Arbeitslosenzahlen steigen im Nachhinein
Von Anita Staudacher
Ein kleiner statistischer Eingriff – und schon gibt es 25.000 Arbeitslose mehr in Österreich. Wie der KURIER bereits im August 2014 berichtete, ist die internationale bzw. EU-Arbeitslosenquote für Österreich seit Jahren zu niedrig.
Spät aber doch hat die Statistik Austria diese Unterschätzung der Arbeitslosigkeit nun bereinigt, neu berechnet und die Arbeitslosen-Quoten zurückreichend bis 2004 nach oben revidiert. Für die vergangenen zehn Jahre ergibt dies eine im Schnitt um 0,6 Prozentpunkte höhere Arbeitslosenquote als bisher angegeben. So beträgt die Quote für das Gesamtjahr 2014 nicht wie bisher verlautbart 5,0 Prozent, sondern 5,6 Prozent. Bei den Erwerbstätigen gibt es hingegen einen leichten Rückgang.
Abgesehen davon, dass Österreich mit den revidierten Daten schon Mitte 2014 nicht mehr die niedrigste Arbeitslosenquote in der EU gehabt hätte, hat die Revision selbst keine besonderen Auswirkungen. Die Maßnahme zeigt aber, wie fehlerbehaftet eine auf Haushalts-Befragungen basierende Arbeitskräfteerhebung ist. So wurde die Zahl der Arbeitslosen auch deshalb unterschätzt, weil diese immer schwieriger erreichbar sind oder den Statistikern nicht antworten wollen. Als mögliche Gründe nennt die Statistik Austria „diffuse Ängste“ wegen einer möglichen Verschlechterung beim Arbeitslosenbezug, mangelnde Deutsch-Kenntnisse oder eine „unklare Meldesituation“, wenn Personen durch die zunehmende Mobilität am Wohnsitz gar nicht anzutreffen sind.
Besonderheiten des heimischen Arbeitsmarktes wie die starke Saisonalität oder die vielen Tages- und Wochenarbeitspendler aus dem benachbarten Ausland (Ungarn) bleiben ebenso unberücksichtigt. „Wir erfassen nur jene, die ihren Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet haben“, erläutert Käthe Knittler von der Statistik Austria.
Verwaltungsdaten
Durch eine stärkere Verknüpfung der Befragungsdaten mit Verwaltungsdaten von Arbeitsmarktservice (AMS) und Sozialversicherung soll die Eurostat-Quote künftig treffsicherer werden. Warum dieser Datenabgleich nicht früher erfolgte, begründet Knittler damit, dass die Datenbasis erst entsprechend aufbereitet werden musste. In den skandinavischen Ländern werden diese Verwaltungsdaten schon seit längerer Zeit berücksichtigt.
Wer statistisch arbeitslos ist und wer nicht, entscheidet auch die Definition. Während die nationale Arbeitslosenquote auf die beim AMS registrierten Arbeitslosen abstellt, müssen Eurostat-Arbeitslose aktiv einen Job suchen und sofort für den Arbeitsmarkt verfügbar sein. Diese Frage führe zu Verzerrungen, meint IHS-Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer. Ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitslose hätten oft nicht so große Suchanstrengungen. Langzeitarbeitslose bleiben also untererfasst. „Das Problem ist: Die Eurostat-Quote ist nur eine Hochrechnung“, meint Hofer, sie messe die Arbeitslosigkeit einfach anders als die nationale. Nötig sei dies wegen der internationalen Vergleichbarkeit. Viele Länder hätten gar keine Arbeitslosenregistrierung wie in Österreich und ermitteln ihre Arbeitslosen ausschließlich mittels Befragungen.
Der leichte Beschäftigtenanstieg im Vorjahr resultiert ausschließlich auf eine Zunahme der Teilzeitarbeit, geht aus dem Arbeitsmarktbericht 2014 der Statistik Austria hervor. So gab es einen Zuwachs von 44.400 Teilzeitstellen (weniger als 35 Stunden/Woche), jedoch zugleich einen Abbau von 36.400 Vollzeitstellen. Der Teilzeitzuwachs entfällt zu gut zwei Drittel auf Frauen. Die Teilzeitquote kletterte bei den Frauen von 45,6 auf 46,9 Prozent, bei den Männern von 10,3 auf 10,9 Prozent. Insgesamt waren 4,11 Millionen Menschen erwerbstätig (+8000) und 244.900 arbeitslos (+13.600).
Gegen den EU-Trend rückläufig war im vierten Quartal die Zahl der offenen Stellen. Österreich musste mit einem Minus von 0,1 Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal das zweitschlechteste Ergebnis von allen 28 EU-Ländern hinnehmen. Nur Belgien wies einen noch höheren Rückgang auf. Die höchsten Steigerungen gab es in Malta und Tschechien. Im Jahresdurchschnitt 2014 blieb die Zahl der offenen Stellen laut Statistik Austria nahezu unverändert.
National (8,4 %) Registrierte Arbeitslose in Relation zu den unselbstständig Beschäftigten (+ Arbeitslose), ohne Schulungsteilnehmer.
International (5,6 %) Haushaltbefragung: Arbeitslose laut int. Definition in Relation zum Arbeitskräfteangebot (+ Selbstständige). Arbeitslos ist, wer in der Befragungswoche nicht einmal eine Stunde erwerbstätig war, aktiv Job sucht und sofort verfügbar ist.