Adamah-Chef: "Bio ist nicht klein und schnuckelig"
Von Simone Hoepke
Heuer war der Sommer so heiß, dass sogar die Kürbisse einen Sonnenbrand bekommen haben", sagt Gerhard Zoubek, Chef vom Biohof Adamah. Er steht zwischen mannshoch gestapelten Kisten voller Gemüse und inspiziert die Kürbisse, die gerade frisch von einem seiner Felder angeliefert wurden. Viele haben Flecken bekommen, weil sie an den Hitzetagen in der prallen Sonne gelegen sind. Im Supermarkt wären sie damit unverkäuflich.
"Der Schönheitswahn unserer Gesellschaft macht auch vor Lebensmitteln nicht halt", ärgert sich Zoubek über das auf Hochglanz polierte und uniforme Obst und Gemüse im Supermarkt, das den Konsumenten ein falsches Bild von der heilen Welt vorgaukeln würde. Mit der Realität habe das alles nichts zu tun. Genauso wenig wie Werbespots, die die Arbeit eines Biobauern zeigen.
Falsche Vorstellungen
Zum Biohof Adamah gehören 80 Hektar Land im Marchfeld, weitere 40 Hektar hat Zoubek mittlerweile dazugepachtet. Es gibt Lagerhallen, Verpackstationen, in der ehemaligen Scheune sind die Büros und der Hofladen untergebraucht. 140 Leute arbeiten für Adamah, davon 100 auf Vollzeitbasis. Im Herbst lagert der Betrieb bis zu 400 Tonnen Wurzelgemüse und Kartoffeln aus eigener Produktion ein.
Von Klischees, dass alles was klein oder bio ist, automatisch auch gut ist, hält er nichts. "Das allein ist kein Qualitätsmerkmal. Genauso wenig wie Regionalität an sich. Es macht keinen Unterschied, ob ein Tier regional oder wo anders gelitten hat und ob die Umwelt hier oder woanders zerstört wurde." Die Wahrheit sei eben viel komplizierter, referiert er, während er über die Felder und durch die Lagerhallen führt. Gelagert wird das Gemüse ungewaschen, weil die Erde für eine längere Haltbarkeit sorgt. "Das wissen heute viele gar nicht mehr. Im Supermarkt gibt es alles just in time und super steril. Da darf ja keine Erde zu sehen sein", rollt er mit den Augen.
Adamah verkauft sein Obst und Gemüse überwiegend in seinen Biokistln, die er in Wien mit eigenen Kleintransportern ausliefert. "Manchmal fahr’ ich auch selber die Touren, aber dann brauch ich drei Mal so lange wie meine Fahrer, weil ich überall so lange tratsche", erzählt der ehemalige Landmaschinen-Händler, der den Hof gemeinsam mit seiner Frau 1997 von den Schwiegereltern übernommen und auf ökologische Landwirtschaft umgestellt hat.
Die Nachfrage nach seinen Biokistln nimmt zu – speziell seitens junger Familien. Aber auch die Zahl der Konkurrenten steigt. Neben Supermärkten mit Lieferservice gibt es auch eine Reihe von Kooperativen, die mit Bioware handeln. Adamah hat seinen Umsatz dennoch binnen vier Jahren auf zuletzt zehn Millionen Euro gesteigert. Einen Teil des Geschäfts macht der Betrieb mittlerweile mit Ware, die von anderen Produzenten zugekauft wird, von Bio-Wein und Bier über Sugo bis zur Bio-Limo. Rund 80 Prozent des Umsatzes kommen laut Zoubek aus den Vertrieb der Biokistln, geliefert wird aber auch an sieben Wiener Marktstände, die Adamah selbst betreibt, und an Großhändler. Das Bio-Catering hat sich nicht gerechnet – Zoubek hat es wieder eingestellt.
Karotten verrotten
Dass Bio seinen Höhepunkt erreicht hat, glaubt er nicht. "Mehr Bio scheitert nur daran, dass die Konzerne, die an industrieller Landwirtschaft verdienen, an ihrem Geschäft festhalten. Wir könnten die Welt mit biologischen Produktion ernähren, wir haben nur ein Verteilungsproblem." Zoubek glaubt, dass Landwirte ein "Riesenpotenzial" hätten, wenn sie die Veredelung und Verarbeitung ihrer Produkte mehr selbst in die Hand nehmen würden.