Herwig Rüdisser: „Fast zum Weinen, so schön“
In schwarzem Rollkragenpullover und schwarzer Lederjacke kommt er – ein bisschen übernächtig von der Feier nach Stefanie Wergers Konzert – ins Kunsthistorische Museum. Der Schnurrbart, das Markenzeichen von Herwig Rüdisser, ist seit Jahrzehnten unverändert. Dafür glänzt jetzt dort, wo früher dichte Locken ins Gesicht hingen, eine hohe Denkerstirn.
Kunstsinn
Rüdissers älterer Bruder, selbst Maler, hat ihn für die Kunst begeistert. „Mit Opus haben wir auf den Tourneen Museen in allen möglichen Ländern, von New York bis London, besucht.“ Sein Lieblingsmuseum ist das „Musée d’Orsay in Paris. „Fast zum Weinen, so schön. Wenn du vor den weltbekannten Bildern stehst, bist baff.“ Welche Bilder hängen an den Wänden seiner Wohnung? „Etliche von meinem Bruder, andere kann ich mir nicht leisten“, sagt der gebürtige Kärntner, der seit 35 Jahren in Graz lebt.
Finanzielle Sorgen brauchen sich die Bandmitglieder Herwig Rüdisser, Ewald Pfleger, Kurt René Plisnier und Günter Grasmuck allerdings nicht zu machen. Die Tantiemen für ihren Welthit sprudeln wie eine Quelle, die nie versiegt. 1984 wurde „Live is Life“ als Mitschnitt eines Konzerts veröffentlicht. „Die Plattenfirma hat gemeint: Aus dem Song wird nix und hat nur die Rechte für Österreich übernommen, der Rest ist bei uns geblieben“, sagt er und ergänzt schmunzelnd. „Das war gut so. Theoretisch könnten wir alle von den Tantiemen von ,Live is Life‘ leben. Wir haben die Urheberrechte und den eigenen Verlag“, sagt Rüdisser, der vor 35 Jahren durch Zufall auf die Band stieß.
„Es gibt Situationen im Leben, in denen es hilft, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein.“ In der Zeitung las er das Inserat: „Opus sucht Sänger.“ Er rief an, fuhr zur Band und jamte mit ihr. „Die haben geglaubt,ich bin eine Frau und haben Hedwig aufgeschrieben, weil meine Stimme so hoch ist. Ich bin ja eigentlich ein Countertenor“, sagt der Vater zweier Kinder, die nicht in seine Fußstapfen treten. Seine Tochter Pia Olivia (25) ist auf der juridischen Fakultät in Graz Dozent-Assistentin und sein 19-jähriger Sohn Luca studiert System- und Umwelttechnik. „Der hat noch nicht den Turbo eingelegt“, meint der Papa, der mit der Mama der Kinder seit 40 Jahren zusammen ist. „Warum wir nicht geheiratet haben? Keine Ahnung.“
Kindheit
Er selbst wusste früh, dass er Musiker werden würde. „Zur Firmung hab ich eine Gitarre gekriegt. Dann hab ich in Klagenfurt eine Band gehabt, mit der wir einen Nachwuchswettbewerb gewonnen haben.“ Sehr schön sei seine Kindheit gewesen. Die Eltern hatten eine Land- und Forstwirtschaft im Gurktal und viel zu tun. „Ich war oft bei meiner Großmutter, hatte viele Freiheiten, es war herrlich und unbeschwert“, erinnert sich der Jüngste von drei Geschwistern.
Die Musik hat er, wie viele Kärntner, im Blut. „Wir haben zu Hause immer gesungen. Ich hab’ Geschirr abgetrocknet, die Mama hat gesungen und ich hab die zweite Stimme dazusingen müssen.“ Die Landwirtschaft verpachtete Rüdisser, die Forstwirtschaft betreibt er mithilfe seines Försters selbst. Dort ist auch sein Refugium, fernab des Konzerttrubels. „Entspannung ist für mich, wenn ich in den Wald gehe oder auf die Alm fahre.“
Die turbulenten Zeiten – „wir haben nichts ausgelassen“ – sind vorbei. „Heute haben wir alle Familien und suchen uns aus, wo und wann wir spielen wollen.“ Gelassen und glücklich ist der Musiker. „Für Ärger bin ich schon zu alt“, sagt er, bevor er über den Christkindlmarkt vor dem Museum flaniert.
Info:
„40 Jahre Opus“ – Jubiläumsgala im Wiener Konzerthaus, mit Christian Kolonovits und Orchester. 14. 12., 19.30 Uhr. www.konzerthaus.atCD/DVD „Opus & Friends – Graz Liebenau 1985“, mit Doku von Rudi Dolezal.
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