„Das Sexbomberl war ja nur parodiert“
In der Emigration in den USA sagte Wiens Großmeister der Pointe, Karl Farkas ( 1971): „Warum wir hier sind, das ist klar – aber warum die Amerikaner?“ Und seine, gleichfalls den Nazis nach Übersee entkommene Kollegin, die altösterreichische Erzkomödiantin Gisela Werbezirk ( 1956), seufzte: „Was soll ich von einem Land halten, in dem man mich ,Scheiselä‘ ausspricht?“
Eine andere Gisela nannte sich Cissy, Nachname Kraner ( 2012), und hatte ihren „rassisch“ verfolgten Lebensmenschen, den genialen Autor Hugo Wiener ( 1993), in Bogotá (Kolumbien) kennengelernt. Nach ihrer Rückkehr nach Wien schrieb er ihr umwerfende Chansons auf Leib und Seele, die augenblicklich in die Idiomatik eingingen – etwa: „Der Novak lässt mich nicht verkommen“ oder „Ich wünsch mir zum Geburtstag einen Vorderzahn“, brillante wie bitterböse Persiflagen auf das Elend sozial ausgelieferter Vorstadt-Pflänzchen.
Ein glänzend funktionierendes weibliches Rollenklischee der „goldenen Ära“ des Wiener Nachkriegskabaretts bediente auch Louise Martini ( 2013) in der erdrückend begabten Männer-Riege rund um Bronner, Kreisler, Qualtinger, Merz oder Wehle im „Intimen Theater“, einem Kellergewölbe in der Liliengasse. „Ich hatte mir den Ruf eingehandelt“, so die große Schauspielerin Jahrzehnte danach, „eine Sexbombe zu sein, aber ich hab das Bomberl doch nur parodiert!“ Helmut Qualtinger ( 1986) erkannte ihr Talent, weit über den optischen Aufputz hinaus. Unvergessen die höhnische „Hymne“ – aus der Feder Bronners ( 2007) – auf die „amerikanische Karriere“ des berechnenden Besatzer-Liebchens: „Weg’n an Packerl Chesterfield“. Das Bild der Frau: Verraucht-verrucht.