Café Korb-Besitzerin Susanne Widl: 75 Jahre „Viva, la Diva!“
Von Dieter Chmelar
W wie Wien – „W“ wie Wehmut – „W“ wie Widl. Diese Frau wird morgen Mittwoch 75 („ach, nur eine Zahl aus zwei unteilbaren Primzahlen“) und mindestens ein Dreivierteljahrhundert-Ereignis. Die Susanne, großbürgerlich geboren und auch durch eine, dem früh verstorbenen Vater am Totenbett versprochene „Knödelakademie“ (Haushaltsschule) niemals klein oder gar kleinkariert zu kriegende Königin aus zehntausendundeiner Nacht.
Ein Fabelwesen, das Gulasch kochen kann. Eine Botschafterin verklungener Tage – auf Lebenszeit. Eine Lokalaugenzeugin, eine geliebte Mutter ohne Kinder und ein Ganzkörperherz. Sie war Model, Muse, Mimin und Mätresse. Heute ist sie heitere Henne im „Korb“, wie das ererbte 115 Jahre alte Kaffeehaus auf der Brandstätte 9 in der Wiener City heißt, das sie hart, aber herzlich führt.
Sie spielt nichts vor, sie stellt was dar. Okay, jungen Menschen muss man sie erklären: 1966 ging sie mit 100 Dollar und einer Fotomappe nach New York, führte Pudel Gassi und wurde Bloomingdale’s-Hausmodel. Sie wühlte in Filmen, am Theater und in Werbespots auf, ging 1980 als erste Frau im Frack zum Opernball. Sie hatte Affären, was damals ka Affär’ war – etwa mit „Columbo“ Peter Falk.
Ihr Lebensmensch blieb Medienkünstler Peter Weibel (75), der phasenweise 15 andere nebenher hatte und bis heute eins mit ihr ist. Sie hält es mit Woody Allen: Getrennte Schlafzimmer, getrennte Wohnungen, getrennte Städte.“
Sie borgte einmal Arnulf Rainer 50 Schilling und bekam sie nie zurück. Sie hat nur ein Lebensmotto: „Gelebter Eigensinn ist wichtiger als Eigentum.“ Und: „Bei mir ist alles echt.“ Traurig ist Susanne Widl letztlich nur über eines: „Unsere Regierung.“