Wirtschaft/BusinessOesterreich

Verrückte Bauern: Mit Hingabe ins Geschäft gekommen

Strukturelle Veränderungen und eine schwierige Wirtschaftslage machen auch vor Österreichs Bauern keinen Bogen. Ihre Erträge schwanken stark. Das durchschnittliche Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft je Arbeitskraft liegt aktuell bei rund 18.900 Euro. Je Betrieb beliefen sich die Einkünfte im Durchschnitt auf 23.370 Euro. "Im Vergleich zu 2011 sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2015 im Durchschnitt aller Betriebe um 10.224 Euro, also um mehr als ein Drittel zurückgegangen", erklärt Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich.

Dabei sorgen Österreichs Bauern in Österreich für eine Rundumversorgung. Sie liefern Wärme mit erneuerbarer Energie. Bei Milch, Schweine-, Rind- und Kalbfleisch können die heimischen Landwirte den Eigenbedarf zu mehr als hundert Prozent decken. Nicht ganz so ist es bei Geflügel, Eiern, Obst, Gemüse und Fisch – das hat vor allem mit den klimatischen Voraussetzungen zu tun. Bei Geflügel und Eiern kann die inländische Produktion die wachsende Nachfrage nicht decken. Auch, weil im Wettbewerb sehr oft der Preis zählt und Konsumenten ausländische Produkte kaufen, bei denen es keine so hohen Umwelt- und Tierschutzstandards gibt wie in Österreich.

55 Personen

Ein Landwirt in Österreich ernährt heute etwa 55 Personen, 1950 waren es statistisch nur vier, 1980 etwa 20. Insgesamt sind rund 410.000 Personen in der Landwirtschaft beschäftigt, die Zahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe beträgt etwa 160.000. 1995, im Jahr des EU-Beitritts Österreichs, waren es noch 239.000, das heißt: in den vergangenen zwanzig Jahren gaben im Schnitt 2400 Landwirte pro Jahr ihren Hof auf.

Spezialisten

Wer als Bauer in Österreich ein gutes Einkommen erwirtschaften will, hat drei Möglichkeiten: größer, bio oder speziell. Der Trend zu größeren Betrieben hält an, wenngleich die heimische Landwirtschaft im EU-Vergleich klein strukturiert ist. 2003 bewirtschaftete ein Betrieb im Schnitt 39 Hektar, 2015 bereits 44,2 Hektar. Zweitens: Bio. Österreich hat den höchsten Anteil an Biobauern in der EU. 17 Prozent aller Betriebe sind Biobetriebe, 20 Prozent aller genutzten Flächen werden biologisch bewirtschaftet.

Der dritte Weg:

Anders sein, die ausgetretenen Pfade verlassen. So wie unsere nebenstehenden Bauern. Sie vermarkten oft direkt: 46.000 Betriebe in Österreich sind Direktvermarkter, jeder fünfte Konsument kauft jede Woche direkt beim Bauern, vor allem Eier, Fleisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse. Regional, selbst gemacht, sorgfältig und verantwortungsvoll hergestellt – Konsumenten suchen offenbar genau das.

Seewinkler Reis

Erwin Unger ist ein Pionier: er kultiviert roten und schwarzen Reis im Burgenland

Wer eine neue Frucht in Österreich kultivieren möchte, muss sich ein paar Jahre Zeit nehmen: Vier Jahre Forschung und Experimente hat es gebraucht, bis Bio-Bauer Erwin Unger im burgenländischen Seewinkel seinen ersten Reis ernten konnte. Seine Pionierrolle teilt sich der Bio-Bauer aus mit Erich Leyrer Senior und Junior, die seit zwei Jahren ebenfalls mit dem Reisanbau experimentieren. Die Sache mit dem richtigen Klima für Reis funktioniert in Wallern ganz gut, aber das Unkraut ist eine Herausforderung, so der Bauer. Rund sechs Tonnen roten und schwarzen Reis konnte er im vergangenen Herbst einfahren. Ein Teil wird von der Biomarke Ja!Natürlich vertrieben. Den Rest verkauft der Landwirt ab Hof, beliefert Gourmetköche und Gastrofachschulen.
http://unger-blumen. weebly.com

Die Whisky-Family

In Roggenreith brennt Familie Haider Hochwertiges und Ausgezeichnetes

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Seit 1995 brennt die erste Whiskydestillerie Österreich im Waldviertel vielfach Ausgezeichnetes. Zuerst ganz klein, heute in der „Whisky-Erlebniswelt“. Hinter der Eigenmarke „Waldviertler Whisky J.H.“ steckt die Familie Haider, Tochter Jasmin Haider-Stadler übernahm heuer mit Mama Monika die Geschäftsführung von Papa Johann. Ins Hochprozentige kommt nur Bestes: heimisches Getreide, eine eigene Wasserquelle, gelagert wird in Eichenfässern, geräuchert wird der Malz aus lokalem Torf. Pro Jahr werden rund 100 Fässer mit je 225 Litern befüllt, wichtigster Absatzweg sei der Ab-Hof-Verkauf, die meistverkaufte Sorte der „Original Rye Whisky J.H.“.
Besuchern steht die erste Whisky Destillerie offen, die Familie bietet Führungen und Verkostungen an.
http://www.whiskyerlebniswelt.at

Kaviar vom Albinostör

Im Grödigs Teichen schwimmen wertvolle Fische: Walter Grüll züchtet Albinostöre und produziert das teuerste Lebensmittel der Welt

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Am Weltmarkt bezahlt man 65.000 Euro für einen Kilo weißen Kaviar. Walter Grüll (links im Bild) war der Erste und ist der Einzige, der diesen in Österreich erntet. Für eine Störzucht braucht es Geduld. Zwölf Jahre dauert es, bis ein Albinostör laicht, ein Beluga-Stör braucht auch gerne mal 20 Jahre. Geerntet wird der weiße Kaviar bei Grüll nur auf Anfrage, das Tier erst dann getötet, wenn ein Arzt mittels Ultraschall die Eier bestätigt. Ein Albinostör trägt im Optimalfall 300 Gramm Kaviar. Das macht den stolzen Preis – pro Jahr werden weltweit nur zwölf Kilo produziert. An welche Kundschaft wird verkauft? „An viele Kleine, wenig Große“, also mehr Private als Gastronomie. Seit 1993 betreibt die Familie auch das Fischspezialitäten-Bistro „Grüll“ in Grödig bei Salzburg.
http://www.gruell-salzburg.at/de

Der Büffelkäsemacher

Wasserbüffel im Waldviertel: Robert Paget macht aus ihrer Milch österreichischen Mozzarella

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Sein Rohmilchkäse, vor allem der Büffel-Camembert, sind in Österreich legendär. Und Büffelmozzarella macht hierzulande nur er: Robert Paget, einer der besten Käsemacher des Landes, stellt die kulinarische Besonderheit im Waldviertel her. Als Aussteiger ist der studierte Biologe in den 1970er-Jahren dort gelandet. Heute hält er in Diendorf am Kamp zehn Wasserbüffel und 50 Ziegen und hat in den vergangenen 30 Jahren das Käserhandwerk zur Perfektion getrieben. Warum Wasserbüffel? „Der Anlass war eigentlich die EU. Damals gab es drei Möglichkeiten: entweder drei Mal so groß zu werden, drei Mal so gut zu werden oder ganz damit aufzuhören. Ich wollte drei Mal so gut werden“, erklärt er in einem Interview. Sein Wissen gibt er auch in Käsekursen weiter.

http://www.bufala-connection.at

Der Rinderfarmer

Auf der Boa-Farm im Weinviertel laufen Angus- und Galloway-Rinder frei herum

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Fred Zehetner und Daniela Wintereder, zwei Oberösterreicher in Niederösterreich, betreiben die Boafarm in Wildendürnbach im nördlichen Weinviertel. Auf 320 Hektar Land halten sie 600 Rinder der Rasse Aberdeen Angus und Galloway. Die Tiere stehen frei auf den Weiden in ihren Herden, sie fressen ausschließlich Gras, trinken, schauen entspannt in die Gegend. Jedes Jahr kommen und gehen rund 240 Rinder: Verarbeitet werden sie direkt vor Ort, wo vor vier Jahren ein Schlachthof gebaut wurde. Fred Zehetner liefert das gereifte, abgepackte Fleisch an Restaurants in Wien, an die Fleischerei Radatz und verkauft ab Hof. Eine weitere Einkommensquelle ist der Verkauf von Zuchttieren ins Ausland. „Wir sind hochprofitabel“, sagt Zehetner. Die Boafarm macht rund 600.000 Euro Umsatz im Jahr.

http://www.beefcattle.at

Im Straußenland

Die Familie Gärtner züchtet Strauße und Bio-Truthähne in Niederösterreich

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Rainer Gärtner hat den größten Straußen-Betrieb in Österreich, zwischen 300 und 500 Strauße – Vogelstrauße, Nandus, Emus – und 1500 Bio-Truthähne leben hier. „Sie geben uns Eier, Federn, Fleisch, Fett und Haut“, sagt Gärtner. Die meiste Wertschöpfung – rund die Hälfte – mache heute aber der Tourismus, der Vogel sei einfach spektakulär. Das Freigehege, auf dem die Tiere leben, ist 17 Hektar groß. „Der Strauß ist ein Herdentier, wir halten ihn so, wie es sich gehört.“ Rainer Gärtner sagt von sich selbst, er sei ein Träumer. Eine seiner Ideen war es, Straußen-Eier von Afrika nach Österreich mitzunehmen und sie hier auszubrüten, später kaufte er schon erwachsene Tiere, um schneller die Fleischnachfrage zu sättigen. Führungen durchs Straußenland sind ab April wieder möglich.
http://www.straussenland.at