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RunNa: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten. Henry Ford war ein weiser Mann. Sein Zitat kann wohl auf jeden Lebensbereich angewendet werden. Am vergangenen Sonntag passte es wie die Faust aufs Aug auf meinen Testwettkampf beim Sommerlaufcup im Wiener Prater. Ich hatte 15 Kilometer im Halbmarathontempo am Programm. Weil es gut passte und es in der Regel unter Wettkampfbedingungen „einfacher“ ist, stand ich also am Start, um meine 15k in glatten 1:15 abzuspulen. Angeboten wurden die Distanzen 7k (eine Runde) und Halbmarathon (drei Runden + Zusatzschleife). Mein Plan daher: Drei Runden, 15k Vollgas und den Rest locker auslaufen. Der Mann bei der Anmeldung sagte zwar, man könne sich während dem Rennen entscheiden, ob eine oder drei Runden, für mich stand klar fest: drei. Eine gute Woche zuvor hatte es schon mit 12k geklappt, nun also drei Kilometer mehr. Wird schon hinhauen. Grundsätzlich war ich optimistisch. Dass mir diese verflixte 5er-Pace auf längeren Distanzen noch immer Angstschweißperlen auf die Stirn zaubert, verdrängte ich.

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Auch als der Startschuss fiel, war ich guter Dinge. Es war zwar schwül, womit ich in der Regel zu kämpfen habe, aber Ausreden gab es an diesem Tag nicht. Und das Training der vergangenen Wochen zeigte Wirkung, also: Du rennst das jetzt. Basta. Dachte ich zumindest. Schon beim ersten Kilometer wusste ich: Das wird eine zache Partie. Die Pace stimmte zwar, aber irgendwie fühlte sich das jetzt schon heavy an. Kilometer zwei passte auch, aber noch mehr heavy. Super, schon zwei Kilometer. Nur nicht an die restlichen 13 denken. Tja, eh. Think positive.

Kilometer drei ging’s dann los, besser gesagt bergab. 5:07 zeigte meine Uhr. Ab diesem Zeitpunkt hakte ich den Tempodauerlauf ab. Das wird heute nichts. Die Lunge brennt, die Haxen bleischwer. Vergiss es. Eine Negativspirale setzte sich in Gang, aus der ich nicht mehr rauskam. Je mehr ich daran dachte, wie schlecht es mir ging, umso tonnenschwerer wurden die Beine. Irgendwie rettete ich mich nach der ersten Runde ins Ziel. Danke fürs Mitziehen, bedankte sich einer im Ziel. Bis Kilometer fünf war er mit mir gelaufen, dann zog er mir davon und erreichte sein Ziel, wie er mir verriet: 7k unter 35 Minuten. Ich gratulierte ihm. Mein Ziel war flöten gegangen. Von wegen 15k Vollgas. Zwei Runden hängte ich anschließend zwar noch an, aber sehr gemütlich. Wenn nix geht, Grundlage geht immer, lautete die Devise. Kurz flackerte der Gedanke auf, doch noch einmal ein paar schnelle zu "probieren". Aber nur kurz. Ich hatte an dem Tag einfach keine Lust mehr. Basta.

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Alles in allem war dieser Lauf kein läuferisches, sondern ein mentales Desaster. Anstatt den Lauf so gut es geht durchzuziehen, habe ich mich runterziehen lassen. Von meinen eigenen Gedanken. Im Nachhinein ärgerte ich mich, dass ich es zugelassen hatte. Dann wären es halt es halt keine glatten 1:15 sondern 1:17 oder 1:18 gewesen. Ja und?!

Solch eine Situation hat sicher jeder Läufer schon einmal erlebt. Was bei einem Trainingslauf nicht weiter tragisch ist, stellt sich am großen Tag X, auf den man sich monatelang vorbereit hat, anders dar. Wie schafft man es - egal ob Training oder Hauptwettkampf - negative Gedanken so beiseite zu schieben, dass man nicht das Handtuch wirft, sondern das Beste daraus macht?

Andrea Engleder, Sportpsychlogin und Koordinatorin der sportpsychologischen Test- und Beratungsstelle Wien des Österreichischen Bundesnetzwerk Sportpsychologie, arbeitet seit Jahren mit Sportlern Auf der Schmelz in Wien und in freier Praxis. In ihrer Arbeit wird sie unter anderem mit genau solchen Fragen konfrontiert. Ihre Tipps aus der Praxis:

Herausfordernd, nicht überfordernd

Die Zielsetzung sollte so gewählt werden, dass sie herausfordernd ist, aber nicht überfordernd, da dann die Frustration bei Nichterreichen groß ist und man dann womöglich aufgibt. Man kann sich auch sogenannte Minimalziele (das schaffe ich, selbst wenn es nicht so gut läuft), Normalziele (das schaffe ich, wenn alles ok läuft) und Traumziele ( das könnte ich schaffen, wenn alle Bedingungen super sind) setzen.

Nervosität aktiviert

Ein gewisses Maß an Nervosität ist aktivierend und ist gut für die Leistungserbringung. Es zeigt einfach, dass es da jetzt um etwas geht was mir wichtig ist. Problematisch wird es erst dann, wenn die Nervosität (z.B. die Angst zu Versagen) sich hemmend auswirkt. Mit Zittern, Schwitzen, Kältegefühl, sorgvollen Gedanken, negativen Vorstellungen was alles schief gehen könnte. Dann ist der Fokus plötzlich auf Dingen, die mich nicht stärker machen, sondern mich schwächen.

Gedanken auf das Tun lenken

Natürlich sollte ich mit einer selbstsicheren Einstellung an die Sache herangehen, mir Bewusst machen was ich kann. Gelingt mir das nur eingeschränkt, sollte ich meine Gedanken auf das was zu Tun ist lenken. "Ich bin ruhig, ich habe gut trainiert, ich freue mich auf die Herausforderung, jetzt habe ich wieder eine Chance meine Leistung zu zeigen. Beim Laufen auf meinen Rhythmus achten." Und mental positiv trainieren, indem ich mir gute Läufe vorstelle, denn Gedankenkraft ist Zauberkraft. Das Gehirn unterscheidet nicht, ob ich das tatsächlich erlebt habe oder nicht. Und Erfahrungen im Kopf von guten Läufen steigern auch das Selbstvertrauen.

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Niederlagen durchdenken

Niederlagen sind oftmals nicht kontrollierbar und das sollte man sich bewusst machen. Z.B. kann ich für meine persönliche Leistung spitze gelaufen sein, aber drei andere waren noch besser. Würde es nach der Platzierung gehen, wäre es eine Niederlage. Darum sollten die eigenen Ziele sich neben Ergebnissen auch auf Handlungen beziehen, die ich beeinflussen kann. Ich habe bis zum Schluss alles gegeben, ich bin mein Tempo gelaufen, ich habe meine Taktik umgesetzt. Das habe ich jeden Moment des Rennens in meiner Hand. Selbst die persönliche Bestzeit ist oftmals nicht planbar, es könnte Gegenwind geben, etc. und dann wäre meine Leistung plötzlich nichts mehr wert. Was wäre die Konsequenz einer Niederlage? Wäre es eine Blamage? War das Training dann umsonst? Ja, vielleicht. Aber ich kann mir bewusst machen, dass es dann trotzdem irgendwie weitergehen wird. Ich kann trotzdem weiter machen. Das gibt Halt.

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Schon während der beiden lockeren Runden im Prater schob ich die negativen Gedanken des Scheiterns beiseite. Neue Woche neues Glück, lautete die Devise. Mit neuerlichem Tempodauerlauf. Wie heißt es doch gleich: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Also auf ein Neues. Oder um es wieder mit den Worten von Henry Ford auszudrücken: Wer immer tut was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.