Wirtschaft

Alpine: "Das tut einem Betriebsrat weh"

Das Desaster um den insolventen Baukonzern Alpine GmbH habe sich abgezeichnet, sagte Zentralbetriebsrat Hermann Haneder am Dienstag im Ö1-Morgenjournal". Er habe die Probleme gesehen und nichts dagegen tun können. "Das tut einem Betriebsrat weh." Die spanische Konzernführung habe die Zahlungen letztlich "enorm überraschend" eingestellt. Die Eigentümer aus Spanien hätten zuletzt klargemacht, dass sie zu viel Geld und letztlich die Geduld mit der Alpine verloren hätten. Die Muttergesellschaft FCC hatte in den vergangenen sieben Jahren rund 700 Mio. Euro in die Alpine gepumpt.

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Der Aufsichtsrat sei mit Spaniern besetzt, "das Controlling auch nicht dementsprechend eingesetzt", sonst wären Ungereimtheiten im Ausland schon vor vier oder fünf Jahren aufgefallen und der Schaden bei weitem nicht so groß gewesen, kritisierte Haneder, der als Personalvertreter die Aufsichtsratssitzungen begleitete. Derart dramatische Entwicklungen seien aber nicht absehbar gewesen.

Haneder leidet mit den vielen Leuten, die es nun trifft - vor allem auch die Zulieferer wie Elektriker oder Tischler, die auf Rechnungen über 100.000 oder 300.000 Euro sitzenbleiben und nun "zusperren" könnten. Bei den Lieferanten treffe es noch einmal so viele wie die Alpine Beschäftigte hat, so Haneder, der auch Chef der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) ist.

Von der Pleite der Alpine GmbH betroffen sind rund 4.900 Mitarbeiter in Österreich - die gesamte Alpine-Gruppe hat hierzulande rund 7.500 Beschäftigte.

Baustellenübernahmen "leichter gesagt, als getan"

Einige Auftraggeber von Baustellen, auf denen die Alpine die Tätigkeiten ausführte, "werden für die Weiterführung ins Tascherl greifen müssen". Das sagte ein Branchenkenner am Dienstag zur APA. Grund sei, dass die Alpine im Preiskampf am Bau oft der günstigste Anbieter war - "25 Prozent unter anderen Angeboten". Andere Baufirmen würden diese Aufträge zum Alpine-Preis daher nicht übernehmen können.

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Der Spartenobmann Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Österreich und ÖVP-Abeordneter zum Nationalrat, Konrad Steindl (Bild), sagte am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag, dass bis zu 7.000 Betriebe von der Alpine-Insolvenz mehr oder weniger hart betroffen sein dürften. "Zur Stunde ist aber unbekannt, wie hoch die Ausfälle für einzelne Betriebe sind." Das Fortführen von Baustellen der Alpine sei "leichter gesagt als getan". Es habe bisher einen "mörderischen Wettbewerb am Bau und in dessen Nebengewerben gegeben".

Sicher würden die Auftraggeber bemüht sein, ihre Baustellen fertigzubringen. "Es sind aber Maßnahmen zur Absicherung und regionale Bemühungen notwendig - die Situation ist nicht einfach." Steindl erinnerte auch daran, dass die "Alpine Österreich nicht das große Problem gewesen ist, aber die grenzenlose Expansion" im Ausland.

KSV: Kein Pleite-"Tsunami"

Die Kreditschützer des KSV 1870 rechnen infolge der Pleite der Alpine Bau mit Folgeinsolvenzen im "mittleren einstelligen Bereich", aber mit keinem "Insolvenz-Tsunami", der über Österreichs Wirtschaft hinwegfegt. Aufgrund der Zerschlagung der Alpine Bau werden die Passiva des Baukonzerns von den anfangs geschätzten 2,6 Mrd. auf mindestens 2,8 Mrd. Euro steigen, die geschätzten Aktiva von 660 Mio. Euro weiter sinken, sagte KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner am Dienstag vor Journalisten in Wien. Im Laufe der Woche erwartet er auch die Insolvenz der nicht operativ tätigen Alpine-Konzernholding.

Durch die am Montag besiegelte Schließung der Alpine Bau wird auch die anvisierte Quote für die Gläubiger von ursprünglich rund 20 Prozent sinken: "Es würde mich überraschen, wenn es 10 Prozent sind", so der Insolvenzexperte. Noch weniger dürfte es indes für Alpine-Anleihebesitzer geben. Ein Totalausfall sei das Worst-Case-Szenario.

"Heilsamer Schock"

Für Kantner könnte die Alpine-Pleite ein "heilsamer Schock" für die Baubranche sein. Wichtig sei, dass schwächste Unternehmen aus dem Markt zu nehmen und nicht mit einem Hilfspaket eine Branche mit Überkapazitäten weiter zu stützen. Die Alpine habe in den vergangenen Jahren "sehr stark expandiert" und zu "rock bottom prices" (Tiefstpreisen, Anm.) "möglicherweise nicht kostendeckend" angeboten. Es gehe nun darum, "eine schonende Bruchlandung zu organisieren".

Der Insolvenzexperte kritisierte das hierzulande verbreitete Billigstbieterprinzip. Dadurch hätten die österreichischen Baufirmen volle Auftragsbücher, seien aber renditeschwach. Die öffentliche Hand trage für diese Entwicklung eine Mitverantwortung. Kantner empfahl den Bauherren, sich am "Schweizer Modell" zu orientieren, bei dem ein Durchschnittspreis aller Anbieter ermittelt wird. Der Baukonzern, der am nächsten beim Durchschnittpreis anbietet, erhält dann den Auftrag.