BKS: ORF sendete kein ausgewogenes Programm
Der ORF hat in seinen beiden Fernsehprogrammen ORF eins und ORF 2 von Jänner bis August 2011 kein ausgewogenes Programm gesendet und damit gegen seinen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag verstoßen. Das hat laut Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) der Bundeskommunikationssenat (BKS) entschieden und ist damit im wesentlichen einer Entscheidung der Medienbehörde KommAustria aus dem Vorjahr gefolgt.
Konkret beanstandet der BKS, dass der ORF im Zeitraum von Jänner bis August 2011 "in seinem Gesamtprogramm kein angemessenes Verhältnis von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport eingehalten, sondern überproportional viel Unterhaltung gesendet". Dadurch habe er gegen seinen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag verstoßen. Für den VÖP ist mit diesem Urteil des BKS auch bestätigt, "dass ein wesentlicher Teil der für den betreffenden Zeitraum vereinnahmten Gebührengelder offensichtlich gesetzeswidrig eingesetzt wurde".
ORF interpretiert anders
Die Interpretationen des Bescheids des Bundeskommunikationssenats (BKS) zur Programmausgewogenheit des ORF gehen deutlich auseinander. Der ORF sieht sich nämlich, ebenso wie der Privatsenderverband, in seiner Argumentation in zentralen Punkten bestätigt. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz freute sich in einer Aussendung, dass der "TV-Programmierung mit der Stoppuhr eine Absage erteilt" und der KommAustria-Bescheid weitgehend aufgehoben worden sei. Dennoch werde er die Höchstgerichte anrufen.
Für den ORF ist klar, dass mit dem BKS-Bescheid "ein weiterer Versuch der kommerziellen Mitbewerber gescheitert ist, gegen den ORF mit juristischen Mitteln zu punkten, was sie im Programm angesichts der hohen Qualität und Publikumsakzeptanz der ORF-Angebote nicht schaffen,“ so Wrabetz.
Obwohl sich der ORF über den Teilerfolg freut, will er den Bescheid nicht hinnehmen, sondern sich an die Höchstgerichte wenden. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es entscheidend auch auf die Publikumsinteressen und -bedürfnisse ankommt, die von KommAustria und BKS nach wie vor nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Der ORF wird diesbezüglich die Höchstgerichte anrufen!“, so Wrabetz.
KommAustria bestätigte Vorwurf
Der Verband Österreichischer Privatsender hatte dem ORF im Herbst 2011 in einer Beschwerde bei der KommAustria vorgeworfen, dass dieser zu privat agiere und das Programm von ORF eins und ORF 2 zu wenig öffentlich-rechtlich und ausgewogen sei. Laut Privatsendern kamen die beiden ORF-Programme von Jänner 2010 bis August 2011 nur auf 11,4 Prozent Informationsanteil und 67,2 Prozent Unterhaltungsanteil. Der ORF wies die Berechnungen der Privatsender vehement zurück und sprach von einer "hinterfotzigen Kampagne".
Die KommAustria hatte im Herbst 2012 den Vorwurf der Unausgewogenheit bestätigt, die Kritik, dass der ORF in seinen Hauptprogrammen zu privat agiere und damit verwechselbar sei, wurde allerdings zurückgewiesen. Der ORF reagierte auf den Spruch der Medienbehörde damals mit großer Empörung. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ritt Attacken gegen Behördenleiter Alfred Grinschgl und Gutachter Jens Woelke, den er "unsäglich" und "eine wissenschaftlich vollkommen unmaßgebliche Figur" nannte. Außerdem ortete man beim öffentlich-rechtlichen Sender einen Eingriff in die unabhängige Programmgestaltung.