Wirtschaft

Chaos um Lufthansa-Aufsichtsratschef

Für die Personalentscheidungen langfristig planende AUA-Mutter Lufthansa ist der Schritt ziemlich peinlich. Einen Tag vor seiner Bestellung zum Aufsichtsratspräsidenten von Europas größtem Airline-Konzern warf der Oberösterreicher Wolfgang Mayrhuber am Montag genervt seine Kandidatur hin. Interne Querschüsse und massive Kritik aus den Aktionärsreihen hatten den sonst sehr coolen Topmanager zum Rückzug veranlasst.

Entsprechend hektisch war die Suche nach einem Ersatzkandidaten, den die Lufthansa noch am Montag präsentieren wollte. Aus dem wurde nichts. Am Montagabend hieß es dann plötzlich, Mayrhuber wolle nun doch wieder Aufsichtsratschef werden. Am Dienstag soll die Entscheidung auf der Hauptversammlung fallen.

Der 66-jährige Maschinenbauingenieur, der 1970 als Techniker an Bord ging und von 2003 bis 2010 Vorstandschef des Lufthansa-Konzerns war, hatte sich die Entscheidung zur Kandidatur nicht leicht gemacht. Er sei so unsicher gewesen, dass er drei Nächte lang schlecht geschlafen habe, gestand Mayrhuber im vertrauten Umkreis. Eigentlich wollte er gleich nach seinem Abgang aus dem Vorstand in das Kontrollgremium wechseln, akzeptierte dann aber eine zweijährige Abkühlperiode.

Intern laufen die Querelen gegen Mayrhuber schon, seitdem ihn Noch-Aufsichtsratschef Jürgen Weber als Wunschkandidaten nannte. „Die Jungs machen gerade Kleinholz aus seinem Vermächtnis“, beobachtete ein Aufsichtsrat. Denn Mayrhu-bers Nachfolger als Vorstandschef, der von ihm favorisierte Swiss-Sanierer Christoph Franz und dessen Team, starteten neu durch.

Mayrhuber stand für eine Dezentralisierung und ließ den Töchtern wie Swiss oder AUA viel Eigenverantwortung. Franz & Co. dagegen nehmen die Konzern-Airlines an die kurze Leine und ziehen ein radikales Kostensenkungsprogramm durch. Die Übernahme der konkursreifen AUA brachte Mayrhuber nur noch knapp gegen erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen durch. Das Engagement bei Lufthansa Italia oder Brussels Airline wird ihm heute als Fehler angekreidet.

„Schwierig für Mayrhuber, jetzt als Aufsichtsrat genau die entgegengesetzte Strategie zu unterstützen, die er als Vorstand fuhr“, meint ein Lufthansa-Insider. Große Fonds wie Templeton votierten gegen Mayrhuber, und der einflussreiche US-Aktionärsberater ISS riet den Investoren vor wenigen Tagen ganz klar ab. Die Abkühlungsphase sei zu kurz, außerdem habe er zu viele andere Aufsichtsratsmandate.

Seit 2010 leitet Mayrhuber den Aufsichtsrat von Infineon, zudem sitzt er bei BMW, Munich Re, der Lufthansa Technik und bei der AUA im Kontrollgremium. Sein Mandat bei der Schweizer Großbank UBS legte er kürzlich zurück. In Österreich war er Wunschkandidat der ÖVP für den Holding-Aufsichtsrat der ÖBB, daraus wurde allerdings nichts.

Dass der Lufthansa-Job mit 375.000 Euro jährlich dotiert ist, dürfte keine Rolle spielen. „Mayrhuber pflegt einen bescheidenen Lebensstil“, heißt es in seiner Umgebung. Seine Freizeit verbringt er am liebsten im Wochenend-Domizil in Vorderstoder.