Michelle: Eiskalte Schlagerprinzessin
Depressionen, Insolvenz, Selbstmordgedanken: Das skandalfreie Leben einer typischen Schlagerprinzessin führt Michelle (44) nicht. Seit fast 30 Jahren hält sich die unangepasste Sängerin, die 1972 als Tanja Hewer geboren wurde, schon im Musikgeschäft. Nach schweren Zeiten geht es nun wieder bergauf – als Jurorin bei „Deutschland sucht den Superstar“ und mit einem neuen Album.
KURIER: Ihr neues Album heißt „Ich würd’ es wieder tun“. Dabei gab es nicht nur schöne Momente in ihrem Leben. Sie mussten als Kind beispielsweise zu einer Pflegefamilie ziehen.
Michelle: Ja, zwei Jahre habe ich in einer Pflegefamilie verbracht. Meine gesamte Kindheit war schrecklich, das waren ausschließlich negative Erfahrungen. Auch meine Jugend war sehr problematisch, aus der ich aber sehr viel gelernt habe. Ich schreibe mal ein Buch darüber (lacht). Etwas Schlechtes hat immer auch etwas Gutes.
Ihr Lieblingssong auf der neuen Platte ist „Der Deal“, in dem es um eine reine Sexbeziehung geht. Ist das ein Statement?
Ich mag den Song, weil er aus dem Leben gegriffen ist. Mir ist das auch schon passiert. Man lernt einen Mann kennen, will nur Sex, keine Beziehung. Aber dann kommen doch Gefühle ins Spiel. Heute kann man sich trauen, über solche Themen in einem Schlager zu singen.
Was hören Sie eigentlich privat? Auch Schlager?
Ich höre tatsächlich fast nur deutschsprachige Musik. Ich mag Philipp Poisel, höre gerne Rosenstolz und ich habe jetzt auch das neue Album von Andrea Berg heruntergeladen. Aber nur aus Neugierde was Herr Bohlen hier abliefert. (Dieter Bohlen hat Bergs Album produziert, Anm. )
Wie finden Sie die Platte der Konkurrentin?
Ich habe keine Konkurrenz.
Der Kollegin.
Genau. Ich habe kein Konkurrenzdenken. Jeder hat seine Berechtigung. Es gibt Bessere, es gibt Schlechtere. Ich wollte wissen, was Dieter gemacht hat, nicht was Andrea gemacht hat. Das interessiert mich eigentlich überhaupt nicht.
Harte Kritikerin bei "DSDS"
Sie sind Jurorin in der aktuellen Staffel von "Deutschland sucht den Superstar". Viele waren von ihrer Härte überrascht. Auf Twitter werden Sie von Zusehern als herzlos und eiskalt kritisiert. Sind Sie stolz auf ihren inoffiziellen Titel als härteste Jurorin der Sendung oder fühlen Sie sich verkannt?
Ich bin so wie ich bin und die Leute haben das schon ganz richtig verstanden. Ich sage, was ich denke, bin geradeaus und nehme mir kein Blatt vor den Mund. Das ist genau die Rolle, die zu mir passt.
Glauben Sie nicht, das Sie Sympathiepunkte verspielen? Ihr extrem schroffen Aussagen in "DSDS" gehen nur schwer mit den ihren gefühlvollen Herzschmerz-Liedern zusammen.
Nein, das glaube ich nicht. Die Menschen draußen wissen wie ich bin. Ich bin echt und war schon immer so. Ich spiele keine Rolle oder so und sage eben Meinung. Wenn das jemandem nicht passt, ist mir das egal.
Wie ist die Zusammenarbeit mit "DSDS"-Chef Dieter Bohlen?
Sehr harmonisch, ohne Zickereien. Ich weiß nicht, ob es schon jemanden gab, mit dem Dieter so harmoniert hat wie mit mir. Wir sind uns sehr ähnlich. Er ist einer der wenigen Menschen, von dem ich wirklich meinen Hut ziehe. Er hat Ahnung wie kein anderer von dem Musikgeschäft.
Und wie läuft's mit den Kollegen H.P Baxxter und Vanessa Mai?
Sehr gut. Mit H.P. habe ich die besten Partys auf Jamaica gefeiert, die man sich vorstellen kann. Bei den Beach Partys haben wir beide nie gefehlt (lacht). Vanessa ist Vanessa, sie gehört dazu und macht das ganz toll, finde ich. Wir sind uns sehr einig bei Entscheidungen.
Spielen Sie mit dem Titel "Ich würd' es wieder tun" auf ihre Vergangenheit an? Auf ihr zwischenzeitliches Karriereende, das Comeback und viele Auf und Abs?
Nein, nicht wirklich. Ich will damit eher sagen, dass ich zu mir stehe und sich jeder andere auch so annehmen soll, wie er ist. Mit allem was dazugehört. Menschen können fallen, aber sie sollen wissen, dass sie wieder aufstehen können. Man sollte nichts bereuen im Leben und schöne Momente lieber genießen.
Sie sind in Österreich mit ihren letzten zwei Alben erfolgreicher gewesen als in Deutschland, hier haben Sie viele Fans. Gibt's einen Grund dafür?
Wir haben hier sehr viel getourt, die Konzerte sind in Österreich sehr erfolgreich gelaufen. Und ich glaube, dass sich die Menschen dann diese schöne Erinnerung mit einer Platte nach Hause holen.
Sie haben drei Töchter. Mit Marie (15) haben Sie vor Kurzem im TV ein Duett gesungen. Wie finden Sie es, dass Sie auch ins Schlagergeschäft einsteigen will, das als hartes Pflaster gilt?
Sie kann das erst machen, wenn Sie ihre Schule beendet hat. Sie hat die guten Gene von Vater und Mutter geerbt (Maries Vater ist Sänger Matthias Reim, Anm.) und möchte in diese Fußstapfen treten. Sie muss natürlich erst lernen, wie die Branche funktioniert. Das ist wie bei einem Bäcker, der auch eine Lehre machen muss. Aber meine Kinder sollen in erster Linie das machen, was ihnen ihr Herz sagt. Ich bin dazu da, um sie zu unterstützen.