Wirtschaft

ARBÖ-Chefin: "Hohe Auto-Steuer ist unsozial"

Frau Ninz, Sie sind nun zwei Jahre Chefin des Autofahrerclubs ARBÖ. War es schwierig, sich als Frau in dem männerdominierten Bereich „Auto“ durchzusetzen?
Lydia Ninz:
So männerdominiert ist der ARBÖ gar nicht. Wir haben zwei Landesgeschäftsführerinnen, eine im Burgenland und eine in Vorarlberg. Gaby Rittenbacher im Burgenland hat sicher den Weg für mich geöffnet. Aber sonst sind es natürlich lauter Männer. Ich musste aber nicht wie ein Mann werden, um Akzeptanz zu finden.

Der Autoverkehr steht im Kreuzfeuer der Umweltpolitik. Er schädigt das Klima ...
Diese Ansicht ist falsch. Seit 2005 sieht man in allen Bilanzen, dass die Treibhausgas-Emissionen des privaten Pkw-Verkehrs im Inland sinken. Zwischenzeitlich gestiegen sind sie beim Lkw-Verkehr. Das hängt mit der Wirtschaftslage zusammen. Aber auch die Lkw sind verbrauchsärmer geworden.

Dennoch werden Forderungen nach höheren Steuern für Autofahrer mit Klimaschutz begründet ...
Wir sind strikt gegen weitere Belastungen der Autofahrer. Und wir haben mit der Mineralölsteuer schon eine verbrauchsabhängige Steuer. Aber eine Steuer löst kein Umwelt-Problem. Ich wundere mich oft, dass gerade die Grünen, die sich früher zumindest einen sozialen Anstrich gegeben haben, erzkapitalistisch argumentieren. Alles übers Geld. Weil: wenn ich Steuer zahle, darf ich weiterfahren. Und der, der arm ist, kann nicht fahren. Hohe Auto-Steuern sind unsozial.

Wie soll der Auto-Verkehr sonst umweltfreundlicher werden?
Der Druck kommt ohnehin – und zwar von zwei Seiten: Von der EU, die mit ihren Vorschriften die Branche zwingt, Autos zu bauen, die wenig CO2 pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Und der Druck kommt von den Konsumenten, die saubere Autos wollen.

Warum kaufen dann nicht alle Elektroautos?
Die Autoindustrie produziert E-Autos nur, um die EU-Vorgaben für den CO2-Ausstoß zu erfüllen. Denn die Vorgaben gelten für den Durchschnitt der erzeugten Fahrzeuge eines Konzerns. Wenn dieser Autos mit hohem Ausstoß und auch E-Autos erzeugt, kann er im Durchschnitt seiner Produktion die Vorgaben erfüllen. Und E-Autos haben zudem das Problem, dass sie keine überzeugende Umwelt-Alternative sind. Vor allem dann nicht, wenn der Strom nicht aus Öko-Quellen stammt.

Hat das E-Autos also gar keine Zukunft?
Das E-Auto hat vor allem in China eine Zukunft. Denn die Chinesen haben rigide Regelungen eingeführt. So bekommt man zum Beispiel in den Mega-Städten wie Schanghai nur mehr mit einem Elektroauto eine Zulassung.

Wären nicht E-Autos auch in Österreich sinnvoll, etwa für Pendler?
Das größte Problem der Pendler ist nicht die Art des Autos, sondern der Parkplatz in den Städten. Da wünschen wir uns vernünftige Lösungen von der Politik. Kreuzzüge gegen das Auto, wie sie teilweise in Wien laufen, bringen einfach nichts.

Gibt es überhaupt umweltfreundliche Lösungen im Autoverkehr?
Wenn man schon an Umweltfreundlichkeit denkt, sollte man Erdgasautos fördern. Sie stoßen nur halb so viel CO2 aus wie Benzin- oder Dieselautos. Man kann ein Auto ganz leicht auf Erdgas umbauen. Und es gibt bereits 175 Erdgastankstellen in Österreich. Aber von den 4,6 Millionen zugelassenen Pkw in Österreich, sind nur ein paar Tausend Erdgasautos. Da würden wir uns ein Anreizsystem wünschen. Zum Beispiel: Erdgasautos brauchen die nächsten zehn Jahre keine Mineralölsteuer zu bezahlen und sie sollen von der Normverbrauchsabgabe befreit werden.

Zum Sprit-Markt: Die Preise sind hoch, eine öffentliche Diskussion darüber gibt es aber kaum mehr. Warum?
Da ist ein gewisser Gewöhnungseffekt eingetreten. Dazu kommt, dass in unseren Nachbarländern, vor allem in Italien, Treibstoffe so teuer sind, dass wir noch gut dastehen. Und man darf nicht vergessen, dass am Sprit-Markt einiges verbessert wurde. Alle Tankstellenpreise sind online abrufbar. Ich kann mit einem App am Handy jederzeit feststellen, welche Tankstelle in meiner Umgebung am günstigsten ist.

Sind die Spritpreise also völlig transparent?
Nein. Bei der Entstehung der Preise gibt es viele offene Fragen. Da geht es um die Mineralölproduktenpreise am Rotterdamer Markt, an dem sich die Treibstoffpreise in den EU-Ländern orientieren. Brüssel hat kürzlich eine Untersuchung eingeleitet. Da muss Licht ins Dunkel gebracht werden. Der Spritpreis ist ein sehr wichtiger Preis für die gesamte Volkswirtschaft. Das ist die Herzschlagader. Daher muss man alles untersuchen, was zur Bildung dieses Preises führt. Etwa die Frage: Kann es sein, dass eine Ladung Öl, wenn sie von Indien nach Rotterdam verschifft wird, 49 mal verkauft wird und dabei jedes Mal die Preise höher werden?

Fahren die Menschen wegen des teuren Sprits weniger mit dem Auto?
Was sich vor allem verändert hat, ist der Treibstoffverbrauch. Vor 10 Jahren lag dieser im Durchschnitt noch bei zehn Litern, jetzt bei fünf bis sechs Litern. In der europäischen Autoindustrie hat seit 2005 ein radikales Umdenken stattgefunden. Sie bauen jetzt relativ komfortable Autos mit wenig Verbrauch. Und das wird weiter so gehen. Wir werden in den nächsten Jahren sicher zum Drei- oder Ein-Liter-Auto kommen, weil der Fokus der Autoindustrie auf diesen Einsparungen liegt.

Angekündigten Revolutionen finden oft nicht statt. Der Siegeszug des Elektroautos musste mangels Interesse der Konsumenten abgesagt werden. Im Jahr 2012 wurden in Österreich 460 Autos mit Elektromotor angemeldet. Das sind um rund 140 weniger als im Jahr zuvor.

Auch in Deutschland wurden die Prognosen kräftig nach unten revidiert. Die Nachteile sind bekannt. Ein hoher Anschaffungspreis und eine begrenzte Reichweite. „Reine Elektrofahrzeuge werden zunächst wohl eher Zweitwagen bleiben oder in Fuhrparks eingesetzt“, so die Bilanz von VW-Chef Martin Winterkorn.

Doch die Automobilindustrie braucht Fahrzeuge mit Emissionen nahe Null. Denn bis 2020 dürfen laut EU die Durchschnitts-Emissionen der Flotte eines Herstellers 95 Gramm CO2 je Kilometer nicht überschreiten. Das schafft nicht einmal ein VW BlueMotion. Bei einem Verbrauch von 3,8 Liter Diesel liegt er mit 99 Gramm CO2 über der EU-Vorgabe. Die Emissionen der Oberklassenmodelle von BMW , Mercedes oder Audi sind mehr als doppelt so hoch als dann erlaubt.

Unter der Vorgabe

Hybridautos mit konventionellem Motor und Elektromotor schaffen CO2-Emissionen knapp unter der Vorgabe von 95 Gramm. Das reicht nicht aus, wenn weiterhin große Autos mit viel höheren Emissionen verkauft werden. Die Hoffnung ist der Plug-In-Hybrid. Da sind Hybrid-Fahrzeuge, bei denen die Batterie wie bei Elektroautos auch über das Stromnetz aufgeladen werden kann. Die ersten 50 Kilometer fährt das Auto mit elektrischer Energie, dann mit einem konventionellen Motor. Das ergibt für die ersten 100 Kilometer einen niedrigen durchschnittlichen CO2-Ausstoß, weil ja auf den ersten 50 Kilometer keine Schadstoffe aus dem Auspuff kommen.

Für diese Autos braucht man wie für reine Elektroautos Ladestationen. Michael Viktor Fischer , Chef von E-Mobilitiy Provider Austria, glaubt schon allein aus beruflichen Gründen an die Elektromobilität. Das Unternehmen – eine Kooperation von Siemens und Verbund – soll für den zügigen Ausbau der Ladestationen im öffentlichen Raum sorgen. Fischer wundert es nicht, dass sich das Interesse an E-Mobilität bisher in Grenzen hält. Es habe ja auch nur ein sehr beschränktes Angebot gegeben. „Das wird sich nun ändern“, verweist Fischer auf die neuen Modelle an Elektroautos und Hybridfahrzeuge, die auf den Markt kommen. (Mercedes, Porsche BMW, Volvo, Renault oder Ford). Fischer nennt Länder wie Holland als Vorbild. Dort sind 40 Prozent aller neuen Dienstwagen Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge.