Wer kommt in die Win-Winnetou-Situation?
Von Dieter Chmelar
Vor 50 Jahren endete ein Jahrhundert-Ereignis des deutschen Kinos: In "Winnetou, 3. Teil" (Regie: Harald Reinl) will der Schurke "Rollins" den nichts ahnenden "Old Shatterhand" von hinten – no, na! – abknallen, als ihn dessen Blutsbruder, der Häuptling der Apachen, erspäht und sich wehenden Scheitels in den Schuss wirft. Ein Opfer, das Millionen Zuschauer so wie die tödliche Kugel für den "edlen Wilden" aus der Feder Karl Mays mitten ins Herz traf.
Der Darsteller des "feigen Mörders", ein Italiener namens Rik Battaglia, büßte schlagartig die Sympathien des Publikums ein und brachte in Deutschland keinen Zeh mehr auf Zelluloid: "Ich war über Nacht der Mann, der Winnetou erschoss."
Bilder: Wer könnte Pierre Brice beerben?
Neuauflage mit Tatort-Star
Nun "reanimiert" RTL diese Träume von der Weite des Westens, der Größe des indigenen Gutmenschen und nicht zuletzt auch von der Breite der Zuschauermasse. Für die Neuverfilmung der klischeestrotzenden Stoffe des mehrfach wegen – nicht-literarischer – Betrügereien straffällig gewordenen sächsischen Hochstaplers Karl May (1842–1912) wurde bereits die "Schmetterhand" gecastet. Traut man Quellen wie der FAZ oder der Süddeutschen, wird Wotan Wilke Möhring (47), seit 2013 als Hamburger "Tatort"-Kriminalhauptkommissar Thorsten Falke ein beständiger Bildschirmbegriff, Winnetous weißen Wegbegleiter geben.
Ein Tunesier oder ein Türke?
Nachdem Pierre Brice nicht einmal mehr den Vater Winnetous spielen will ("das würde meinen Erfolg konterkarieren") und sich Bully Herbig (46) seinen "Schuh des Manitu" sicher nicht erneut – und schon gar nicht im Ernst – anzieht, bleibt die Frage: Wer schlüpft in die rote Haut? Drei Favorits schleichen nun laut Branchentratsch auf leisen Mokassins um die Kölner Zentrale von RTL – um diese Win-Winnetou-Situation bemühen sich: Elyas M’Barek (32), Tunesier mit Münchner Migrationshintergrund, Bülent Ceylan (39), Mannheimer Türke, & Erol Sander (46), Istanbuler Fixstern der Seriengeti deutscher Mattscheiben. Die Außenseiter (siehe Bildergalerie: KHG oder Conchita) sind bloße satirische Ergänzungen. Ob sich das Genre überhaupt wieder – künstlich oder womöglich gar künstlerisch – beatmen lässt? Dazu nur so viel: Mays Bücher wurden seit dem Erstling ("Durch Wüste und Harem", 1892) weltweit 200 Millionen Mal verkauft. Howgh!