Austro-Technologie – Intel inside
Von Anita Staudacher
Die Ankündigung kam selbst für das AT&S-Management überraschend: Der weltgrößte Chip-Hersteller Intel will sich an der bevorstehenden Kapitalerhöhung des steirischen Leiterplattenherstellers beteiligen und Aktien für fünf Millionen Euro erwerben. Das wäre zwar nur ein winziger Anteil am gesamten Unternehmen, aber ein symbolträchtiger.
Der US-Technologieriese untermauert damit die erst kürzlich unterzeichnete Kooperation mit den Österreichern. „Die geplante Beteiligung freut uns sehr. Wir werten das als weiteres Commitment für die Wichtigkeit unserer Zusammenarbeit“, sagt AT&S-Vorstandsvorsitzender Andreas Gerstenmayer zum KURIER.
Neues Geschäftsfeld
AT&S steigt gemeinsam mit Intel in ein neues, vielversprechendes Geschäftsfeld im Bereich Hightech-Verbindungslösungen in der Elektronik ein. Durch sogenannte Integrated-Circuit-(IC)-Substrate, das Einbetten von Halbleitern und weiteren elektronischen Bauelementen in Leiterplatten von Modulen, lassen sich zahlreiche Funktionen von mobilen Geräten auf extrem wenig Platz unterbringen. Dies steigert wiederum die Leistungsfähigkeit oder verlängert die Betriebsdauer des Akkus. „Wir sind die ersten Europäer, die mit dieser Technologie gegen die Asiaten ins Rennen gehen“, erzählt Gerstenmayer.
Die Produktion der IC-Substrate wird im derzeit in Bau befindlichen AT&S-Werk in Chongqing, China, erfolgen. Erste Produkte sollen 2016 vom Band laufen. Analysten schätzen das Marktpotenzial von IC-Substraten heuer auf 8,6 Milliarden Dollar, bis 2016 soll es auf 11,8 Milliarden Dollar steigen. Die integrierten Lösungen versprechen auch höhere Gewinnspannen als das Geschäft mit Leiterplatten, erfordern aber auch einen höheren Spezialisierungsgrad. Derzeit stellen nur rund 20 Unternehmen auf der Welt IC-Substrate her. Anwendungsgebiete sind neben der Mobilkommunikation vor allem die Medizintechnik oder die Fahrzeugindustrie – Stichwort vernetztes Auto.
Kapitalbedarf
Um die China-Expansion zu finanzieren, holt sich AT&S frisches Kapital von der Börse. Für die Werk-Errichtung in Chongqing sind in den nächsten drei Jahren 350 Millionen Euro vonnöten. Ein Teil des Geldes soll durch die Ausgabe von bis zu 15,5 Millionen Aktien eingesammelt werden, wobei knapp 2,6 Millionen Aktien aus dem Eigenbestand stammen. Der maximale Preis wurde mit 9,50 Euro je Aktie festgesetzt, die Preisermittlung erfolgt heute, Mittwoch. Im Zuge der Kapitalerhöhung soll auch der Streubesitz erhöht werden, so Gerstenmayer.
Die beiden Hauptaktionäre Androsch Privatstiftung und Dörflinger Privatstiftung üben daher nur einen Teil ihrer Bezugsrechte aus und kaufen Aktien im Wert von fünf bzw. 15 Millionen Euro. Aufsichtsratschef Hannes Androsch hält 21,51 Prozent der AT&S-Anteile, Ex-Vorstandschef Willi Dörflinger 17,74 Prozent.
Gerstenmayer hofft, dass die Kapitalerhöhung der zuletzt schwächelnden Aktienperformance in Wien wieder Schwung verleiht. Eine Zweitlistung an der Börse Hongkong, wie von einigen Analysten wegen der starken Präsenz in Asien erwartet, ist derzeit kein Thema. „Man muss realistisch sein, wir sind zu klein und würden dort nicht auffallen.“ Die Aktionäre reagierten auf die Kapitalerhöhung verstimmt. Am Dienstag rutschte die AT&S-Aktie fast neun Prozent auf 7,28 Euro ab.
Während in China kräftig investiert wird, schließt AT&S mit Jahresende das Leiterplatten-Werk in Klagenfurt mit 100 Mitarbeitern. Das sei zwar tragisch, so Gerstenmayer, aber der Lebenszyklus der Technologie dort sei abgelaufen. AT&S beschäftigt 7500 Mitarbeiter, davon rund 1000 an den zwei Österreich-Standorten in Leoben und Fehring.