Karl Schranz: Wolf, Opfer & Frauenheld
Von Dieter Chmelar
Punkt 19.38 Uhr ging es los, an diesem sonntäglichen Feierabend in seiner Heimatgemeinde St. Anton am Arlberg. Denn seit seiner Geburt am 18. 11. 1938 hat der größte Sohn (und natürlich längst Ehrenbürger der Tiroler Fremdenverkehrsperle), Karl Schranz, ein glattes Dreivierteljahrhundert absolviert. Überwiegend, aber niemals übergewichtig, im Renntempo. Drei Musikkapellen, zwei Schützenvereine, mit einem Wort: ein Riesen-Trara!
Der Eisenbahner-Spross, dessen einfaches Elternhaus 1945 abbrannte (bis auf den Holzteil, der bei Vollmond geschlagen worden war!), wurde zum strahlenden wie tragischen Skihelden der Nation.
Zwei Mal entglitt ihm das „reservierte“ Olympiagold – 1968 durch Disqualifikation, 1972 durch eine, aus heutiger Sicht, lachhafte Verbannung wegen Professionalismus.
Sogar ideologisch so untadelige Künstler wie Georg Danzer & André Heller „verirrten“ sich mit einer Schnellschuss-Single im Landlerstil: „Der Karli soll leb’n, der Brundage (der damals „schuldige“ IOC-Präsident) steht daneb’n, wir pfeifen auf Olympiagold, wir ham’s net gern, wann ma uns rollt.“ Schranz hatte nie Bretteln vorm Kopf. Er erfand die eng anliegende Rennhaut, er entwickelte – im Windkanal – die nach ihm benannte Hocke und lebte sein Image freudig und listig aus: Der „einsame Wolf“ (© Heinz Prüller) animierte die Konkurrenz gerne zum Saufen, goss seinen Jagatee (und Tausende Schnäpse) aber heimlich in Blumen vasen (© Wolfgang Winheim).