Der ORF zensiert KURIER-Kritik an der Bundesregierung
Von Thomas Trenkler
Für Printmedien ist es nicht so einfach, im ORF-Fernsehen Werbung zu machen. Denn es gibt zeitliche und inhaltliche Einschränkungen. Beworben werden darf zum Beispiel nur die Blattlinie, nicht aber der aktuelle Inhalt.
Aufgrund dieser absurden, mehrfach kritisierten Bestimmung entschied sich der KURIER im Jahr 2011, keine ORF-Fernsehwerbung mehr zu machen – und wechselte zum Hörfunk. In den letzten Jahren gab es etliche Serien mit 30-Sekunden-Spots. Mitte August begann eine neue Serie auf Ö3: Auf die Frage, was ihn am Wochenende beschäftigen werde, antwortet Helmut Brandstätter, Chefredakteur und Herausgeber, mit einem Kurzkommentar. Der erste Spot wurde nach der Prüfung durch die ORF-Rechtsabteilung gesendet. Den dritten Spot, am 25. August abgegeben, lehnte man aber ab.
Der von Brandstätter vorgetragene Text lautete: „Endlich hat die Regierung einen Flüchtlingskoordinator bestellt. Gut so, jetzt wird gemanagt, wo bisher nur die Probleme beklagt wurden. Wie wär’s auch mit einem Bildungskoordinator oder einem Pensionskoordinator oder einem ...? Oder die Regierung packt die Probleme selbst an, anstatt entgeistert auf die guten Umfragewerte der FPÖ zu starren.“
Forderung: "Wording allgemeiner halten"
Der ORF verlangte, das „Wording allgemeiner zu halten, um die hier transportierte einseitige Wertung zu entschärfen“. Zudem sei es unzulässig, einzelne Parteien zu nennen. Der KURIER wollte wissen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage der Spot nicht zulässig sei. Statt Aufklärung, wie erbeten, kam am Freitag lediglich die Mitteilung, dass der Spot von der ORF-Geschäftsleitung „leider nicht zur Ausstrahlung freigegeben werden könne“.
Brandstätter kritisiert den vorauseilenden Gehorsam und stellt fest: „Der ORF zensuriert Werbung. Das geht nicht!“ ORF-Pressesprecher Martin Biedermann war nicht erreichbar, sein Kollege Alexander Horacek meinte, dass der ORF den Mails an den KURIER nichts hinzuzufügen habe.
Anzumerken bleibt, dass der Spot für den KURIER eine Art Platzhalter war. Am Wochenende drehte sich natürlich alles um die erstickten Flüchtlinge. Und darauf ging auch Brandstätter in seinem Kurz-Kommentar ein. „Aber es geht ums Prinzip“, so der Chefredakteur.
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