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Die Dogudans: "Unser Vater ist kompromisslos"

Die Wiener Innenstadt wirkt an diesem Vormittag noch verschlafen. Die beiden jungen Männer sind es nicht. Im Herrnhuterhaus, dem Billa Corso, beobachten sie nicht nur, wie die frisch gelieferte Ware einladend präsentiert wird. Sie tun es mit wenigen Handgriffen selbst. Erst der Händedruck, dann der erste Eindruck: ausnehmend aufmerksam. Angenehm zuvorkommend. Auch authentisch? Eine gute Gesprächsstunde später die Gewissheit: Absolut authentisch.

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KURIER: Für alle, die nicht in Wien leben: Was ist Henry?
Attila: Jeden Tag frisch gekochtes Essen, für zu Hause, zum Mitnehmen, zum hier essen. Wir achten darauf, dass all unsere Produkten die beste Qualität haben. Vom Kaffee dank eingeschultem Barista, täglich frischen warmen Menüs, das Buffet, kalt und warm, eine Mischung aus London, New York und Wien.

Wer entscheidet über die Bandbreite von Kaiserschmarren bis Curry?
Attila: Das machen wir im Team. Es kann auch gut sein, dass mein Bruder bei einem Formel 1 - Rennen eine Vorspeise entdeckt, die sich bei Henry integrieren lässt.

Welche war das zuletzt?
Marius: Ein Superseller ist Lachstatar mit Avocadocreme und Crème fraîche. Wir machen das via Whatsapp. Ich schicke ein Foto, Attila schaut es sich an und schon steht es im Regal.

Sehen Sie Produkte wie jene von Johanna Maier oder Neni, die Spar im Sortiment hat, oder Premiummarken von Diskontern als Konkurrenz?
Attila: Wir schauen uns alles an, nehmen jede Konkurrenz ernst. Egal ob in Österreich oder im Ausland. Für uns ist gewissermaßen alles Wettbewerb. Von allem, was gut geht, neu und innovativ ist, kann man viel lernen.

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Wann fiel die Entscheidung, dass der eine Bruder das Catering der Formel 1 und der andere mehr Henry macht?
Attila:
Das ist derzeit so, wird sich sicher wieder ändern. Wir müssen letztlich alle Bereiche im Unternehmen durchgehen. Nach außen hin wirken wir vielleicht unterschiedlich, haben jedoch in Wahrheit die gleichen Grundwerte. Wir haben auch immer alles gemeinsam gemacht.
Marius:Immer. (lacht) Wir sind in Österreich aufgewachsen, dann nach Barcelona gezogen, haben die gleiche Schule besucht, maturiert. Dann bist Du nach England studieren gegangen.

Wirtschaftsstudium wie Ihr Vater?
Attila: Betriebs- und Volkswirtschaft. Ich sage einmal, mit einem turbulenten Start. (beide lachen). Es war schwieriger, als ich gedacht habe. Ich war zum ersten Mal wirklich außer Haus in der Royal Holloway, University of London. Ich habe etwas länger gebraucht.

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Länger heißt was?
Attila:Dass ich durchgefallen bin. Dann bin ich zurück in eine Business School in Barcelona. Da war alles kleiner, strukturierter. Dort ging es mir besser. Die Fächer, die mir in England nicht gelegen sind, haben dort plötzlich funktioniert. Mein letztes Jahr habe ich wieder in England und das erfolgreich absolviert.
Marius:Ich bin in die gleiche Uni gegangen wie mein Bruder. Ich habe immer das Glück, dass ich den älteren Bruder zwei Jahre vor mir habe. Ich habe die Uni in normaler Mindestzeit durchgezogen, hatte eine gute Graduation, also gute Noten. Und: Ich habe aus seinen Fehlern gelernt.

Welchen Fehlern?
Attila: Ich glaube, wie bei vielen jungen Leuten die mangelnde Konsequenz an die Dinge, an das Studium heranzugehen. Nach dem Abschluss habe ich bei DO & CO für die Europameisterschaft gearbeitet und dann haben wir 2009 die Chance bekommen, nach New York zu gehen.

Um eine Demel-Dependance in Manhattan aufzubauen
Attila: Ja. Da lernst du relativ schnell, wie die Welt eigentlich tickt.

Wie tickt die Welt denn?
Attila: Schnell, erbarmungslos. Fehler werden nicht toleriert. Die Regel in New York: 75 Prozent der Geschäfte, die eröffnen, überleben das erste Jahr nicht.

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Das Geschäft, das Ihr Vater via Videokameras immer beobachten konnte, gibt es in der Form nicht mehr.
Attila:Wir bekommen noch immer fast täglich Mails aus den USA, wann wir wieder ein Demel Café aufsperren. Unsere Mehlspeisen gibt es derzeit bei Dean & Deluca in Soho und an der Upper East Side.
Marius:Das war sicher eine der besten Schulen und Chancen, die wir neben der Ausbildung je bekommen haben.

Je überlegt, nicht Wirtschaft oder gar nicht zu studieren ?
Marius: Nicht zu studieren war keine Option. Von uns aus nicht. Es liegt sicher auch an unserer Erziehung, weil uns gesagt worden ist: "You need it. You will thank me."
Attila: Es hätte nicht unbedingt Wirtschaft sein müssen, aber jedenfalls studieren. Das Mindeste, was die Eltern uns, ihrer Meinung nach, geben können, ist irgendeine Art von Ausbildung.

Was haben Ihre Eltern Ihnen noch mitgegeben – an Tugenden?
Marius: Unsere Mutter ist auch unsere Freundin. Das hört sich kitschig an, aber es ist so.
Attila: Unsere Mutter hat uns erzogen, uns Werte, gutes Benehmen, sofern wir das haben (schmunzelt) beigebracht. Unser Vater hat die meiste Zeit gearbeitet, hat uns aber genau so erzogen.

Steht einer von Ihnen Mutter oder Vater näher?
Attila: Nein, das glaube ich nicht. In erster Instanz will ich Marius’ Meinung wissen, rufen wir uns gegenseitig an.
Marius: Und wenn etwas passiert ist, überlegen wir, wie wir taktisch vorgehen. Zuerst wir, dann soll unsere Mutter den Vater anrufen... (lautes Lachen) Es geht meistens schief.

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Nach welchen Werten wurden Sie erzogen?
Marius:Klassischen. Ehrlichkeit. Niemanden über den Tisch zu ziehen. Immer die Wahrheit sagen. Immer am Boden bleiben. Wissen, dass nichts selbstverständlich ist.
Attila:Beide haben uns das immer wirklich, wirklich klar gemacht. Nichts ist selbstverständlich oder gegeben. Und das machen sie immer noch so.

Ein praktisches Beispiel?
Attila: Unser Leben. Es ist nicht selbstverständlich, in unterschiedlichen Ländern aufzuwachsen, studieren und arbeiten zu dürfen. Letztendlich können wir Job mäßig auch das machen, was wir wollen. Das ist ein besonderes Privileg, das wissen wir.

Dass Sie Ihre Jugend in diversen Ländern verbrachten war ein Privileg?
Attila: Auf jeden Fall! Obwohl wir anfangs, als wir nach Barcelona gezogen sind, mit 12 und 14 Jahren, halb Krieg geführt haben mit unseren Eltern, weil unsere Freunde in Österreich waren.
Marius: Stimmt! Den Freundeskreis wieder komplett neu aufbauen, dann nach England gehen als nächster Schritt, war nicht immer leicht. Man versteht immer mehr, dass man Gemeinsamkeiten finden und sich lokal integrieren muss. Dann geht fast alles. That’s it.

Ist Englisch mehr Ihre Sprache denn Deutsch?
Marius: Sorry. (schmunzelt). Nein, ja. Wir reden miteinander immer ein bissl Deutsch, ein bissl Englisch. Dann wieder hauptsächlich Englisch.
Attila: Das hängt immer davon ab, wo wir sind. Deutsch versteht man nicht überall auf der Welt. Aber Englisch. Und Spanisch.

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Ist die Dreisprachigkeit Teil der Erziehung gewesen?
Marius:Definitiv! Immer.

Österreich schneidet beim PISA-Test regelmäßig nur durchschnittlich ab. Sie haben unterschiedliche Bildungssysteme erlebt...
Attila: Ich glaube, es hängt auch sehr vom Ehrgeiz der Menschen und nicht unbedingt nur vom Bildungssystem ab. Der oder diejenige, die ein Ziel hat, wird einfach Gas geben, um die anderen zu überholen.

Sind Sie ehrgeizig?(beide lachen)
Marius: Natürlich! Bei unserem Vater! Wenn, was hier und da passiert, er einem von uns recht gibt, dann spornt das an.
Attila: Wenn es unser Ziel ist, im Konzern zu bleiben, etwas zu werden, dann müssen wir Gas geben, versuchen, es anders zu machen, vielleicht sogar besser.

Gab es je die Überlegung, nicht bei DO & CO zu arbeiten?
Attila: Nein. Wir haben so viele Möglichkeiten innerhalb der Gruppe ob Marketing, Interior Design, Finanzen oder Operatives... Es gibt wenig, was man bei uns nicht machen kann.

DO&CO beschäftigt 7300 Mitarbeiter weltweit.unisono: 8500.

Sind Sie zwei unter 8500 ?
Marius: Uns, und mit uns meine ich die gesamte Mannschaft, zeichnet eines aus: Wir sind ein Team und halten wirklich zusammen. Es nutzt keine Hierarchie, wenn es kein Miteinander gibt. Ich bin genauso in der Abwasch, wenn es kracht. Wenn einer Hilfe schreit, ist jeder zur Stelle. Das ist das Besondere an DO & CO.

War oder ist der Umstand, dass Ihr Vater Konzernchef ist, nie hilfreich?
Attila: Eher umgekehrt. Alle erwarten mehr.
Marius: Wie bei jedem, muss die Arbeit erledigt werden, egal wie Du heißt oder wer dein Vater ist.

Bringt der Name Dogudan mehr Vor- denn Nachteile mit sich? Oder vice versa?
Attila: Für uns kein Thema. Ich stelle mich ja beim Fortgehen nicht mit dem Nachnamen vor.
Marius: Und wenn beim Arbeiten jemand früher oder später weiß, dass wir die Söhne sind, macht das auch keinen Unterschied, weil es um die Sache geht.
Attila: Abgesehen davon sind wir selten in Österreich.

Worauf achten die Dogudan Brüder, wenn sie auf fremden Events oder Restaurant sind?
Marius: Qualität. Geschmack. Innovation. Das geht bis hin zur Tellertemperatur.
Attila: Es geht schlussendlich immer um das Gesamtpaket: Wie die Atmosphäre in einem Restaurant ist, wie man sich fühlt.
Marius: Ich lerne bei der Formel 1 sehr viel. Da geht es immer um Millisekunden. Darum, konsequent die Dinge abzuarbeiten, auf kleinste Details zu achten. Am Ende des Tages passieren sogar in dieser hochtechnisierten Welt Fehler und man sieht, dass wir alle nur Menschen sind. Und genauso ist es auch bei uns.

Ein Fehler, den Attila Dogudan den Juniors nicht verzeiht?
Attila: Wenn ein Kunde, egal weswegen, unzufrieden ist.
Marius: Er predigt immer, zu recht: Am Ende des Tages ist es egal, wie der Teller aussieht, ob er rund oder eckig ist. Wenn das Essen dem Gast nicht schmeckt, haben wir etwas falsch gemacht.
Attila: Unser Vater ist kompromisslos. Es gibt kein "Dieses Mal lasse ich es durchgehen."

Gibt es Lob, Schulterklopfen, Feedback?
Attila: Wir bekommen viel Feedback. (schmunzelt) Das eine ist, was er uns als Vater sagt, das andere ist, was er uns als Chef sagt. Und meistens ist es konstruktives Feedback.
Marius: Manchmal klopft er uns auch auf die Schulter, aber nicht sehr oft.

Was zeichnet Attila Dogudan als Vater aus?
Attila: Er hat ein großes Herz. Und Papi macht sich immer Sorgen.
Marius: Das stimmt. Er macht sich immer, immer Sorgen.
Attila: Er will immer, dass es uns gut geht – wie wahrscheinlich jeder Vater. Bei uns vermischt es sich zudem mit dem Job. Er hat Passion. Leidenschaft. Und er hinterfragt die Dinge, immer und immer wieder. Nicht aus Angst, sondern aus vollem, ganzem Herzen, weil er es immer noch besser machen will. Nach so vielen Jahren gibt er immer noch hundert Prozent.
Marius: Unser Vater gibt uns Rat wie jeder andere Vater. Er gibt uns die ehrlichste Meinung, auch wenn sie uns nicht gefällt. Unseren Freunden auch.

Ungefragt?
unisono: Ungefragt.
Attila: Eine kleine Anekdote: Wann immer wir im Winter oder Sommer mit Freunden zusammen sind, egal ob Früh, Mittag oder Abend, wissen sie, dass die Frage von ihm kommen wird: "Und, was machst Du jetzt im Leben?" oder "Und wie schaut es aus bei Euch?"

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Wie schaut es aus? Jetzt, in ein, zwei Jahren?
Attila:In zwei Jahren will ich den Master begonnen haben.
Marius:Ich will weiter, gescheiter geworden sein.
Attila:Balance in dem Spiel zu finden: Was macht Dich zufrieden, was glücklich und wo kannst du etwas leisten.
Marius:Wir sind in einer Lernphase.

Was zeichnet Ihren Bruder aus?
Attila: Marius ist zugänglich! Offen, wir haben einfach auch viel Spaß miteinander. Wir haben uns immer schon gut verstanden, telefonieren jeden Tag. He is a Great Guy.

Eine Schwäche von Marius?
Attila: Manchmal hast Du die Tendenz, Dinge größer zu machen als sie sind. Wenn ich eine Geschichte erzähle, kann es gut sein, dass sie sich trocken anhört. Bei ihm ist es so, dass es ein 800 Millionen Dollar Blockbuster Film wird.
Marius: Attila hat schon recht. Ich bin lauter. Ich mag Druckszenarien. Wenn wir in Abu Dhabi 17.000 Gäste bei der Formel I betreuen, dann ist das wie bei einem Boxkampf - da bin ich unter Strom. Mein Bruder denkt sehr viel nach. Er will jeden Schritt verstehen, ist sicher ruhiger als ich und: Er hat ein sehr, sehr großes Herz. Attila weiß aber auch, wie er mich auf die Palme bringen kann. Das ist die Gabe des großen Bruders.

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Steckt eine Strategie dahinter, dass online wenig über Sie zu erfahren ist. Kein Twitter, kein Instagram, keine Selfies von Seitenblicke-Partys...
Marius:Dahinter steckt keine Taktik oder Kalkül. Wir machen es einfach nicht.
Attila:Wir haben kein Twitter, kein Tumblr und was es immer da gibt. Facebook nutzen wir mit Freunden.
Marius:Wir machen das gleiche wie andere junge Menschen auch, es muss nur nicht immer laut sein.

Sie schienen einmal auf einer Liste der begehrtesten Junggesellen Österreichs auf...
Marius: Wir sind beide vergeben und haben noch keine besonders außergewöhnliche Leistung erbracht, um auf irgendwelchen Listen zu stehen.

Geboren 1984. Er absolvierte die Vienna International School, die American School of Barcelona, die Royal Holloway/University of London, ESEI International Business School und die University of Westminster . 2000 arbeitete er für DO & CO Mailand. Seither u.a.: UEFA EURO 2004, 32nd America’s Cup Valencia, EURO 2008, Demel New York und Henry - the art of living.

Geboren 1986. Nach der Vienna InternationSchool absolvierte er Ausbildungen an der American School of Barcelona, der Benjamin Franklin International School und der Royal Holloway/University of London. 2007 arbeitete er für 32nd America’s Cup Valencia. Seither u.a. Demel New York, DO & CO in New York und in London sowie DO & CO Catering für die Formel 1.