein zweiter Prozess könnte folgen, denn er schuldet zwei deutschen und drei heimischen Geld­instituten sowie einigen Privatiers 36,4 Millionen Euro. Im Raum steht der Verdacht, dass er Geigen mehreren Banken gleichzeitig als Sicherheit angeboten hat.

Heuer wäre das 150. Firmenjubiläum fällig gewesen. Dazu kam es nicht. "Das Geschäft", sagt Machold, "ist nicht vorbei."

Seine Zeit als Händler vorerst schon.