AMS bleibt auf Hilfsarbeitern sitzen
Von Anita Staudacher
Jahrelang galt das Bau- und Baunebengewerbe als wichtige Branche für heimische Zeitarbeitsfirmen. Damit ist nun Schluss. Weil es dort kein Geschäft mehr für sie gibt, ziehen sich immer mehr Arbeitskräfteüberlasser aus dem Niedriglohnsektor zurück. "Hilfskräfte zu vermitteln ist nicht mehr möglich", erzählt Klaus Lercher, Vorsitzender des Verbandes Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung (VZA) dem KURIER. Personal, insbesondere auf Großbaustellen, werde heute wesentlich günstiger "über Bypässe im benachbarten Ausland" besorgt als beim AMS.
Nach wie vor massive Stundensatz-Unterschiede zu Ländern wie Polen, Slowakei oder Rumänien führen dazu, dass Personal aus diesen Ländern viel billiger angeboten werden kann.
Verdrängung
Allein in der Baubranche würden gut 50.000 Beschäftigte, die früher von heimischen Zeitarbeitsfirmen an Firmen überlassen wurden, "jetzt über die Grenze hereinkommen", schätzt Lercher, der auch Chef von Trenkwalder Österreich ist. Bei Trenkwalder waren vor der Ost-Öffnung immerhin fast 1000 Mitarbeiter am Bau beschäftigt, im Vorjahr waren es nur noch 100. Andere wiederum hätten längst das Handtuch geworfen.
Die Folgen dieser Entwicklung zeigen sich schon in der AMS-Statistik: Weil Zeitarbeitsfirmen als wichtigster Abnehmer ausfallen, bleiben dem AMS die gering Qualifizierten über. Schon jeder zweite Arbeitslose verfügt maximal über einen Pflichtschulabschluss, die Beschäftigung ist im Vorjahr nur um 0,5 Prozent gestiegen. Die Arbeitslosenquote in dieser Gruppe ist drei mal so hoch wie der Durchschnitt. Sie betrug zuletzt österreichweit fast 30 Prozent, in Wien sogar 42 Prozent. Zugleich steigt die Langzeitarbeitslosigkeit bedrohlich an. "Weil sie preislich nicht mehr konkurrenzfähig sind, bleiben schlechter qualifizierte Arbeitslose auf der Ersatzbank des AMS sitzen", meint Lercher.
Mehr Kontrollen
Lercher fordert Chancengleichheit durch verschärfte Lohn-Kontrollen und mehr Aufklärung, damit ausländische Arbeitskräfte wissen, dass sie zu gering entlohnt werden: "Im Inland wurde die Zeitarbeit überreguliert, aber ausländische Anbieter müssen sich offenbar nicht an diese Spielregeln halten."
Vertreter der Baubranche hoffen, dass sowohl das verschärfte Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping als auch das bei öffentlichen Bau-Ausschreibungen vorgesehene "Bestbieterprinzip" statt "Billigstbieterprinzip" hier Verbesserungen bringen wird. Bau-Gewerkschafter Josef Muchitsch sieht eine "moralische Verpflichtung" für die öffentliche Hand, "Steuergelder bei Ausschreibungen und Vergaben so einzusetzen, dass österreichische Unternehmen mit ihren Beschäftigten eine Chance haben, Aufträge zu erhalten".
Das AMS versucht, arbeitslose Hilfsarbeiter auf Fachkräfteniveau weiter zu qualifizieren. "Fachkräfte können wir vermitteln ohne Ende, aber es fehlen oft die Deutsch-Kenntnisse", argumentiert Lercher.
Kritik der Gewerkschaft, dass Zeitarbeitsfirmen ihr Personal in Stehzeiten rasch kündigen statt es weiterzubilden, weist er zurück. Im brancheneigenen Ausbildungsfonds müssten alle einzahlen, mehr als 20 Millionen Euro würden darin liegen. Der Fonds sei aber nicht praxistauglich, weil das Gesetz eine fragwürdige Verteilung der Gelder vorsehe und die jährlichen Entnahmen limitiere. Der VZA fordert eine Reparatur des Arbeitskräfteüberlassungs-Gesetzes.
Leiharbeit war der Gewerkschaft immer ein Dorn im Auge. Zu unsicher, zu undurchsichtig und eine Schlechterstellung gegenüber regulär Beschäftigten. Dabei wurde der Boom auch durch die Gewerkschaft selbst beschleunigt, da sie an starren Arbeitszeitgesetzen festhält und Betriebe Produktionsspitzen nur mit Leiharbeitern abdecken können. Die Probleme mit der Branche lösen sich nun zum Teil ohnehin von selbst auf. Zeitarbeiter sind die ersten Opfer des durch die Ostöffnung des Jobmarktes ausgelösten Lohndumpings. Das war vorherzusehen, Gesetze dagegen haben bestenfalls das Schlimmste verhindert. Die Lage wird erst dann besser, wenn sich die Löhne im Osten jenen in Österreich annähern. Und das wird noch Jahrzehnte dauern. - Robert Kleedorfer