Wirtschaft

C&A-Manager: "Den Leuten geht das Geld aus"

Das verschwiegene Familienunternehmen C&A ist der zweitgrößte Textilhändler in Österreich. Zentral- und Osteuropachef Norbert Scheele im KURIER-Gespräch über schrumpfende Umsätze im stationären Bekleidungshandel, den Standort Österreich und die Entrümpelung des Handelskollektivvertrages.

KURIER: Spüren Sie als Handelsmanager schon etwas von der Steuerreform? Geben die Leute mehr aus?

Norbert Scheele: Nein, damit habe ich aber auch nicht gerechnet. Es sind ja nicht nur die Einnahmen gestiegen, sondern auch die Ausgaben, von der Miete bis zur Müllabfuhr. Die Menschen brauchen das zusätzliche Geld am Konto, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Gegen Ende des Monats geht in unseren Filialen die Zahl der Kreditkartenzahlungen nach oben, das zeigt: Den Leuten geht das Geld aus.

Mode hat laut Trendforschern als Statussymbol ausgedient. Viele Menschen fahren lieber auf Urlaub oder kaufen ein neues Handy. Stimmt’s?

In Österreichs stationärem Textilhandel sind die Umsätze seit fünf Jahren rückläufig. Zum Teil vielleicht deswegen, zum Teil sicher auch, weil Umsätze auf Konten ausländischer Versandhändler fließen. Der Markt wird sicher auch heuer wieder schrumpfen.

C&A hat 130 Standorte in Österreich. Ist das Ende der Fahnenstange erreicht?

Wenn neue Projekte entstehen, müssen wir sie uns ansehen. Es geht aber primär um die Optimierung des Filialnetzes, also etwa, kleinere gegen größter Standorte abzutauschen. Unter dem Strich ändert das wenig an der Zahl der Standorte.

RegioPlan geht davon aus, dass 20 Prozent der Handelsflächen überflüssig werden. Sehen Sie das auch so?

Es wird weniger Verkaufsflächen geben. Wie viel weniger, weiß keiner. Ich schätze zumindest zehn Prozent weniger.

Was heißt das für C&A? Werden Sie sich mehr aus Kleinstädten zurückziehen und stattdessen mehr auf hochfrequentierte Shoppingcenter setzen?

Das hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem davon, wie man sich mit dem Vermieter einigt.

Sind alle Standorte gemietet?

Nein. Unser größtes Haus in Österreich, der Standort in der Mariahilfer Straße, gehört zum Konzern, genau genommen einem Immobilienarm unserer Holding in der Schweiz. Auch die Filiale in der SCS gehört dieser Firma oder jene in der Linzer City.

In Enns/Oberösterreich hat C&A auch ein Auslieferungslager. Nur für den österreichischen Markt?

Nein, von dort aus beliefern wir mit 150 Mitarbeitern auch die Märkte Slowenien, Kroatien, Rumänien und Serbien.

C&A hat seit sieben Jahren auch ein Lager in der Slowakei, von dem aus Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Polen bedient werden. Halten Sie trotzdem an Enns fest?

Wir sind seit 1986 in Enns, ein Auslieferungslager ist nicht leicht umzusiedeln. Aber Österreich hat enorme Nachteile. Zum Beispiel dürfen wir erst ab 6 Uhr mit der Beladung beginnen – das ist ein Nachteil, schließlich soll der Lkw noch am selben Tag in Rumänien ausliefern.

Und in der Slowakei?

Dort kann man vieles mit dem Betriebsrat ausreden, zum Beispiel, dass vor Weihnachten früher mit der Beladung begonnen wird. Von so einer Flexibilität haben beide Seiten etwas. Aber auch der Handelskollektivvertrag ist hierzulande eine Herausforderung.

Der KV wird derzeit aber auch reformiert ...

Ja, schon seit zwei Jahren. Bis etwas beschlossen ist, schaut die Realität schon wieder anders aus, fürchte ich. Nur ein Beispiel: Wir konkurrieren mit dem Internethandel, müssen aber in Österreich ab 18.30 Uhr den Mitarbeitern Zuschläge zahlen. Ich bin für neun Länder in Europa verantwortlich, aber so etwas gibt es nirgends.

Handelsmitarbeiter sind nicht unbedingt als Spitzenverdiener bekannt …

Es geht auch nicht darum, ihnen etwas wegzunehmen, man könnte dies über ein neues Gehaltsschema kompensieren. Es geht um einfachere Regeln für die Lohnverrechnung. Allein die Samstagsregelungen – Stichwort Schwarz-Weiß-Regelung – sind in der Praxis ein Wahnsinn. Dem Wirtschaftsstandort Österreich hilft das sicher nicht.

C&A ist in Österreich mit 130 Standorten und zuletzt 363 Millionen Euro Brutto-Jahresumsatz die Nummer zwei am Textilmarkt. Norbert Scheele ist seit 1985 bei C&A und seit 1999 für die Märkte Österreich, Slowenien, Kroatien, Rumänien, Polen, Ungarn, Serbien, Tschechien und die Slowakei zuständig. Am 28. April nimmt Scheele beim Shoppingcenter-Symposium des Standortberaters RegioPlan im Palais Ferstel teil.