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Fantasterei von neuen Welten

Als Marco Polo an seinem Totenbett gefragt wurde, ob er nicht doch einige seiner fantastischen Geschichten gerade biegen wollte, sagte er nur: "Ich habe noch nicht einmal die Hälfte davon erzählt, was ich gesehen habe."

Aus dieser Hälfte hat Netflix nun eine Serie gemacht. "Marco Polo" erzählt die Geschichte des jungen Reisenden – dargestellt vom Italiener Lorenzo Richelmy –, wie er 1271 am Hof des Mongolenherrschers Kublai Khan empfangen wurde. Die"riesigen Schlangen auf Beinen, mit einem Maul, so groß, dass sie einen Mann verschlingen können", die der Venezianer dabei gesehen haben wollte, sucht man darin zwar vergebens. Der Vergleich mit dem Fantasy-Spektakel "Game of Thrones", der vielleicht erfolgreichsten Serie der vergangenen Jahre, liegt aber auch so nahe. Mit Drehorten in Venedig, Kasachstan und Malaysia ist "Marco Polo" die bisher aufwendigste Netflix-Produktion. Rekordverdächtige 90 Millionen Dollar wurden in das neue Prunkstück investiert, mit dem man nun auch in Asien reüssieren will. In mehr als 40 Ländern weltweit ist man bereits vertreten.

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Ein globales Produkt für einen globalen Markt, lautet die Devise von Netflix-Gründer Reed Hastings. Wie sein neuer Titelheld geriert sich der 54-Jährige dabei gerne als Entdecker. "Klassisches Fernsehen ist bis 2030 tot", prophezeite er zuletzt vollmundig bei einer Konferenz in Mexiko. Vielleicht teilt Hastings auch Marco Polos Hang zu Fantastereien. Sie kommen aber nicht von ungefähr.

1997 zunächst als Online-Videothek gegründet, zeigte Netflix 2013 mit "House of Cards" erstmals eine eigene TV-Serie. Anstatt als Zweit- oder Drittverwerter, konkurriert man seitdem mit eigenen Inhalten direkt mit Kabel-Sendern wie HBO ("Game of Thrones") oder AMC ("Breaking Bad") – und Hastings wird seitdem nicht müde, vom neuen Fernsehzeitalter zu sprechen.

Mit Erfolg. 53 Millionen Abonnenten zählt sein Video-Dienst mittlerweile. Im September startete man auch hierzulande – mit einem allerdings noch ausbaufähigen Angebot. In den USA ist man da schon weiter. Dort steht Netflix für neue Sehgewohnheiten. On Demand – TV jederzeit und überall verfügbar – ist vom unbekannten Terrain zum Kampfbegriff geworden.

Und der nächste Schritt ist schon in Planung: Hollywood-Liebling Adam Sandler wird vier seiner Komödien nur für den Online-Dienst produzieren. Im August 2015 soll mit "Crouching Tiger 2" der erste Film von Hollywood-Format Premiere feiern. Die profanere Entdeckung neuer Welten kommt schon früher. Ab 12. Dezember ist "Marco Polo" auf Netflix zu sehen.