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Die Physik von Weihnachten

Voila, das macht sechs Euro.“ Der Physikprofessor der Nation zückt das Portemonnaie. Schließlich hat die Dame hinter der Budel alles richtig gemacht. Der Orangenpunsch auf der Freyung ist für Werner Gruber der beste Wiens. Gruber zieht genüsslich den fruchtigen Duft ein. „Wissen Sie, das macht den Unterschied zwischen gutem und schlechtem Punsch aus.“ Kurze Pause. Auch die Verkäuferin scheint gespannt zu sein, was sie da so Besonderes fabriziert hat. Die Auflösung des kleinen Punsch-Rätsels: „Das hier ist der beste, nicht weil ich Prozente kriege, sondern weil die den Schuss Alkohol dazugeben und nicht mitkochen. Die meisten kochen ihn mit und so riecht er dann auch.“

Der gebürtige Oberösterreicher mag es einfach: „Frankfurter, Weißwürstel und Debreziner mit Salat sind bei uns im Innviertel das typische Essen am 24. Dezember. Das schaut nicht besonders feierlich aus, aber Würsteln waren früher teurer als Fleisch, und die Mama hat wenig Arbeit damit gehabt.“ Aus einer ähnlichen Motivlage heraus kommt bei Grubers am 25. Dezember die Weihnachtsgans ins Rohr. „Die macht – mit Ausnahme vom Zerlegen – am Christtag keine zusätzliche Hack’n mehr.“
Ob die Gans gelingt oder nicht, entscheidet die Physik. Durch die Temperatureinwirkung im Backrohr wandelt sich das Kollagen in Gelatine um. Damit das Eiweiß im Inneren der Fasern gerinnt, das Fleisch also durch ist, benötigt man beim Backen eine Innentemperatur von 75C. Um die richtige Bratdauer herauszufinden, bedient man sich einer Formel, in die man Radius, Masse, eine fixe Konstante k, die eingestellte Backrohrtemperatur und gewünschte Innentemperatur einsetzt (nachzulesen auf Seite 45 von Grubers „Überleben mit Physik“-Buch). Heraus kommt die Bratdauer in Minuten. Die Regel „rund eine Stunde Bratdauer pro Kilogramm“ stamme aus einer Zeit, als die Öfen noch nicht so heiß waren und die Gänse noch mehr Bewegung und daher mehr Kollagen hatten. Tipp: Die Gans sollte man zwei Tage vor dem Braten und noch einmal kurz davor mit Salz einreiben, auch innen, und im Kühlschrank lagern. So entwickelt sich der beste Geschmack.

Vanillekipferl sind eine Glaubensfrage. Manche machen den Teig mit, andere ohne Ei (dafür mit 5 EL Weißwein für die Geschmeidigkeit). Der Teig wird so oder so sieben bis acht Minuten bei 190C Oberhitze gebacken. Vanillekipferl mit Ei sind stabiler als solche ohne. Erklärung: Ei besteht aus Wasser, Eiweiß, Fett und Proteinen. Das Wasser löst den Zucker. Das Zucker-Wasser-Gemenge gelangt zwischen die Mehl-Butter-Körner. Beim Backen verdunstet Wasser. Das getrocknete Eiweiß bildet nun mit dem Zucker ein sehr starres Gerüst. Ergebnis: Man beißt sich die Zähne aus. Sagt Gruber. Aber der mag Vanille laut eigener Aussage ja gar nicht.