Baristas machen Kaffee zum Kultobjekt – Filterkaffee bleibt trotzdem angesagt
Von Simone Hoepke
Kaffee ist nach Erdöl das wichtigste Handelsgut der Welt, dessen Lieferkette fest in Händen von multinationalen Handels- und Röstfirmen ist. Johannes Hornig, Chef der gleichnamigen Grazer Kaffeerösterei, ist aber überzeugt, dass kleine Röstereien in Österreich wieder an Bedeutung gewinnen werden. Neuerdings ist es "in", zu erzählen, woher der Kaffee kommt, wie er geröstet wurde, um ihn dann auch noch als keines Kunstwerk zu servieren. Insider nennen das die dritte Welle des Kaffees.
"Sie ist von Sydney ausgegangen und über San Francisco und Skandinavien nun auch zu uns gekommen", sieht Hornig einen die halbe Welt umspannenden Trend. Auch die Rösterei Hornig(seit 2011 zu 75 Prozent in Händen des Hamburger Großrösters J. J. Darboven) röstet noch in Graz – 1500 Tonnen im Jahr.
Rückblick
Die erste Welle spülte in den 1970er-Jahren den Kaffee in die Supermärkte und machte ihn damit massentauglich. Die zweite brachte Starbucks und damit Pappbecher in die Straßen und nun kommen Baristas, die um Kaffee einen Kult machen wie Sommeliers um Wein. In Barista-Kursen dreht sich alles um Sorten, Röstung, Mahlgrad und natürlich die Zubereitung. Bei Gourmets kommt das an. Die Kurse sind teils über Monate hinweg ausgebucht.
Es ist aber nicht nur George Clooney, der als Werbeträger von Nespresso Kaffee einen neuen Star-Anstrich gegeben hat. Tatsächlich ist der Marktanteil von Kaffeekapseln trotz enormem Werbedruck noch relativ gering. Laut Hornig liegt er bei rund zehn Prozent.
Filterkaffee ist alles andere als gestrig. Laut dem Kaffeebericht aus dem Hause Tchibo besitzen vier von zehn Kaffeetrinkern in Österreich noch immer eine Filtermaschine. In Deutschland trinken noch sieben von zehn Befragten Filterkaffee, was mit ein Grund ist, warum an den Frühstücksbuffets heimischer Hotels das "Kännchen" noch immer Saison hat.
Selbst in angesagten Kaffeehäusern zwischen München und Hamburg erlebt gar der Handaufguss – auf Neudeutsch "Pour-over" – ein Revival. Tchibo gibt an, neuerdings wieder mehr Porzellanfilter zu verkaufen, und Umweltschützer hoffen schon, dass die Kapselflut bald ein Ende haben wird. In Österreich liegen diese ohnehin weit abgeschlagen hinter ganzen Bohnen (etwa 50 Prozent Marktanteil) und Mahlkaffee (Anteil von rund 35 Prozent).
Der typische österreichische Kaffeetrinker trinkt gut drei Tassen am Tag und kommt damit auf einen Jahreskonsum von 8,4 Kilogramm. Damit spielen die Österreicher in der Europa-Liga im Spitzenfeld. Nur die Finnen trinken noch mehr Kaffee, der europäische Schnitt liegt bei 4,93 Kilo.
Im Jahr importiert Österreich rund 1,6 Millionen 60-Kilo-Säcke, 75 Prozent davon werden auch tatsächlich im Land konsumiert.
AutomatenkaffeeDer österreichische Automatenaufsteller café+co hat am Montag für das Geschäftsjahr 2014/15 eine Umsatzsteigerung von 176 auf 186 Millionen Euro gemeldet. Das Unternehmen ist in zwölf Ländern aktiv und verkauft jährlich mehr als eine halbe Milliarde Portionen. Immer beliebter werden Kaffees mit Zusatzgeschmacksrichtungen wie Vanille oder Haselnuss. „Sie machen bereits mehr als 20 Prozent der Portionen aus“, sagt cafe+co-Geschäftsführer Gerhard Steger. Vor allem in Osteuropa würden sich viele solche Sorten aus dem Automaten drücken. Früher wurde aus Kostengründen vor allem schwarzer Kaffee getrunken.
Bei der Ertragslage ist Steger nicht euphorisch. „Währungen werden immer mehr zur Zusatzherausforderung“, sagt er. Besonders betroffen hat das den russischen Markt. Kaffee wird zudem in US-Dollar gehandelt und die schlechte Ernte im wichtigsten Ernteland Brasilien treibt den Preis in die Höhe.