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Schürzenjäger und Superstar: Jack Nicholson ist 80

Jack Nicholson, Hollywoods größter Verführer, feiert seinen 80. Geburtstag. Einmal will er sich noch beweisen – als Toni Erdmann, in der Paraderolle von Peter Simonischek.

Whammbamm, das nennt man eine Sturzgeburt! Nur wenige Tage, nachdem Jack Nicholson am 22. April 1937 in Neptune City, New Jersey, auf die Welt kam, explodierte ein paar Kilometer entfernt, in Lakehurst, der ZeppelinHindenburg“. Jeder Actionheld wäre froh um dieses Detail in seiner Bio, der Mann mit dem Killer-Grinser aber musste sich damit anfreunden, dass die Katastrophe fortan sein Begleiter ist.


„Ich gehöre zu den Kids, die eines Jahres tatsächlich Kohlen zu Weihnachten bekamen“, entschlüpfte dem Star, vielleicht unabsichtlich, 2003 bei einer Pressekonferenz zu „About Schmidt“. Armut war Alltag für den Nachwuchs des Showgirls June Francis Nicholson. Die Mutter hatte sich früh aus dem Staub gemacht, der Vater blieb ihm unbekannt, seine Kindheit war ein einziger großer Schwindel: Seine erst 17-jährige Mutter hatte sich stets als Schwester ausgegeben, als Mutter sprang seine Oma Ehtel ein.

Man muss kein Psychologe sein, um hier die Ursache für Jack Nicholsons sehr spezielles Verhältnis zu Frauen zu sehen.

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Von vier Frauen hat der Charakterdarsteller fünf Kinder. Sein jüngstes, Ray, ist 25. Begegnet man Nicholson in Los Angeles bei einem privaten Dinner, sieht seine Begleitung kaum älter aus. Ja, Jack Nicholson ist tatsächlich der notorische Schürzenjäger, wie er sich selbstironisch im Film präsentiert, etwa neben Diane Keaton in „Was das Herz begehrt“.

Cynthia Basinet, eine von Nicholsons ehemaligen Gespielinnen und heute 44-jährige Sängerin, plaudert in einer Biografie über den „großen Verführer“ aus ihrem Erfahrungsschatz: „Wenn du als junges Model in diese Stadt kommst und Spaß haben willst und durch die Nachtclubs ziehst, triffst du früher oder später zwangsläufig auf ihn.“

Ihre Affäre hielt nicht allzu lang, dafür bleibt die Erinnerung ewig. Basinet lernte einen Mann der Widersprüche kennen. Einerseits kam der Star vom Drehort mit Essensresten im Doggy Bag nach Hause, andererseits hatte er in Restaurants locker 100 Dollar Trinkgeld für die Bedienung über.

Merke: Der Womanizer mit dem Bad-Boy-Image macht, wonach ihm gerade ist. Aber mit Anstand und Würde. Manchmal jedenfalls. Als 1972 Pläne für ein Remake von „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ gewälzt wurden, fiel für die weibliche Hauptrolle der Name eines Erotikstars: Raquel Welch. „Jeder andere hätte seine Freundin betrogen, wenn er nur über Miss Welchs Körper hätte klettern können“, heißt es im Buch „Jack“. Nicholson aber sagte ab und blieb seiner damaligen Freundin treu – Michelle Phillips, das Vorzeigegesicht der Beatband The Mamas and the Papas („California Dreamin’“).

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Treue? Genau. Sonst ja eher nicht unbedingt die Stärke des Schauspielers, der wie wenig andere seit einem halben Jahrhundert das Image eines Hallodris prägt. Vom Botenjungen beim Hollywoodstudio MGM hatte er sich zum Mädchen für alles des B-Movie-Moguls Roger Corman („Der Rabe“, „The Little Shop of Horrors“) hochgearbeitet. Ein harter Weg. Seine engen Freunde Warren Beatty und Dennis Hopper hatten längst schon lukrative Angebote und dicke Autos in der Garage, als Jack in einem klapprigen VW Käfer den Mulholland Drive entlanggurkte. Nicholson brauchte fast fünfzehn Jahre und siebzehn Schundfilme wie „The Cry Baby Killer“, „Die Sünde lockt“ und „The Terror – Schloss des Schreckens“ bis zum Durchbruch - noch am Sozius - mit der Rocker-Ballade „Easy Rider“.

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Dabei stets an seiner Seite: Frauen, viele, viele Frauen. Das ist auch unser Glück. Ein Beispiel: Seine damalige Freundin Anjelica Huston wusste frühzeitig von einem gewissen Michael Douglas, dass dieser im Besitz der Filmrechte an Ken Keseys Roman „Einer flog übers Kuckucksnest“ war, aber noch ohne Darsteller für den rebellischen McMurphy dastand. So kam Nicholson ins Spiel. Oder seine lange und tiefe Freundschaft mit Diane Keaton: Sie ist die Grundlage dafür, dass „Was das Herz begehrt“, die sympathische Komödie um einen notorischen Schürzenjäger, so perfekt funktioniert.

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Jack mit seiner 1990 geborenen Tochter Lorraine

Immer dabei ist natürlich auch eine Sonnenbrille, bevorzugt eine Ray Ban Wayfarer 2140. „Wenn ich meine Sonnenbrille trage, bin ich Jack Nicholson. Ohne Sonnenbrille bin ich einfach nur ein fetter 70-Jähriger“, hat er einmal einem Reporter selbstkritisch ins Mikrofon gescherzt.

Dabei gibt es keinen Grund, sich selbst derart auf die Schaufel zu nehmen. Bis heute war Jack Nicholson zwölf Mal für einen Oscar nominiert, öfter als jeder andere Schauspieler. Insgesamt drei Mal hat er die begehrteste Auszeichnung der Filmwelt bekommen, zwei für seine Hauptrollen in „Einer flog übers Kuckucksnest“ (1975) sowie in „Besser geht’s nicht“ (1997) und einmal als Bester Nebendarsteller für „Zeit der Zärtlichkeit“ (1984). Das soll ihm erst einmal jemand nachmachen!

Dieser Blick! Dieser teuflischer Grinser! Diese Dringlichkeit in der Stimme. Hier ein Best-of-Jack, vom "Little Shop of Horrors" (1960) bis "Woher weißt du, dass es Liebe ist?" (2010).


Der bislang letzte Film von Jack Nicholson ist die Romanze „Woher weißt du, dass es Liebe ist“. Der Mann mit der Sonnenbrille mimte dafür nur die Kulisse für die Liaison zwischen Reese Witherspoon und Paul Ruff. Sieben Jahre ist das her. Verdammt lang. Besonders für einen, der wie Jack Nicholson jetzt seinen verdienten achtzigsten Geburtstag feiert. Ob er sich danach wieder dem Stress eines wochenlangen Drehplans aussetzen wird?

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Twin-Peaks-Star Lara Flynn Boyle war 1999-2001 mit ihm liiert

„Älter werden heißt auch besser werden“, hat er zwar einmal gesagt. Und bei ihm stimmt das ja tatsächlich. Die Ausstrahlung, die von ihm ausgeht, diese magische Aura, wurde in den letzten Jahren immer augenscheinlicher.

Joachim Kerzel, 75, seine langjährige deutsche Synchronstimme, wäre übrigens erstaunt über ein Comeback des Routiniers. An das Hollywood-Remake der deutsch-österreichischen Komödie „Toni Erdmann“ mit Nicholson glaubt er erst, „wenn die Dreharbeiten begonnen haben“. Kerzel: „Den Originalfilm habe ich noch nicht gesehen.“ Aber falls es mit dem Remake klappt, „werde ich Jack Nicholson sicher auch synchronisieren.“

Kerzels Verhältnis zu Nicholson ist dabei durchaus kritisch: "Er braucht wahrscheinlich einen starken Regisseur, sonst macht er, was er will - und das ist meistens zu viel."

Mit anderen Worten: Er kann es einfach nicht lassen. Man sieht das, etwa bei folgender, auf dem Internetportal YouTube bereits mehr als fünfzehn Millionen Mal aufgerufener Szene.

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Vier Jahre ist es her, dass Jennifer Lawrence für ihre Rolle als emotional instabile Tiffany in dem Melodram „Silver Linings“ einen Oscar erhielt. Damit war die damals erst 22-jährige Schauspielerin klarerweise auch begehrte Interview-Partnerin. Besonders witzig: Als sie in der Oscar-Gala-nacht live von George Stephanopoulos, dem früheren Clinton-Berater, für den TV–Sender ABC befragt wird, kommt zufällig Jack Nicholson vorbei. Sein Markenzeichen: drei Mal so alt, drei Oscars in der Tasche.

Aber es kommt noch besser. Die „Show“, die Nicholson dann abzieht, zeigt ihn als Charmeur, der keine Gelegenheit ungenützt vorübergehen lässt. „Ich habe dich in dem Film geliebt, du warst großartig“, lobt er das Kino-Küken über den Klee. Und lässt so en passant fast anlassig fallen: „Du siehst wie eine ehemalige Freundin von mir aus.“ Lawrence kontert nicht maulfaul: „Wirklich? Und sehe ich auch wie eine neue Freundin aus?“

Anstatt verlegen zu grinsen, pariert Nicholson prompt und eindeutig zweideutig: „Ich habe schon darüber nachgedacht,"