Wirtschaft

"Missbräuchliches Verhalten"

Noch wird nur im Hintergrund kritisiert, denn wer will sich schon in der Öffentlichkeit mit dem Finanzminister anlegen. Wenn man obendrein politisch aus einem Stall kommt. Doch der Plan von Hans Jörg Schelling, die Casinos Austria (Casag) vorerst mehrheitlich zu verstaatlichen, stößt in den Wirtschaftskreisen der ÖVP auf immer heftigere Kritik. Auch wenn Schelling beteuert, es gelte nur, die komplizierte Eigentümerstruktur zu bereinigen, er wolle den heimischen Glücksspielkonzern anschließend ja ohnehin wieder privatisieren. Mit der Hoffnung, dabei ein lukratives Geschäft für die Republik zu machen.

Argumente gegen Verstaatlichung

Die renommierten Wirtschaftsanwälte Dorda Brugger Jordis haben nun ein Memorandum mit der bezeichnenden Überschrift „Argumente gegen eine Verstaatlichtung“ ausgearbeitet. Zwar im Auftrag des Finanzinvestors Epic von Peter Goldscheider, aber der Inhalt ist durchaus bemerkenswert. Goldscheider hat wie berichtet mit zwei tschechischen Milliardären ein Angebot für die Casag gelegt, die erfolgreich im Gaming-Geschäft in Tschechien und Griechenland engagiert sind. Die Republik Österreich hält über die neue Staatsholding ÖBIB bereits ein Drittel am Casinos-Konzern (ehemaliger Anteil der Nationalbank-Tochter Münze). Die Möglichkeit, mit Zustimmung der Regierung bei den Casinos weiter aufzustocken, wurde im novellierten ÖIAG-Gesetz explizit festgeschrieben. Es sei mittlerweile anerkannt, „dass es nicht eine primäre Staatsfunktion ist, unternehmerisch auf dem Markt tätig zu sein und in Wettbewerb zu echten Privaten zu treten“, meinen Dorda, Brugger, Jordis. Nichts anderes vertritt die ÖVP mit ihrer Ideologie „Mehr Privat und weniger Staat“.

Verdrängungswettbewertb mit Privaten

„Auf den konkreten Fall bezogen“ argumentieren die Wirtschaftsanwälte, habe der Staat „keinen Freibrief, aus rein fiskalischen Interessen in einen Verdrängungswettbewerb mit Privaten einzutreten und sich – dank der ihm zukommenden öffentlich-rechtlichen Sonderstellung – in unlauterer Weise einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen“.

Beim Thema Wettbewerb wird eine Verstaatlichung besonders heikel.Denn „Spieler- (Eigentümer-) und Schiedsrichterfunktion“ wären in einer Hand. Die Republik wäre einerseits Eigentümer der Casinos und deren 68-prozentiger Lotterien-Beteiligung, die das kostbare Asset des Konzerns ist. Andererseits untersteht das Glücksspiel dem Finanzminister als Regulator, der auch die Konzessionen für die Unternehmen vergibt und den Inlandsmarkt steuert. Ob Schelling mit dem Deal tatsächlich ein gutes Geschäft macht, ist fraglich. Dieses Business ist sehr schwankend, niemand kann abschätzen, ob die Casag mittelfristig tatsächlich mehr wert ist als heute. Es geht immerhin um 400 bis 800 Millionen Euro, die die Staatsholding in die Hand nehmen müsste. Je nachdem, wie hoch private Mitbieter den Preis treiben. Dieses Geld könnte der Staat sicher sinnvoller verwenden, argumentieren die Kritiker.

Kaufen und weiterverscherbeln

Die Juristen meinen jedenfalls, die ÖBIB dürfe weitere Anteile nur erwerben, um ihre Beteiligung besser managen zu können. Kaufen und wieder verscherbeln, „um dann – einem Private Equity Fonds vergleichbar – am Exit zu verdienen“, würde dem ÖIAG-Gesetz widersprechen. Fazit: Die Verstaatlichung müsse sachlich besonders gerechtfertigt sein, „damit nicht der Anschein eines missbräuchlichen Verhaltens des Staates besteht“. In der Casag-Gruppe wird inzwischen weiter saniert. Im Auftrag der Eigentümer startete Casag-Chef Karl Stoss das Projekt „Delta“. Derzeit steht die dritte und letzte Phase an. Während bei den zwölf Inlandscasinos bereits 120 Mitarbeiter, hauptsächlich Croupiers, sozial verträglich abgebaut wurden, sind jetzt die Verwaltung und die Lotterien, die mit ihren Töchtern rund 600 Mitarbeiter beschäftigen, an der Reihe. Im Vorjahr wurde schon ein Aufnahmestopp verordnet. Minus zehn Prozent bei den Kosten, lautet die Vorgabe.