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Mythos Romy Schneider: "Es hätte besser laufen können"

Ich bin Schauspielerin, wissen Sie! Ich kann wirklich was", sagt Romy Schneider im Film "Die Nachtblende". Ein Zitat, das bezeichnend für das Leben der Ikone ist, die Zeit ihres Lebens versuchte , ihrem Image als kindliche Kaiserin zu entkommen – und sich im französischen Film neu erfinden konnte. "Ich habe die Sissi gern gespielt, keine Frage. Und trotzdem: ich wollte nicht, dass man mich mit der Rolle identifiziert", sagte Schneider später.

Das erste Mal schlüpft sie im zarten Alter von 16 Jahren in die Rolle. Als hätte sie mit der Figur das Schicksal von Kaiserin Elisabeth übernommen, war auch das Leben von Rosemarie Albach, so Schneiders bürgerlicher Name, von tragischen Vorfällen geprägt. "Verzeihen Sie, dass ich das so simpel sage, aber das hätte besser laufen können mit meinem Leben", sagte sie in einem ihrer letzten Interviews. Ihre Karriere als Schauspielerin war in vielerlei Hinsicht auch eine Flucht.

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Flucht in die Liebe

"Immer wieder auf das Sissi-Klischee reduziert zu werden, war sicherlich ein Trauma für sie, von dem sie sich in ihrem kurzen Leben nicht lösen konnte", sagt der Wiener Filmhistoriker Günter Krenn, der eine Biografie über Schneider verfasste.Eine weitere Figur, die Romy Schneider maßgeblich beeinflusste und auch heute noch zu ihrem Mythos beiträgt, ist ihre große Liebe Alain Delon. Die jungen Schauspieler lernten sich 1958 bei den Dreharbeiten zum deutsch-französischen Liebesfilm "Christine" in Paris kennen.

Delon ist Fluch und Segen zugleich. Er ist der Grund, warum Schneider endgültig mit ihrem Sissi-Image bricht und nach Paris zieht.

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Als sich ihre deutschen Fans im Stich gelassen fühlen, rechtfertigt sich die Schauspielerin: "Es ist das Schönste im Leben, das Schönste auf dieser Welt – und davor weglaufen? – Nein, ich könnte es nicht." Sie beschließt, ihren eigenen Weg zu gehen und emanzipiert sich damit auch von ihrer Mutter Magda Schneider und dem Stiefvater Hans Herbert Blatzheim, die nicht uneigennützig um den Erfolg der Tochter bemüht waren. Wie das Verhältnis zu ihrer Mutter wirklich war, bleibt ungeklärt, erzählt Krenn:"Bis zu einem gewissen Grad hat Magda Schneider ihre Tochter sicher ausgenützt. Andererseits gab es auch immer wieder ein sehr inniges Verhältnis zwischen den beiden."

Ihre Liebe kann aber sie nicht halten, Delon verlässt sie 1963 nach knapp fünf Jahren für eine andere. Später sagt sie, "Alain hat mich als Frau geformt. Er hat mich zwar verlassen und mir einen großen Schmerz zugefügt, doch dadurch bin ich gereift."

Danach stürzt sich Schneider in eine Ehe mit Theaterregisseur Harry Meyen, mit dem sie zurück nach Deutschland geht und ihr erstes Kind, Sohn David, bekommt. Doch der Versuch, häuslich zu werden, scheitert.Fast zehn Jahre nach ihrer Trennung ist es wieder Delon, der ihrer Karriere und damit ihrem Leben ein zweites Mal eine große Wende gibt.

Der erotisch aufgeladene Krimi "Der Swimmingpool", in dem Schneider und Delon ein leidenschaftliches Paar spielen, wird 1969 international als Erfolg gefeiert – und heizt Spekulationen über eine Romanze an. "Seit 'Der Swimmingpool' ist die Legende von Romy und Alain auf Zelluloid gebrannt, und es gehört zu einer Legende, dass sie sich als bleibender erweist als die Originalgeschichte", schreibt Krenn in seinem zweiten Buch "Romy & Alain". Das Traumpaar, zu dem Schneider und Delon hochstilisiert wurden, existiere vor allem in der Fantasie der Menschen – und auch in der Erinnerung Delons. Was die beiden auch später noch verbindet, ist eine innige Freundschaft.

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Zweite Karriere

Der Filmerfolg mit Delon verhilft der Ikone zu neuen, ernsteren, Rollen. Zurück in Paris beginnt ihre zweite, größere Karriere. 1977 bekommt sie mit Daniel Biasini, den sie bei Dreharbeiten kennenlernt, ihr zweites Kind, Tochter Sarah. Schneider spielt nun oft gebrochene Frauen, denen sie auch privat immer ähnlicher wird. In ihren erfolgreichsten Jahren folgt der schwerste Schicksalsschlag: 1981 verunglückt ihr Sohn David mit 14 Jahren tödlich. Die Schauspielerin greift immer häufiger zu Alkohol und Tabletten.

Ein Jahr später wird sie von ihrem damaligen Lebensgefährten Laurent Pétin tot in ihrer Pariser Wohnung gefunden. Dass Romy Schneider so jung starb, begründet für Krenn den Mythos um ihre Person: "Es bleibt eine Geschichte über, die nicht erzählt werden kann."

Romy Schneider war mehr als 60 Filme – aber nur 43 Jahre – alt, als sie am 29. Mai 1982 leblos in ihrer Pariser Wohnung aufgefunden wurde. Die Schauspielerin maß ihr Alter nicht in Jahren, wie sie in einem Interview erklärte, sie definierte sich über ihre Filme: "In diesem Beruf habe ich immer Angst, nicht alles aus mir herauszuholen. Jeder Film, in dem ich mitwirke, ist für mich wie eine Wette, die ich unbedingt gewinnen muss. Ich muss immer mich selbst übertreffen."

Es waren ihre Rollen, die sie auch persönlich formten. Die Entwicklung von der mädchenhaften Kaiserin Sissi zur trauernden "Spaziergängerin von Sans-Souci", wie ihr letzter Film heißt, ist eine Emanzipationsgeschichte.

In ihren Film- und Fernseharbeiten hat sich Romy Schneider immer wieder neu erfunden. Bereits für einen ihrer ersten französischen Filme, die Kafka-Verfilmung "Der Prozess", wurde sie 1962 als "Beste ausländische Darstellerin" ausgezeichnet. Für ihre Rolle in "Der Kardinal" wurde sie 1964 für den Golden Globe nominiert. In den 70er Jahren versuchte sich die gebürtige Wienerin in Hollywood, wo sie sich an das strikte Reglement aber nicht anpassen wollte. "Sie wollte sich dem amerikanischen Studiosystem nicht ausliefern, das bestimmt hat, welche Rollen man spielt. Es war ihr immer wichtig, sich selbst treu zu bleiben. Das erforderte viel Mut", erklärt Karin Moser, Herausgeberin des Biografie-Sammelbandes "Romy Schneider, Film. Rolle. Leben". Nachdem sie für "Der Swimmingpool" 1969 wieder mit Alain Delon vor der Kamera stand, brachte das eine schauspielerische Wende.

Akt der Rebellion

Laut Moser war Schneider bereits in den 70er Jahren eine echte europäische Schauspielerin, die über Landesgrenzen hinaus gedacht habe: "Sie sagte einmal, das Nationale hätten wir doch schon längst überwunden."

Das will sie auch in ihren Rollen zeigen. In "Das alte Gewehr" oder "Le Train" spielt sie Opfer des Nationalsozialismus. Moser versteht das auch als Akt der Rebellion: "Damit rebellierte sie unter anderem gegen ihre eigene Familie und gegen eine Generation, die das in den 50er, 60er und 70er Jahren noch nicht hören wollte."

Obwohl sie Sissi hinter sich lassen wollte, entschied sich Schneider 1972, die Kaiserin unter Regie von Luchino Visconti noch ein letztes Mal zu spielen. Dieses Mal echt und ungeschönt, wie sie erklärte: "Zwischen der Sissi von einst und meiner heutigen Rolle gibt es nicht die geringste Gemeinsamkeit. Ich werde diese Rolle, den Charakter dieser Frau zum ersten Mal wirklich spielen." Die Rolle der Gebrochenen führt zu weiteren Erfolgen. 1974 wurde sie für ihre schauspielerische Leistung in "Nachtblende", 1978 für "Eine einfache Geschichte" mit dem französischen Filmpreis César ausgezeichnet.

2000 wurde Romy Schneider in Frankreich zur größten französischen Schauspielerin des 20. Jahrhunderts gekürt. Für ihre Wandelbarkeit wird sie auch heute noch, 35 Jahre nach ihrem Tod, international verehrt.

"Manchmal muss man einfach nach seiner Nase gehen. Auch wenn man sie sich dabei mal einschlägt." - Romy Schneider