Abfertigung Neu: Hohe Erträge nur für die Kassen
Von Anita Staudacher
Die 2003 eingeführte „Abfertigung Neu“ kennt vor allem einen Gewinner: Die Abfertigungskassen. Laut Gewerkschaft GPA-djp heben sie zu hohe Verwaltungsgebühren ein, schreiben daher hohe Gewinne und schütten an ihre Eigentümer hohe Dividenden aus.
„Während sich die Arbeitnehmer mit einer mageren Rendite von 2,3 Prozent bescheiden müssen, erzielen die Abfertigungskassen eine Eigenkapitalrendite von rund 20 Prozent. Allein im Vorjahr schütteten sie Dividenden von 13 Millionen Euro aus“, kritisiert David Mum, Leiter der Grundlagenabteilung der GPA-djp.
Vom ursprünglichen Ziel der Abfertigung, am Ende des Berufslebens einen ganzen Jahresgehalt ausbezahlt zu bekommen, sei man wegen der schwachen Veranlagungsergebnisse weit entfernt. Die durchschnittliche jährliche Verzinsung liegt für die Jahre 2004 bis 2018 nur bei 2,3 Prozent und damit nur leicht über der Inflation.
2018 hatten die Kassen bekanntlich sogar negative Erträge. Wer das Geld nur wenige Jahre lang veranlagte und sich bei einem Arbeitgeberwechsel vorzeitig auszahlen ließ, hatte gar keine Erträge, so Mum.
Die "Abfertigung Neu" löste 2003 die alten Abfertigungsansprüche der Arbeitnehmer ab. Seither muss der Arbeitgeber 1,53 Prozent des Bruttogehalts als Beitrag in eine der acht Abfertigungskassen einzahlen.
Die Abfertigung Neu hat den Vorteil, dass sie grundsätzlich nicht verfällt und der Arbeitnehmer seine Ansprüche quasi wie einen Rucksack zum nächsten Arbeitgeber mitnehmen kann. Eine Auszahlung setzt jedoch mindestens 36 Beitragsmonate voraus und steht bei einer Selbstkündigung nicht zu.
Acht Abfertigungskassen verwalteten Ende 2018 insgesamt ein Vermögen von rund 11,5 Milliarden Euro. Die Zahl der Anwartschaftsberechtigten lag bei 3,49 Millionen inkl. der einbezogenen Selbstständigen. Die Veranlagungserträge lagen zwischen 2003 und 2018 bei kumuliert 1,52 Milliarden Euro, die Verwaltungskosten summierten sich insgesamt auf 705 Millionen Euro.
100 Millionen Euro
Auf der anderen Seite entsprechen die 2004 bis 2018 von den Abfertigungskassen verrechneten Kosten bereits rund 46 Prozent der Veranlagungserträge. Die Kassen behalten alleine vom verwalteten Vermögen pro Jahr meist 0,7 Prozent an Kosten ein. Bei einem verwalteten Vermögen von 15 Milliarden Euro sind das mehr als 100 Millionen Euro. Dazu kommen noch Einnahmen für die Verwaltung der laufenden Beiträge.
„Die hohen Kosten mögen bei Beginn des Systems gerechtfertigt gewesen sein, weil die Beitragszahlungen und damit das veranlagte Vermögen geringer gewesen seien. Mittlerweile sind sie es nicht mehr“, führt Mum aus. Die Abfertigung Neu sei schließlich nicht ins Leben gerufen worden, damit die Kassen daran gut verdienen.
Kostendeckel gefordert
Die Gewerkschaft fordert einen Senkung der Verwaltungskosten auf 0,5 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Pensionskassen liegen sie bei 0,1 bis 0,2 Prozent. Zudem sollen die vom Arbeitgeber zu zahlenden Beitragssätze von derzeit 1,53 Prozent auf mindestens 2,5 Prozent erhöht werden.
"Nur durch höhere Beiträge der Arbeitgeber ist das Ziel eines Jahresgehalts nach 40 Jahren Erwerbstätigkeit zu erreichen", sagt GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber. Um mehr Transparenz zu schaffen, sollen die Kassen ferner die Gesamtkostenquote ausweisen müssen.
Kassen kontern
Die Abfertigungskassen wollen die Kritik nicht auf sich sitzen lassen und halten ihre Kosten für angemessen. Diese würden sich im Schnitt bei Gesamtkosten von 6 Euro für ein ruhendes Konto und 14 Euro für ein aktiv bespartes Konto pro Jahr bewegen. "Das ist im Vergleich zu anderen Vorsorgeformen eine äußerst geringe Kostenbelastung", heißt es in einer Aussendung der Plattform der Betrieblichen Vorsorgekassen.
Längere Liegedauer
Für ein besseres Veranlagungsergebnis plädieren die Kassen für eine Verlängerung der durchschnittlichen Liegedauer. Derzeit entnehme jeder zweite Berechtigte das Kapital vor dem Pensionsantritt.
„Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die Entnahmemöglichkeiten angemessen zu regulieren und die gesetzliche Mindestliegedauer bis zum Pensionsantritt auszudehnen“, sagt Andreas Csurda, Vorsitzender der Plattform. „Mit dieser Möglichkeit könnten die Vorsorgekassen den jährlichen Veranlagungsertrag für die Berechtigten wesentlich steigern. Außerdem würde dies dem Vorsorgecharakter des Systems deutlich entgegenkommen."
Dem Vorschlag zur Beitragserhöhung stehen die Kassen positiv gegenüber. Die Erhöhung sollte aber für die Betriebe kostenneutral sein, also nicht die Lohnnebenkosten insgesamt erhöhen. Heuer konnten die Vorsorgekassen in den ersten drei Quartalen bereits rund 5 Prozent Ertrag nach Abzug sämtlicher Kosten erwirtschaften.