AK-Chefökonom: „Hatten selten so einen Industrie-Boom“
Markus Marterbauer, Chef-Ökonom der Arbeiterkammer Wien, verteidigt die hohen Forderungen der Gewerkschaft bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die Metaller. Die Metallindustrie kann die Forderung nach fünf Prozent höheren Löhnen nicht nachvollziehen – die Konjunktur kühle sich wieder ab und ein Fünftel der Betriebe schreibe Verluste, so deren Argumentation.
Das lässt Marterbauer nicht gelten. „Wir hatten selten so einen Boom in der Industrie wie jetzt.“ Es deute nichts auf einen Abschwung hin. Laut einer Umfrage des Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) werden die nächsten drei Monate von den Unternehmern sogar als sehr gut eingeschätzt.
Hohe Investitionen
Nicht nur die Produktion entwickle sich gut, so Marterbauer weiter, sondern auch die Investitionen und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. In den Industrie-Kernzonen in Oberösterreich und der Steiermark habe sich die Arbeitsmarktlage drastisch verbessert. „Auf zwei Arbeitslose kommt eine offene Stelle. Das ist ein Hochkonjunkturwert, das ist nahe der Vollbeschäftigung“, sagt Marterbauer. Nicht zuletzt würden hohe Löhne auch die Wettbewerbsfähigkeit oberösterreichische Unternehmen bei der Personalsuche gegenüber Unternehmen aus dem süddeutschen Raum stärken.
Derzeit verdienen Metaller in Österreich für einfachere Tätigkeiten mindestens 1800 Euro brutto, der Durchschnitt liegt bei Löhnen bei 2600 Euro, bei Gehältern sind es 4120 Euro.
Kein Einbruch
Dass es in den kommenden Monaten zu einer Abflachung der Konjunkturentwicklung kommen wird, leugnet Marterbauer nicht. „Wir befinden uns im vierten Jahr des Aufschwungs, wahrscheinlich sind wir am Konjunkturzenit. Auf einen Einbruch deutet aber nichts hin.“
Einem „KV 4.0“ – ein Kollektivvertrag (KV), der über mehrere Jahre gilt – kann Marterbauer etwas abgewinnen. „Da kommt es nur auf die Bedingungen an.“
Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer wünscht sich für die Verhandlungen vor allem keine Einmischung der Regierung. „Die Tarifpartnerschaft ist das Herzstück der Sozialpartnerschaft.“ Dieses besondere Herzstück, das immer mit besonderem Fingerspitzengefühl gepflegt wurde, solle niemand leichtfertig aufs Spiel setzen, weil er meine, intern politisches Kleingeld wechseln zu müssen. „Da appelliere ich an die staatspolitische Verantwortung“, sagt Mahrer.