Bauarbeiter und Reinigungskräfte sind mit ihren Jobs am wenigsten zufrieden
Von Anita Staudacher
In welchen Berufsgruppen sind die Österreicher am zufriedensten? Weil es ohne Rankings offenbar auch in der Arbeitswelt nicht geht, erstellte die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) jetzt eine eigene Zufriedenheitsskala.
Das auf 4000 Befragungen im Rahmen des vierteljährlichen Arbeitsklima-Index basierende Ergebnis ist wenig überraschend: Am wohlsten in ihrem Job fühlen sich die Büroangestellten ohne Kundenkontakt, Geschäftsführer und Bankangestellte. IT-Fachkräfte, Verkaufspersonal, und Lehrer liegen im Mittelfeld.
Am untersten Ende der Skala rangieren Bauarbeiter, Berufskraftfahrer sowie Reinigungskräfte. In diesen Berufen sind körperliche Belastung und psychischer Stress besonders hoch, Einkommen und Prestige hingegen niedrig. Fast 22 Prozent der Reinigungskräfte finden kein Auskommen mit ihrem Einkommen, über alle Berufsgruppen sind es elf Prozent. Auch Betriebsklima, Führungsstil und Aufstiegschancen werden schlechter benotet.
Hohe Belastung
Für die AK alarmierend: Rund die Hälfte der Bauarbeiter fühlt sich durch schlechte Gesundheitsbedingungen sowie Unfall- und Verletzungsgefahr stark belastet. Ganz besonders trifft dies auf die Leiharbeiter zu. Jeder zweite Bauarbeiter kann sich nicht vorstellen, noch einmal in der gleichen Firma anzufangen.
Zum Vergleich: Bei den Büro- und Bankangestellten würden 80 Prozent wieder in derselben Firma arbeiten. AK-ÖO-Präsident Johann Kalliauer gibt auch dem zunehmenden Lohn- und Sozialdumping insbesondere durch ausländische Leiharbeitsfirmen Schuld an der sinkenden Arbeitszufriedenheit.
Die Wirtschaftskammer verweist auf eine EU-weite Erhebung, wonach die Arbeitszufriedenheit in Österreich im europäischen Spitzenfeld liegt – noch vor den nordischen Ländern und Deutschland. Demnach sind neun von zehn befragten Österreichern mit ihrer Haupttätigkeit „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“.
Immer weniger Beschäftigte kommen mit ihrem Einkommen aus, geht weiters aus dem Arbeitsklimaindex hervor. Seit Ausbruch der Krise vor fünf Jahren haben sich die Werte drastisch verschlechtert: 2008 sind 40 Prozent der Befragten "gerade" über die Runden gekommen, heuer 51 Prozent. Für elf Prozent reicht das Einkommen jetzt gar nicht mehr aus (2008: 10 Prozent).
Umgekehrt konnten vor fünf Jahren noch 14 Prozent "sehr gut" von ihrem Verdienst leben, 2013 nur mehr sechs Prozent. Über ein "vollkommen" ausreichendes Einkommen verfügen nunmehr 32 Prozent, 2008 waren es 36 Prozent.
Für die AK ist dies ein Alarmsignal: "Die Einkommensschere geht immer weiter auseinander, der Riss in der Gesellschaft wird immer größer", heißt es im aktuellen Bericht zum Arbeitsklimaindex.
Betroffen von "working poor", also Armut trotz Arbeit, sind nach wie vor überwiegend Berufssparten, in denen viele Frauen arbeiten. In der Gastronomie, im Einzelhandel, im Friseur- und Kosmetikgewerbe sowie im Kinderbetreuungsbereich reicht für zumindest jede Zehnte das Einkommen nicht aus.
Menschen mit knappem Einkommen sind daher finanziell auf ihre Partner (ein Drittel), Eltern (14 Prozent) oder den Staat (13 Prozent) angewiesen und sind mit ihrer sozialen Position und ihrer sozialen Absicherungen wenig zufrieden.
Am schlechtesten stehen Reinigungskräfte da. Sie sind nicht nur mit ihren Zukunftsperspektiven, dem Betriebsklima und den körperlichen Belastungen vergleichsweise unzufrieden, sondern auch mit ihrem Einkommen. Für fast 22 Prozent reicht das Geld gar nicht, für weitere 55 Prozent geht es sich nur knapp aus.
Als "working poor" gelten Personen im Erwerbsalter (18 bis 64 Jahre), deren Haushaltseinkommen inklusive etwaiger Sozialleistungen trotz Erwerbstätigkeit unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Für einen Ein-Personen-Haushalt sind das momentan 1066 Euro pro Monat, zwölfmal im Jahr. Rund eine Million Österreicher ist armutsgefährdet, das sind 13 Prozent der Bevölkerung.