Ausverkauf: Sommermode auf Schleuderkurs
Die Modehäuser brauchen Platz für neue Ware. Aktuell bietet die Branche Preisabschlägen von bis zu 70 Prozent. "Mit Mode verhält es sich wie mit Joghurt. Beide haben ein Verfallsdatum", findet Amancio Ortega. Er weiß, wovon er spricht. Seine Inditex-Gruppe, zu der das Label Zara zählt, ist zum größten Textilhändler der Welt aufgestiegen und hat ihn zum reichsten Mann Spaniens gemacht. Was heute in ist, ist morgen schon out. Deswegen verschleudern Modehändler Hosen und Blusen eiligst, bevor sie zu Ladenhütern werden.
Und das, obwohl die Saison gut gelaufen ist, die Lager also nicht übervoll sind, wie Branchenvertreter beteuern. "Der Bekleidungshandel liegt umsatzmäßig über dem Vorjahresniveau", berichtet Helmut Schramm, Textilhändler und Spartenobmann in der Wiener Wirtschaftskammer. Generell nimmt die Bedeutung von Ausverkäufen aber ab, "weil es schon das ganze Jahr über Aktionen gibt".
Countdown
Das Prozedere ist alljährlich dasselbe: Händler mit Top-Mode reduzieren als Erster die Preise, jene mit klassischer, mittelpreisiger Ware ziehen zeitverzögert nach. Die Spielarten sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich: "Peek & Cloppenburg arbeitet mit dem Countdown-Prinzip, zuerst 30, dann 50 und dann 70 Prozent Nachlass", erklärt Peter Schnedlitz, Handelsprofessor an der WU-Wien. Nachsatz: Die Aktionen betreffen immer nur einen Teil der Ware. Der Schein, dass alles billig zu haben ist, trügt also. Franchise-Betriebe – wie etwa Esprit – verschicken Gutscheine an Stammkunden, andere versuchen den Ausverkauf überhaupt zu vermeiden.
Etwa Inditex. "Sie produzieren verhältnismäßig kleine Mengen und das in Europa, um schnell fertigen und liefern zu können. Außerdem arbeiten sie mit einem ausgeklügelten Just-in-time-Prinzip ähnlich der Auto-Industrie", weiß Schnedlitz. Der Konzern mit weltweit mehr als 5500 Filialen sieht auf Knopfdruck, welche Teile wo in der Welt gefragt sind. Geht das blaue Röckchen in Lissabon gut, liegt aber wie Blei in den Regalen der Kopenhagener Läden, wird es von Kopenhagen abgezogen und kurzerhand in Lissabon verkauft. Abverkäufe kann sich der Konzern mit der ausgeklügelten Logistik damit weitgehend sparen. Eine Ausnahme in der Branche.
Diese setzt unterm Strich etwa zwei Monatsumsätze mit reduzierter Ware um. Bei Abschlägen von bis zu 70 Prozent fragen sich Konsumenten, ob der Händler da schon draufzahlt bzw. wie viel er eigentlich beim Verkauf regulärer Ware verdient. "Im Durchschnitt gilt die 3er-Kalkulation. Das heißt: Was der Textilhändler um einen Euro einkauft, verkauft er um drei Euro weiter", erklärt Schnedlitz. Bei Diskont-Textilhändlern ist die prozentuelle Spanne viel höher. "Hier wird mit dem Faktor zehn gerechnet – was um zehn Cent gekauft wird, wird um einen Euro weiterverkauft." Bekannt dafür seien die weißen T-Shirts, die in Riesenmengen in Asien bestellt werden, etwa von Diskontern wie Kik. Bei Markenware in der Liga von Hugo Boss, Gucci oder Prada wird laut dem Handelsexperten mit dem Faktor 1,8 kalkuliert.
H&M und C&A dominieren Markt
Zwei Kollektionen im Jahr, das war einmal. "Heute sind zwölf Kollektionen gang und gäbe", sagt der Wiener Textilobmann Helmut Schramm. Die Zeiten, in denen extra für den Ausverkauf zugekauft wurde, sind damit vorbei. Schließlich müsse man schauen, dass in den Regalen rechtzeitig Platz für die nächste Kollektion geschaffen wird.
"Der Markt hat sich in den vergangenen 15 Jahren völlig geändert", beobachtet Ernst Mayr, Chef des oberösterreichischen Familienunternehmens Fussl. Seine Kette mit aktuell 137 Filialen zählt derzeit zu den expansivsten der Branche. Die Zahl der Mitbewerber nimmt aber zu. Diskonter wie Kik oder NKD haben ein Filialnetz über Österreich gezogen, Labels wie Abercrombie&Fitch, Hollister, Forever 21 oder Bershka sind nach Österreich gekommen. Die großen drei am Markt bleiben Hennes &Mauritz, C&A und Peek&Cloppenburg.