Wirtschaft

Billigaktionen: "Wir importieren Tierleid"

Geiz ist nicht geil. Der Preisdruck bei Lebensmitteln wie Milch oder Fleisch hat absurde Konsequenzen. Bereits vor Jahren wurden bei der Putenzucht die Standards für die Tierhaltung für heimische Betriebe deutlich angehoben. Daher ist Putenfleisch aus Österreich deutlich teurer als Importe aus anderen EU-Staaten mit niedrigeren Standards.

Die große Mehrheit der Konsumenten will aber nicht mehr bezahlen. Der Selbstversorgungsgrad (Produktion im Inland) bei Putenfleisch ist in den vergangenen zehn Jahren von 60 auf 35 Prozent gesunken. Bei Hühnern beträgt der Selbstversorgungsgrad nur noch 80 Prozent.

"Wir importieren Tierleid", lautet die Schlussfolgerung von Stephan Pernkopf. Der Landesrat in Niederösterreich ist auch Präsident des Ökosozialen Forums. Es sei absurd, dass zwar ein höchstmöglicher Standard bei Tierschutz und Umweltschutz eingefordert werde, aber dann nur wenige bereit sind dafür auch zu bezahlen. "Wer ein Huhn um drei Euro kauft, darf sich nicht über Massentierhaltung beschweren."

Irgendwer zahlt drauf

Das Thema bei der am Montag beginnenden Wintertagung des Ökosozialen Forums lautet "Billig gibt’s nicht. Irgendwer zahlt immer drauf."

Bei der Putenzucht im Ausland werden bisweilen hohe Dosierungen von Antibiotika verwendet. Bei Stichproben in deutschen Diskontmärkten wurden mehrmals antibiotikaresistente Keime im Putenfleisch entdeckt. Diese Keime können etwa nach Operationen zu massiven gesundheitlichen Problemen führen. Trotzdem wird immer mehr Pute nach Österreich importiert.

Pernkopf verweist auf die Eigenverantwortung der Konsumenten. Beim Einkauf werde nun mal auch über die Rahmenbedingungen der Lebensmittelproduktion entschieden. Derzeit gibt es in Österreich mehr als 21.500 Biobetriebe. Zwanzig Prozent der landwirtschaftlichen Fläche wird für die biologische Landwirtschaft genutzt. Gemessen am Wert des gesamten Einkaufs beträgt der Bioanteil aber nur etwa sieben Prozent. Vor allem bei höherpreisigen Produkten ist der Bioanteil in der Einkaufstasche besonders gering.

Aktionsangebote

Nach wie vor steigt der Anteil von Aktionsangeboten für Fleisch im Lebensmitteleinzelhandel. Bei Schweinefleisch wird mehr als die Hälfte der verkauften Menge durch Billigaktionen abgegeben. Das ist deutlich mehr als in anderen EU-Ländern. Der Anteil der Wertschöpfung von landwirtschaftlichen Produkten, der den Bauern bleibt, ist auf rund ein Drittel gesunken.

Besonders unter Druck sind Schweinezüchter und Milchbauern, die nicht Heu- oder Biomilch verkaufen. Es ist derzeit kaum möglich Schweinefleisch kostendeckend zu produzieren. Pernkopf kennt die Problematik: "Pro Jahr geben österreichweit 4500 Betriebe die Schweinehaltung auf."

Wobei sinkende Erzeugerpreise nicht bedeuten, dass auch die Konsumentenpreise im selben Ausmaß nachgeben. Laut einem Vergleich der EU-Staaten sind die Konsumentenpreise für Nahrungsmittel in Österreich um durchschnittlich 20 Prozent höher als in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass die heimische Landwirtschaft für ihre Produkte auch um 20 Prozent mehr bekommt.