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Medienberichterstattung zum Airbus-Absturz, ein Dilemma

Keine zwei Tage sind seit dem Absturz von Flug 4U9525 vergangen – und schon haben sich Medien die nächste Debatte über Stil und Anstand eingehandelt.

Überraschend kommt die Diskussion nicht. Nach jeder Tragödie folgt verlässlich der Vorwurf: Ein „sinnloser Geschwindigkeitswahn“ (Udo Stiehl) beherrsche die Medien. Getrieben von Aktualität würden Medien allzu oft auf journalistische Ethik vergessen.

Im Fokus der aktuellen Debatte sind vor allem Live-Ticker. "Absturz des Journalismus“ titelte etwa Bildblog einen Artikel, in dem die News-Ticker von Bild.de und Focus Online seziert wurden. Die Hauptkritik: Jedes Detail sei eine Erwähnung wert. Selbst dass die Germanwings-Seite vorübergehend nicht mehr erreichbar war, hätten die Kollegen von Bild.de einer Statusmeldung für würdig befunden, wird kritisiert.

Füllnachrichten

Wer solche Formate schafft, muss sie eben auch füllen – dass dabei auch Kleinigkeiten zum Statusupdate geraten, ist kaum verhinderbar. Das ist problematisch, stimmt - und doch machen es sich die Kollegen vom Bildblog etwas zu leicht.

Dilemma #1: Der Live-Ticker ist, wie Live-Schaltungen und Sondersendungen auch, nämlich auch jenes Format, das die Relevanz eines Themas am verlässlichsten anzeigt. So wurde CNN in den 80ern zum führenden Nachrichtensender weltweit. Das hat vielleicht auch mit Klick-Fetischismus und Quotengeilheit zu tun. Aus journalistischer Sicht zeigt es aber auch, wie ernst man sich als Medium selbst nimmt. Live-Schaltungen, Korrespondenten vor Ort und ja, auch Newsticker sind in den Redaktionen selbst auch eine Frage der personellen Kapazität.

Dilemma #2: Inzwischen gibt längst nicht mehr CNN den Takt vor, es sind Facebook und Twitter, die einen ununterbrochenen Strom an Nachrichten-Kleinigkeiten und Spekulation liefern. Wo und wie sich die Medien in diesen Fluss einklinken (sollen), bleibt eine schwierige Frage. Sich komplett davon abzugrenzen (sich damit selbst aus dem Spiel zu nehmen) scheint ebensowenig zufriedenstellend, wie die hinterherhechelnde Weitergabe unbestätigter Informationen aus den sozialen Netzwerken.

Wie alle Mediendebatten zuvor, erschöpft sich also auch diese Diskussion spätestens dann, wenn es darum geht, konkrete Alternative aufzuzeigen.

Sondersendungen, Live-Ticker, und Schaltungen zu Korrespondenten, die oft auch nicht mehr zu berichten wissen, als dass sie eben vor Ort sind, also Engagement zeigen, werden immer auf diesem schmalen Grat zwischen Relevanz und Füllnachricht wandeln.

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Der Unterschied zu den sozialen Medien bleibt auch hier die journalistische Sorgfalt und Ethik. Wenn Reporter trauernden Schülern des Joseph-König-Gymnasiums der Kleinstadt Haltern Geld für Interviews anbieten, wie das Bild links suggeriert, tut das als Kollege deshalb besonders weh.