Wenn der Wiener Hipster tanzen geht ...
Für die nächsten drei Tage wird das Popfest am Wiener Karlsplatz zur Pilgerstätte heimischer Hipster. Dort wird in Uniform getanzt statt stillgestanden. Was die Kleidung betrifft, mag es diese Lifestyle-Spezies nämlich homogen, da sind sich hiesige Club-DJs einig.
Dresscode im Club
Pratersauna, Grelle Forelle oder Celeste – der Dresscode in der Elektro-Szene lautet Nike-Sneakers, aufgekrempelte Hosen, Vollbart (ja, noch immer und vorzugsweise bei Männern), Bauchfrei-Shirt (vorzugsweise bei Frauen) und teuer erstandene Sportbeutel vom Österreichischen Label Franz oder dem kanadischen Hersteller Herschel.
Stylist und Herausgeber des peng! Magazins, Roman Globan, beschreibt den Modestil des heimischen Partyvolks mit einem Wort: "Homogenität." Wahlweise wird der Einheitslook noch mit einem Bier in der rechten und/oder einer Zigarette in der linken Hand kombiniert, scherzt DJ-Größe Wolfram.
Der Vergleich macht sicher
Was an Wiener Clubgästen anders ist als in anderen Metropolen? "Woanders gibt es keine "Tanzen ist auch Sport"-T-Shirts und außerhalb von Österreich wird auch des Öfteren ein Cocktail in der linken Hand gehalten."
Abgesehen von den Cocktails gibt es in London, Berlin oder Barcelona aber auch etwas mehr individuellen Stil zu sehen, meint Stefan Weinöhrl, Veranstalter des Fairlight Clubs im Heuer und Cafe Leopold. Von Zeit zu Zeit wird dann aber auch hierzulande geringfügig variiert: "Bauchtaschen sehe ich jetzt öfter und der Rucksack hat das Stoffsackerl abgelöst."
Vor einigen Jahren habe sich das Partyvolk noch mehr aufgebrezelt, heute könne es mit der Feier-Garderobe auch genauso gut ins Fitnessstudio gehen.
Bomberjacke & Plateau
DJ Ken Hayakawa macht keine neuen Mode-Trends in den Musiktempeln der Bundeshauptstadt aus. Auf die aktuellen Experimente mit Neunzigerjahre-Touch könne er gerne verzichten. Seine Gäste aber nicht. Bomberjacken und Plateauschuhe sind derzeit wieder fleißig auf der Tanzfläche im Einsatz. Dazu gesellen sich kleinteilige Tattoos in Form von Symbolen und bedeutungsschwangeren Sprüchen, die früher nur ins Poesiealbum geschrieben wurden.
Was sonst noch sein darf? Jogginghosen mit Bündchen, damit die zweckentfremdeten Laufschuhe zur Geltung kommen, hochgezogene, auffällige Socken, Hosen und Schuhe von Skate-Labels wie Carhartt, Supreme oder Vans, Oberteile mit Bubi-Kragen und viel Schwarz.
Das alles gilt übrigens für Männer wie für Frauen. Wien ist immerhin unisex – und zumindest damit supertrendy.
Was ist ein Hipster?
Erklärungsversuch: Eine eindeutige Definition gibt es nicht: Oft werden junge Erwachsene aus dem urbanen Bereich als Hipster bezeichnet, die (populär-)kulturell interessiert sind, in der Medien- oder Kreativwirtschaft arbeiten und sich vom Mainstream abgrenzen, indem sie Trends voraus sein wollen – und damit selbst wieder neue setzen. Ein Dilemma also, in dem der Hipster steckt. Der Duden meint: „Jemand, der über alles, was modern ist, Bescheid weiß.“
Illustrationen: Clara Ifsits & Niki Hergovich. Ihr Blog: heimatgrossertoechterundsoehne.tumblr.com