"Hast du Nerven?" wird abgesetzt
Das noch junge Mittwochabend-Format "Hast du Nerven?" mit Mirjam Weichselbraun wird nicht in die Fortsetzung gehen. Bei der Plenarsitzung des Publikumsrats am Dienstag gab es Kritik daran, dass die "Späße" bei dem "Versteckte-Kamera"-Format auf dem Rücken der Fans und nicht etwa dem der Prominenten ausgetragen würden. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz teilte diese Bedenken und meinte, dass das Format, das auch beim Publikum kein besonderer Erfolg sei, "in dieser Form nicht fortgesetzt" wird. Kommunikationschef Martin Biedermann sagte auf APA-Nachfrage, es werde keine zweite Staffel geben.
Für Diskussionen und sogar einen Demonstranten im Publikumsrat sorgte die Ungarn-Dokumentation "Nationale Träume - Ungarns Abschied von Europa?" von Paul Lendvai. Der ungarische Botschafter hatte moniert, dass in der Doku nahezu nur Gegner der ungarischen Regierung zu Wort gekommen seien und es sich um eine einseitige und ungerechte Informierung gehandelt habe. Ein Demonstrant, der das wohl ebenso sah, hielt während der Sitzung ein Plakat in die Höhe mit der Aufschrift "Linke Meinungsterror - Stopp ORF". Er wurde vom Publikumsratsvorsitzenden Hans Preinfalk mit dem Hinweis, dass das Gremium kein Ort für politische Kundgebungen sei, des Saales verwiesen.
Eine Entscheidung des Beschwerdeausschusses des Publikumsrats zum Thema Ungarn-Doku gab es noch nicht. Grundsätzlich stellten sich die Publikumsvertreter einschließlich dem ORF-Generaldirektor aber entschieden hinter die Dokumentation, welche die aktuellen Ereignisse in Ungarn und die rechtskonservative ungarische Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban kritisch beleuchtet.
Kritik für "Willkommen Österreich"
Deutliche Kritik gab es hingegen für einen Beitrag im Rahmen von "Willkommen Österreich", wo ein völlig betrunkener Jugendlicher auf einem Volksfest unter dem Motto "Die unteren 10.000" vorgeführt wurde. Die Publikumsvertreter bemängelten, dass die Redaktion nicht die Zustimmung des Jugendlichen zur Ausstrahlung seines Interviews eingeholt habe, und dass grundsätzlich das Vorführen betrunkener und anderweitig illuminierter junger Menschen ein Stilmittel aus dem Privatfernsehen sei, das im ORF nichts zu suchen habe. Wrabetz zeigte Verständnis für die Kritik des Gremiums und sprach sich für mehr Sensibilität aus.
Gebührenrefundierung
Am Donnerstag will die ORF-Geschäftsführung mit den Stiftungsräten im Rahmen der Plenarsitzung über das Szenario sprechen, dass die Gebührenrefundierung wie geplant mit Ende 2013 ausläuft. In dem Fall müssten Zusatzleistungen, die nicht im Kernauftrag enthalten sind, überdacht werden. Dazu gehört auch der Ausbau der Barrierefreiheit, was im Publikumsrat kritisiert wurde. Wrabetz entgegnete, dass man das Thema Barrierefreiheit "bewusst nicht auf die 'Geiselliste' gesetzt" habe. Das Niveau, das man hier erreicht habe, könne und wolle man auch dann nicht einschränken, wenn die Refundierung nicht kommt. Ein weiterer Ausbau, den man vorhabe, sei in dem Fall allerdings auch nicht möglich.
Am Dienstagnachmittag stellt sich Wrabetz gemeinsam mit Radiodirektor Karl Amon einer Betriebsversammlung im ORF-Radio. Thema wird hier auch die umstrittene Besetzung der Radio-Innenpolitik sein. Eine Entscheidung soll - so Wrabetz im Publikumsrat - "in den nächsten Tagen fallen". Radiodirektor Karl Amon hatte für den vakanten Posten Radio Wien-Wortchef Edgar Weinzettl vorgeschlagen, der bei den Redakteuren der Radio-Information allerdings auf heftigen Widerstand stößt. Die Radio-Journalisten sind für Stefan Kappacher oder Andreas Jölli, Weinzettl sprechen sie die fachliche Qualifikation und Eignung ab. Radio-Chefredakteur Hannes Aigelsreiter schlug ebenfalls Jölli vor.
Besserstellung für freie Mitarbeiter
Angesprochen auf das Thema Entlohnung der freien Mitarbeiter meinte Wrabetz, er hoffe, dass es rasch zur Wiederaufnahme der Gespräche komme und sei zuversichtlich, dass man zu Lösungen kommen werde, "die vielleicht nicht alle Erwartungen erfüllen, aber für viele Besserstellungen ermöglichen".
Wrabetz wies auch darauf hin, dass man im Finanzausschuss des Stiftungsrats am Montag beschlossen habe, Gespräche über einen neuen Kollektivvertrag zu führen. Das könnte Einsparungen von 40 Mio. Euro bringen.