Georgina hat es hinter sich
Georgina Bülowius, ja, so heißt sie tatsächlich, ist mit einem Rekord in die Dschungelcamp-Geschichte eingegangen. Am achten Tag der Ekel-Show "Ich bin ein Star- holt mich hier raus" musste die Ex-"Bachelor"-Kandidatin ihre siebente Dschungelprüfung in Folge absolvieren. Diese zweifelhafte Ehre wird zumeist den Nervensägen und Lästerzungen im Camp zuteil. Das per Televoting abstimmende Fernsehpublikum weiß nämlich ziemlich genau, wen es belohnt oder bestraft (siehe Analyse weiter unten).
Nun wurde das "Sams mit Haarverlängerung" an Tag 13 zur Überraschung aus dem Camp gewählt. Bei dem ehrgeizigen Model Fiona Erdmann war die Begeisterung nicht zu übersehen. "Ihr seid geil" rief sie in den Urwald – und meinte damit die Zuschauer, die ihre Gewinnchance am Leben gelassen haben.
"Wird das Dschungelcamp ohne Georgina und ihre Zickereien langweilig?" fragte Bild.de nach dem Rausschmiss der rothaarigen Teilnehmerin. Fünf Kandidaten sind noch im Rennen umd die Dschungelkrone: Favoritin Olivia Jones, die Drag-Queen aus Hamburg, Schauspielerin Claudelle Deckert, Fiona Erdmann und die Sänger Patrick Nuo und Joey Heindle. Letzterer sorgte zumindest in der ersten Hälfte des 17-tägigen Dschungel-Dramas für heitere Momente:
Königsgrillen schmecken ein wenig nach Huhn, Kakerlaken nussig und lebende Regenwürmer überraschen mit einem Hauch von Soja. Dank der siebten Auflage von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ auf RTL wissen wir das jetzt. Auch jene Menschen, die sich diese Geschmacksfrage nie stellen wollten und die nur beim Gedanken an einen Insektenschmaus der Brechreiz plagt.
Dennoch sitzen viele davon wie Millionen anderer Zuschauer vor ihren Fernsehgeräten – Ekel birgt eben seine ganz spezielle Anziehung. Was macht das Dschungelcamp 2013 auch dieses Mal zum Quotenbringer?
Für Medienexperten ist es – zusammengefasst – der Mix aus Faszination und Grauen. Basis dafür ist ein verändertes Medienverhalten, in dem Klatsch, Tratsch und eben auch Ekel oder Grauen für alle Konsumentenschichten salonfähig geworden sind. „Solche Formate haben mittlerweile mehr Zuseher als hochwertige Kultursendungen auf 3Sat“, sagt der Berliner Medienpsychologe Jo Groebel.
Doch es kommen noch weitere Aspekte dazu, die den Erfolg solcher Sendungen ausmachen – obwohl das Setting ja im Grunde immer das gleiche ist. „Hier prallt die gesamte Bandbreite menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften in ganz klassischer Gruppendynamik aufeinander“, analysiert Groebel im KURIER-Gespräch. In jeder Gruppe gibt es die Zicken, die Umsorgenden, die Vorlauten, die Charakterschweine. „Mit diesen Einzelfiguren kann man sich identifizieren.“ Die Dynamik funktioniert nicht nur im positiven Sinn: „Man baut ebenso Lieblingsfeinde auf, bei deren Scheitern man dann Schadenfreude empfindet.“
Angstbewältigung
Für Fritz Hausjell, Kommunikationsforscher an der Uni Wien, zählt vor allem die „Faszination Schaulust“. „Durch das Zuschauen kommt es in gewisser Weise zu einem eigenen Miterleben von Dingen, vor denen man selbst Ekel empfindet, die vielleicht sogar eine persönliche Grenze überschreiten.“ Das könne sogar eine Bewältigungsstrategie von unterschwelligen oder realen Ängsten sein. „Aus der Forschung wissen wir: Wer besonders viel Angst hat, beschäftigt sich oft intensiv mit solchen Formaten.“
Damit das alles auf den Bildschirmen tatsächlich wie nach Drehbuch funktioniert, braucht’s freilich alles andere als den Zufall. Groebel: „Die wahre Kunst solcher Formate besteht darin, alles einzubauen – bis hin zu sozialen Unterschieden. Die Geschichten erzählen sich dann durch die Konstellationen von selbst.“ Auch für Hausjell spielen die – austauschbaren – Akteure im Dschungelcamp nur zu einem geringen Teil eine Rolle. „Offensichtlich ergibt dieser ganze gewisse Rahmen einen Sinn für die Zuschauer. Der Ekel erzeugt Neugier.“
Das Publikum für den Konsum von Ekel-Sendungen zu verurteilen, sei für die Experten aber der falsche Zugang. Hausjell nimmt besonders die Produzenten in die Pflicht: „Ihnen ist die Frage nach Ethik in ihren Programmen umzuhängen. Nicht den Zuschauern.“ Die Köpfe hinter der Sendung müssten sich Kritik gefallen lassen. Weil sie sich mit Themen beschäftigen, die eigentlich keine sind. „Diese Tendenzen zu kultivieren, ist eine intellektuelle Unterforderung der Zuseher.“ Dazu kommen die Multiplikatoren. Jo Groebel: „Wenn wir Medienmenschen nicht ständig drüber berichten würden, wäre es abseits des Fernsehschirms kein so großes Thema.“
Für den Kommunikationsforscher zählt da weniger, dass etwa die renommierte Süddeutsche die Autoren des Dschungelcamps für „Meister des hintergründigen Humors“ hält. „Eigentlich ist Ekel-Fernsehen kein Thema für ein Massenmedium. Die Unterhaltungsbranche bräuchte diese Ebene nicht, es gibt andere Herausforderungen für sie – und spannendere Themen, die das Leben der Zuseher tatsächlich betreffen.“
„Beste Fernsehunterhaltung mit Niveau“ nennen deutsche Medien die RTL-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“. Wer darin nur Trash sieht „verkennt den Kern der Sendung“, frohlockt etwa das Nachrichtenmagazin Focus. Es gehe in der Show um menschliche Werte: Ins Finale kämen regelmäßig nicht die Lästerzungen und Querulanten, sondern jene, die mit Anstand und Würde durch die gut zwei Wochen Dschungel gegangen sind. Beispiel: Menschen mit Vergangenheit wie die einst berühmte Schauspielerin Ingrid van Bergen oder der Sänger Costa Cordalis, der nach seinem Sieg in der allerersten Staffel sein Image als abgehalfterter Schlagerheini zurechtrücken konnte. „Angeberei, Intrigantentum, Feigheit werden mit Abwahl bestraft. Die Zuschauer belohnen Eigenschaften wie Höflichkeit, Teamgeist, Mut“, schreibt Focus.
Ob es nun Ritterlichkeit oder doch Trash ist, der fasziniert: Die Ekelshow spricht viele Zielgruppen an. Besonders viele Fans hat die Dschungelshow bei Gutverdienern, haben deutsche Marktforscher errechnet. Genau 44 Prozent der Zuseher verfügen über ein überdurchschnittliches Haushalts-Nettoeinkommen über 2250 Euro. Keineswegs also „Unterschichtenfernsehen“. Darunter sind etwas mehr Frauen als Männer, der Altersschwerpunkt liegt bei den jüngeren Zuschauern bis 49 Jahre. In der aktuellen Staffel setzt die Show zu neuen Quoten-Höhenflügen an. In Deutschland erreichte die Sendung vergangene Woche täglich mehr als 7 Millionen Zuschauer, in Österreich sehen regelmäßig rund 250.000 Menschen die Show.
Unschön ist allerdings, was die Bild dieser Tage enthüllte: Die sogenannte „Dschungel-Bibel“, das streng vertrauliche Mitarbeiter-Handbuch, welches Anweisungen an die rund 400 Dschungelcamp-Angestellten beinhaltet. Mitarbeiter würden extrem kontrolliert, und wer sich nicht an die Vorschriften hält, der muss gehen. Den Mitarbeiten sei Kontakt mit Promis verboten. Auch nicht nett: „Wir können nicht garantieren, dass Sie keiner giftigen Schlange begegnen.“
Er war der Star, ihn holten sie raus. Nach 50 Stunden war für Helmut Berger Finale grande – Dr. Bob entließ den geschwächten Schauspieler aus gesundheitlichen Gründen. Die Dschungelhitze war angeblich zu groß. Eine Wendung, die manche als wenig überraschend kommentierten – alles durchdacht, hieß es da, die Ekelcamp-Entlassung wäre von Anfang an als PR-Gag geplant gewesen. Der deutsche Medienexperte Jo Groebel dazu: „Strategisch war es ein guter Coup von RTL. Aber ich habe es kritisch gesehen. Menschen, die körperlich und psychisch offensichtlich Probleme haben, muss man nicht vorführen. Was auch immer geplant war, mit großer Wahrscheinlichkeit hat man ihn bewusst herausgenommen.“
Laut Boulevardmedien wird Berger nun in einem Luxushotel vor der Presse versteckt und abgeschirmt. Seit er erfahren habe, dass die beiden Moderatoren über ihn und seine Alkoholsucht gewitzelt hätten, sei er stinksauer. Bergers Hang zur Rage ist gefürchtet – man will wohl nichts riskieren.
Für den Ex-Beau scheint das Camp dennoch ein gutes Geschäft – die kolportierten 150.000 Euro Gage sind ihm angeblich sicher. Ein Promi-Bonus – nicht alle Freunde der rohen Made bekommen diesen Höchstsatz. Dschungelcamp-Star Brigitte Nielsen soll auch in dieser Kategorie kassiert haben, Z-Promis wie Kim Gloss (Ex-DSDS-Kandidatin) oder Zauberkünstler Vincent Raven gingen mit 30.000 Euro Wildnisprämie heim.
Zunächst einmal ist Schweigen im Wald, denn die wenigsten professionellen Scouts und Survival-Spezialisten haben einen Fernseher. Ron Bachmann, Leiter der Natur- und Wildnisschule in den Alpen (www.wildniszentrum.at), weiß immerhin, wer nicht im australischen Dschungel sitzt: „Der Gerhard Berger.“ Auf die Frage, wie ihm die Wildnis-Show im TV gefällt, meint er: „Die Show zeigt, wie unsere Gesellschaft funktioniert, wo wir hingehen, jeder gegen jeden und keine Zusammenarbeit.“ Und das grausliche Getier, das sich die Campbewohner in den Mund stecken, muss das sein? Für den Fachmann ein klarer Fall von „Friss, Vogel, oder stirb!“: „Wenn Proteinquellen zur Verfügung stehen, dann muss man sie nutzen. Egal, ob im Bergwald oder im Outback.“
Worauf es im Ernstfall wirklich ankommt, ist: „Organisation, Organisation und noch einmal Organisation. Es nützt nichts, wenn die Gruppe aus lauter gestandenen Survival-Lehrern besteht, wenn sie sich aufreibt und niemand weiß, wer was macht, dann gibt es Probleme.“ Wasser suchen, Unterstand bauen, Feuer machen, diese Dinge kommen erst danach.
Am besten man hat schon früh im Leben gelernt, unerwartete Situationen alleine zu meistern, sagt der Mann aus den Pitztaler Bergen. „Ich habe als Kind schauen müssen, wie ich meine Probleme selber löse. Wenn mein Rad hin geworden ist, und ich war 10 Kilometer von daheim entfernt, hab’ ich mich durchschlagen müssen, egal, ob’s g’schnieb’n hat, ob’s geregnet oder die Sonne g’schienen hat. Heute lässt man Kinder nicht mehr frei herumlaufen und solche Erfahrungen machen. Die sind aufgeschmissen, wenn sie niemanden anrufen können, der sie abholt.“
Selbst abgehärtete Outdoor-Freaks kommen ohne ein großes, scharfes Messer mit breitem Rücken nicht aus. In der Praxis dient es vor allem zum Spalten von Holz. Zum Draufhauen nimmt man ein zweites Stück Holz. Handbeil, Zunder, Feuerstein und ein Kochtopf mit Deckel sind ebenso unverzichtbar in der Wildnis.
Die GrundbedürfnisseSie haben den Flugzeugabsturz überlebt und wissen nicht, wie es jetzt weitergeht? Sie müssen sich zunächst um Folgendes kümmern: einen trockenen Schlafplatz, trockenes Feuerholz (nie vom Boden aufheben, sondern die unteren Äste eines Baums nehmen), Wasser suchen (manche Pflanzen speichern es in ihren Organen), zuletzt pflanzliche Nahrung sammeln. Tiere roh herunterzuwürgen kostet Mitteleuropäer viel Überwindung. Ein Tipp: Rohe Austern sind als Einstieg für Survival-Anfänger nicht schlecht. Dann kann man beginnen, Insekten in Öl zu braten. Der Geschmack soll akzeptabel sein.