Wirtschaft

AK: Neues Gesetz gegen Lohndumping "ein Rückschritt"

Die von der türkis-grünen Regierung geplante Novelle des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG) stößt erwartungsgemäß auf Widerstand bei Gewerkschaft und Arbeiterkammer (AK). "Die Novelle ist eine klare Themenverfehlung und wird das Lohn- und Sozialdumping durch entsendete Arbeitskräfte aus dem Ausland noch befördern", warnt Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl in einer Pressekonferenz. Bauarbeiter-Gewerkschaft Josef Muchitsch spricht von einen "Rückschritt" für die Anti-Dumping-Maßnahmen in Österreich.

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Die Novelle befindet sich gerade im Begutachtungsverfahren. Aufgrund eines EuGH-Urteils musste die Regierung einen neuen Gesamtstrafrahmen mit Höchstgrenzen erarbeiten. Bisher gab es vordefinierte Mindeststrafen und die Strafe wurde pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer berechnet. Die Pro-Kopf-Strafe lag zum Beispiel bei bis zu Arbeitnehmer/innen zwischen 2.000 Euro und 20.000 Euro je nach Vergehen. Insgesamt damit eine Höchststrafe von insgesamt 80.000 Euro. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte diese Kumulationsstrafen in Millionenhöhe als nicht verhältnismäßig aufgehoben. 

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Gedeckelte Strafen nach Vergehen

Bei Meldeverstößen im Zusammenhang mit der Entsendung und bei Vereitelungshandlungen im Zusammenhang mit der Lohnkontrolle (Formaldelikt) sollen daher künftig Strafen zwischen 0 und 20.000 Euro pro Anlassfall fällig werden.  Bei bis zu 4 Arbeitnehmer/innen wäre das eine maximale Höchststrafe von 20.000 Euro, anstatt bisher 80.000 Euro.

Bei Nichtbereithalten und Nichtübermitteln der Lohnunterlagen (Formaldelikt) sind Strafen zwischen 0 und 30.000 Euro fällig. Bei der Unterentlohnung ist eine Strafen-Stufenregelung je nach Schadenshöhe geplant, die maximale Strafe beträgt 400.000 Euro. "Diese Höchststrafen schrecken nicht ab. Wir brauchen dringend höhere Strafen", meint Anderl.

 

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Kocher: "Entbürokratisierung"

"Unser Ziel ist die Verbesserung derzeitiger Rahmenbedingungen, um unfairen Wettbewerb durch Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen", kommentierte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) die Novelle. Eine deutliche Vereinfachung bei der Bereithaltung von Lohnunterlagen bei nur kurzfristigen Entsendungen von bis zu 24 Stunden bezeichnet er als "Entbürokratisierungsmaßnahme". Gewerkschafter Muchitsch sieht gerade in den fehlenden Lohnunterlagen ein Hauptproblem bei den Kontrollen.

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Gleichstellung nach einem Jahr

Mit der geplanten Novelle soll es im Entsenderecht nach einem Jahr auch zu einer gänzlichen Gleichstellung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen. Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten dann etwa Anspruch auf Pflegefreistellung und Dienstnehmerhaftpflicht.

Extremes Lohngefälle

Im Vorjahr waren in Österreich im Schnitt 323.750 Arbeitskräfte aus den – ehemals – neuen EU-Ländern beschäftigt. Mehr als 90.000 davon stammten aus Rumänien, Bulgarien und Kroatien, das im Vorjahr als letztes EU-Land   freien Arbeitsmarktzugang erhielt. Dazu kommen 211.500 vorübergehend grenzüberschreitend Arbeitskräfte (Zahl aus 2019), die meisten davon aus Slowenien, Ungarn und Rumänien. 

Der Zustrom von Arbeitskräften aus Osteuropa wurde zwar coronabedingt etwas gebremst, in der Baubranche gibt es  laut Muchitsch aber  seit Oktober 2020 wieder einen Anstieg an Entsendungen. Grund ist das nach wie vor hohe Lohngefälle. So liegt das Durchschnittseinkommen in Industrie und Bau in Ungarn bei 29,9 Prozent des österreichischen Einkommens, in Polen bei 33,2 Prozent und in Slowenien bei 50,4 Prozent. Österreich liegt ob seiner geografischen Lage beim Anteil der Entsendungen aus Niedriglohnländern EU-weit an der Spitze.

Hinweis: Die Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Gesetz finden Sie hier