Andreas Vitásek reflektiert über Humor, Kritik und die "Woke-Bewegung"
Von Lisa Trompisch
Einer seiner Lehrer hat seine „komische Kraft“ erkannt, daher hat sich Andreas Vitásek (68), der Theaterwissenschaft und Germanistik, sowie an der Clown-Schule „J. Lecoq“ in Paris („Wien ist meine Frau und Paris ist meine Geliebte und die versuche ich regelmäßig zu treffen. Einmal im Jahr bin ich in Paris für ein paar Tage.“) studiert hat, schlussendlich fürs Kabarett entschieden.
„Meine Eltern waren froh, dass ich mich für irgendwas entschieden habe, weil ich doch relativ lang gesucht habe“, erzählt er lachend in der KURIERTV-Sendung „Herrlich ehrlich – Menschen hautnah“. Mittlerweile kann er auf eine jahrzehntelange, preisgekrönte Karriere blicken.
Die ganze Sendung:
Der Humor per se wäre gleichgeblieben, aber die Vermittlungsart habe sich durchaus geändert. „Wie es rübergebracht wird, wie die Leute agieren. Die Inhalte ändern sich natürlich mit dem Zeitgeist. Wenn ich mir alte Nummern von mir anschaue, denke ich mir: Uh, jetzt würde ich mich nimmer trauen, mit so was auf die Bühne zu gehen.“
Ihn selbst bringen mehr Hoppalas, als seine Kabarettkolleginnen und -Kollegen zum Lachen. „Wenn jemand gegen eine Glastüre läuft, ist es furchtbar für denjenigen, aber ich kann mir das Lachen nicht verkneifen.“
Moralische Grenze
Doch wie weit darf Humor jetzt eigentlich wirklich gehen? „Ich glaube, Satire darf alles, solange es Satire bleibt. Wenn es Beleidigung ist, wenn es gemein ist, dann sollte es nicht sein. Aber Humor spielt sich immer auf einer moralischen Grenze ab. Leichte Tabuverletzungen gehören dazu, finde ich. Aber das muss jeder für sich einschätzen, wie weit er gehen kann“, sagt Vitásek.
„Wir leben jetzt in einer Zeit, wo alles ganz genau auf die Goldwaage gelegt wird. Ich glaube, das Pendel geht wieder zurück, die Woke-Bewegung ist wieder im Abnehmen, aber da wird wirklich auf alles ganz genau geschaut.“ Er selbst adaptiert seine Programme laufend – verändert und improvisiert.
Sein aktuelles Programm „Spätlese“ habe zum Beispiel mit der Premiere vor einem Jahr fast nichts mehr zu tun.
Am 29. und 30. Dezember steht er mit „Nachlese“ auf der Bühne im Wiener Theater Akzent (Tickets unter: www.akzent.at) . Aktuelle Themen unserer Zeit, aber auch nostalgische Ausflüge in eine Welt, in der vermeintlich alles besser war, wird er da gewohnt pointiert präsentieren.
Lampenfieber hat er nach all den Jahren noch immer ein bisschen. „Es wird auch nicht besser in dem Sinne. Wenn man viel spielt und in der Routine ist, dann geht es sich kräftemäßig gar nicht aus, dass man dauernd Lampenfieber hat, aber ich bin immer aufgeregt vor einer Vorstellung.
Sein persönliches Resümee des Jahres 2024? „Ich hätte auf sehr viel verzichten können, was sich in der Politik und was sich in der Welt abgespielt hat. Für mich persönlich war gut, dass ich meine erste Intendanz in Güssing als Nachfolger von Frank Hoffmann angetreten bin, und das war sehr, sehr beglückend und hat meine Erwartungen übererfüllt.“
Der kommende „Kultur Sommer Güssing“ steht unter dem Motto „Wien küsst Güssing“. „Ich finde, es ist jetzt auch an der Zeit, dass sich Wien und das Burgenland wieder ein bisschen mehr lieb haben“, lacht Vitásek. U. a. wird die Band Minisex auftreten, wie er bereits jetzt verrät.
Fürs neue Jahr würde er sich vor allem Gesundheit wünschen. „Je älter man wird, desto wichtiger wird der Wunsch Gesundheit und dass man das weitermacht, was einem Spaß macht und dass man das so gut wie möglich weitermachen kann. Natürlich auch dasselbe für die Familie – und natürlich Weltfrieden.“
Wie ein Elefant
Übrigens, mit Kritik kann Andreas Vitásek ganz schlecht umgehen, wie er zugibt. „Gute Kritiken vergesse ich sofort und schlechte merke ich mir Jahre. Ich könnte jetzt noch zitieren, vor 20 Jahren vom Heinz Sichrovsky (Anmerk.: Kulturjournalist und Moderator), den ich damit sogar einmal konfrontiert habe. Er hat gesagt: ,Das weiß ich doch nicht mehr.’ Naja, ich hab’s mir gemerkt“, so der Kabarettist. „Ich bin so ein Elefant. Ich kann verzeihen, aber ich vergesse nicht“. lacht er.
Vitásek ist auch ein absoluter Genussmensch, so ist er „Feinschmecker des Jahres 2019“ und aktuell Sekt-Botschafter. In der Pandemie hat er das Kochen für sich entdeckt. „Jetzt ist es so, dass meine Frau mir die Küche überlassen hat. Das ist jetzt mein Reich und ich koche für die Familie.“ Eine große kulinarische Freude kann man ihm mit „einem sehr guten Boeuf Bourguignon oder einem Coq au Vin und einer guten Flasche Rotwein“ machen.
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