Malena Ernman: Das schwarze Schaf der klassischen Musik
Von Maria Gurmann
Bevor sie ins Theater an der Wien eilen wird, legt die Opernsängerin noch ein Training im Fitnessclub „Heimlich“ ein. Am vergangenen Mittwoch war die Premiere von „Béatrice und Bénédict“. Jetzt ist Malena Ernman schon ganz entspannt. „Ich wohne gleich um die Ecke im dritten Bezirk“, sagt die Schwedin vergnügt. Fünf Mal pro Woche radelt sie hier ihr Sportprogramm ab. „30 Minuten auf dem Laufband, dann noch Krafttraining“, sagt die 42-Jährige. Das sieht man ihr an. Ein muskulöser Körper mit dem richtigen Body-Mass-Index. Der Neid könnte einen fressen.
Sehnsucht
Im Gym verbringt sie mehr Zeit als in ihrem Appartement. „Wenn ich alleine zu Hause bin, ist mir so langweilig und ich vermisse meine Kinder so sehr. Das Einzige, was da hilft, ist trainieren“, sagt die Mutter zweier Töchter (7 und 10). Wenn sie Engagements im Ausland hat, ist ihr Mann, ein Schauspieler, bei den Kindern in Stockholm. Während sie eine leidenschaftliche Köchin ist – „am liebsten mache ich Fischsuppe und Eintöpfe“ –, fehlt dem Ehemann das Händchen für Kulinarisches. „Ich fürchte, wenn ich nicht zu Hause bin, essen meine Mädchen mehr Pancakes als sonst etwas“, sagt sie, wirft den Kopf in den Nacken und lacht herzhaft.
Außerdem sei Wien eine moderne Stadt. „Wenn es um klassische Musik geht, sind die Schweden total konservativ. Das Theater an der Wien ist dagegen ein Top-Haus. Jeder möchte hier singen. Auch Cecilia Bartoli wählt dieses Theater, weil sie hier das meiste aus ihrer Stimme machen kann. Es ist perfekt, um zu zeigen, wie brillant man als Solist ist.“ Kein Wunder, dass das Theater an der Wien heuer als bestes Opernhaus der Welt nominiert ist.
Auf der Straße wird sie in Schweden von allen erkannt. Die vielseitige Sängerin sorgt nämlich auch als Fernsehmoderatorin von Musiksendungen für gute Einschaltquoten. Etwas eifersüchtig schielen die Operndirektoren in Schweden auf ihren Erfolg. „Ich bin das schwarze Schaf der klassischen Musik. Die Oper bekommt enorme Subventionen, ich nicht. Ich habe aber mehr Zuschauer. Das ist ein Wettkampf.“
Ein Wettkampf, den es für sie im Ausland nicht gibt. Dort ist sie ein willkommener Star. „In Wien fühle ich mich deshalb frei, hier werde ich nicht kritisiert.“ Nach der Béatrice wird sie nach Baden Baden übersiedeln, wo sie in „Don Giovanni“ mit Anna Netrebko auf der Bühne stehen wird. „Ich freue mich schon wahnsinnig, weil meine ganze Familie bei mir sein wird.“
Vielseitigkeit
Ihre Liebe zur Oper entdeckte die Tochter eines Finanzexperten eigentlich erst recht spät. Singen und schauspielen interessierte sie schon als junges Mädchen. Obwohl Malena Ernman in Musikschulen eine klassische Ausbildung bekam, sang sie lieber Jazz und Pop oder im Radiochor und spielte in Musicals. „Als ich klein war, wollte ich Polizistin, Clown oder Dirigentin werden. Ich habe zwar Ballett getanzt, aber für eine Karriere war ich zu groß.“
Heute liebt sie die Oper. „Allerdings nicht alles“, ergänzt sie. „Ich hab so meine Probleme mit Wagner. Die Musik ist herrlich, aber singen will ich ihn nicht. Ich habe keine Wagner-Stimme. Ich liebe Barockmusik, Mozart und Modernes.“
Ist sie als Tochter einer Dekanin religiös? „Nein, ich habe protestiert.“ Schon als Kind liebte sie es, immer das Gegenteil von dem, was man von ihr erwartete, zu machen. So richtig rebellisch war Ernman aber nie. „Ich bin ein sehr sanfter, netter, manchmal auch ungeduldiger Mensch“, beschreibt sie sich selbst. Wenn sie wunderschöne Musik hört, oder ein Film sie berührt, können leicht Tränen fließen. Schwer ums Herz wird ihr aber vor allem, wenn die Sehnsucht nach ihren Mädchen zu groß wird. Dann isst sie nach dem Training eine Pizza, legt sich mit dem Computer ins Bett und schaut sich Action- oder Fantasy-Filme an. „Das können dann auch gleich drei hintereinander sein“, sagt sie zum Abschied, bevor sie wieder ins Theater eilt.
Info:„Béatrice und Bénédict“ von Hector Berlioz, mit Malena Ernman, im Theater an der Wien, am 22., 24., 27. und 29. April; www.theater-wien.at