Leben/Mode & Beauty

Vom Lausbuben zur gefeierten Designerin

An diesem Tag spielte sogar das Wetter mit: Als Marina Hoermanseder vergangenen Juli die ersten Models auf den Outdoor-Laufsteg vor dem Berliner Kronprinzenpalais schickte, legte sich der Wind und die Sonne bahnte sich ihren Weg durch die Wolken. Für ihre Frühjahrs-/Sommerkollektion – voluminöse Tulpenröcke in Pastell, aufwendige Lederblumen und -gürtel, Korsagen aus dem 3D-Drucker – wurde die 29-Jährige von Presse und Publikum gefeiert: In der Front Row jubelten die Topmodels Eva Padberg und Franziska Knuppe, die deutsche Tageszeitung Die Welt ernannte sie zur "Gewinnerin der Fashion Week".

"Die Woche vor der Show war wahnsinnig stressig. Am Tag davor haben wir bis spät in die Nacht Tausende Lederblümchen angebracht", erinnert sich die Designerin. Die schlaflosen Nächte haben sich gelohnt: "Die Show war ein persönliches Highlight. Über die positive Resonanz habe ich mich wahnsinnig gefreut."

Berlin ist ein gutes Pflaster für die gebürtige Wienerin. 2013, sie hatte gerade ihre Ausbildung an der renommierten Modeschule Esmod beendet, durfte sie ihre Abschlusskollektion bei der Berliner Fashion Week zeigen. Die Entwürfe fielen auf: Stützkorsetts, Bandagen, Schnallen – eine Mischung aus Fetisch und Orthopädie.

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"Die Idee ist aus meiner Faszination für die Orthopädie des 19. Jahrhunderts entstanden", erzählt Hoermanseder. "Ich habe darüber viel recherchiert und tagelang versucht, Korsetts nachzubauen." Gelernt hat sie es schließlich bei Alexander McQueen – im legendären Londoner Modehaus absolvierte sie ein viermonatiges Praktikum. Heute ist das orthopädische Korsett für Hoermanseder das, was man "Signature Piece" nennt. Eines ihrer Kleider ist sogar im New Yorker Fashion Institute of Technology ausgestellt.

Die Präsentation in Berlin war der Startschuss für ihr Label "Marina Hoermanseder". Mittlerweile hat die Tochter einer Französin und eines Wieners nicht nur ihr Atelier, sondern auch ihren Wohnsitz in der deutschen Hauptstadt. Ihr Logo – mh – ließ sie sich auf den Unterarm tätowieren. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Stars lieben "mh"

Das ist aber auch gar nicht nötig, denn es läuft gut für die Modeschöpferin: Die schwer angesagte Sängerin FKA Twigs – auch bekannt als Verlobte von Robert Pattinson – trug bei ihrem Auftritt in der "Tonight Show" eine Bronze-Korsage aus dem Hause Hoermanseder. Auch Rihanna und Rita Ora sollen die österreichischen Kreationen im Schrankraum haben.

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Und dann ist da natürlich noch Lady Gaga. Kein Bericht über Marina Hoermanseder kommt ohne das Detail aus, dass Gagas Chefstylist ein Outfit bei ihr geordert hat – obwohl es kein einziges Foto gibt, das die Modeexzentrikerin in einem solchen zeigt.

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Ob sie es nervt, ständig auf den schrillen Popstar angesprochen zu werden? "Überhaupt nicht. Am Anfang war das ein großer Push und es gibt sicher schlimmere Namen, mit denen man in Verbindung gebracht werden könnte", sagt Hoermanseder entspannt.

Celebrities sind wichtig, das gibt sie unverfroren zu: "Sie erreichen eine Vielzahl an Menschen und können über ihre Kleidung etwas ausdrücken, das den Menschen in Erinnerung bleibt." Wenn sie sich zwei prominente Trägerinnen aussuchen könnte, wären es Herzogin Catherine und Michelle Obama. "Weil das zwei einflussreiche Frauen sind, die einen bestimmten Look verkörpern und viele Menschen modisch beeinflussen."

Traum vom Zoo

Ein Anruf von Lady Gaga, ein Kleid im Museum – gut fürs Image. Aber sie bringen nicht unbedingt das große Geld. Natürlich möchte sie an ihrer Mode auch verdienen, sagt Hoermanseder – immerhin hat sie einen Master in Wirtschaft. Das Wirtschaftstudium basiert auf einem Deal mit den Eltern: Erst ein handfestes Studium, dann die Modeausbildung. Dabei hatte die kleine Marina, die jeden Tag beim Tiergarten Schönbrunn vorbeikam, ursprünglich anderes im Sinn: "Als Kind wollte ich Zoodirektorin in Schönbrunn werden. Es wurde nichts, weil ich mir nicht vorstellen konnte, meine geliebten Tiere sterben zu sehen."

Erst später, mit 13, kam die Leidenschaft für Nadel und Zwirn. "Auf einmal wollte ich nähen lernen, an der alten Nähmaschine meiner Mutter, die immer unsere Faschingskostüme gemacht hat." Sie selbst trug am liebsten "abgeschnittene Jeans und selbst bedruckte Kommissar-Rex-T-Shirts. Ich war ein richtiger Lausbub".

Heute kleidet sich Hoermanseder "auch gerne mal mädchenhaft". Das spiegelt sich in ihrer neuen Kollektion, die sie am Montag bei der Fashion Week Vienna präsentieren wird, wider: "Mädchenhaft anmutende Designs im Kontrast zu skulpturalen Lederelementen, Lederriemen und Schnallen" verspricht die Modemacherin, dazu "Blumen, Kekse und Eisfarben". Ihr Ritual vor der Show? "Meist suche ich nach Jobalternativen, falls meine Karriere nach der Show schlagartig vorbei sein sollte", verrät sie mit einem Augenzwinkern. Es ist eine Ehre, die Modewoche zu eröffnen – vor Nervosität und Angst ist aber auch die beste Designerin nicht gefeit.

Das vollständige Programm sowie Tickets gibt es auf www.viennafashionweek.com. Hier ein Auszug:

Montag, 07. 09.

19.00 Marina Hoermanseder

Dienstag, 08. 09.

18.00 Kauffeld & Jahn Couture

19.00 Rozbora Couture

20.00 Artista

20.00 Pitour

Mittwoch, 09. 09.

18.00 Corina Vladescu

19.00 Mark Baigent

20.00 Irina Vitjaz

21.00 Buffet Clothing

Donnerstag, 10. 09.

16.00 Dörte Kaufmann

16.00 Neon Cherie

17.00 Fulani

18.00 Andrea Tincu

20.00 Callisti

Freitag, 11. 09.

15.00 Verdandy

17.00 Shakkei

18.00 Lothar Daniel Bechtold

19.00 Kayiko

20.00 JCHOERL

22.00 Manufaktur Herzblut

Samstag, 12. 09.

16.00 Claus Tyler

18.00 True You

19.00 Milk

20.00 Anelia Peschev

Sonntag, 13. 09.

17.00 Sabine Karner

18.00 Franziska Michael

18.00 Marc Stone

19.00 Bipone

Das vollständige Programm sowie Tickets gibt es auf www.viennafashionweek.com