Sport/Wintersport

Sotschi: Olympischer Hochsicherheitstrakt

Ted Ligety brachte es auf den Punkt, was sich da momentan ganz im Süden Russlands, nur ein paar Steinwürfe von der georgischen Grenze entfernt, abspielt: "Wahrscheinlich müssen sie einfach so einen Sicherheitsaufwand betreiben, wie sie es tun – es ist halt eine sehr volatile Region."

Was der vielseitig interessierte amerikanische Riesentorlauf-Star an diesem strahlend schönen Winternachmittag meinte, sind die vielen Checks, Stopps und Kontrollen, die sich rund um das Alpinzentrum Rosa Chutor abspielen.

Das komplette Skigebiet ist seit Ende Jänner und noch bis Anfang März komplett für die Öffentlichkeit gesperrt; vor jedem der drei für Athleten und Medien reservierten Hotels stehen Wachleute und Polizisten; wer mit der Gondelbahn auf den Berg fahren will, muss wie am Flughafen durch einen Metalldetektor, Kleidung und Rucksäcke werden durch einen Scanner gefahren – und zwischen Eingang und Gondeln stehen rund 20 Menschen, die aufpassen, dass nichts, aber auch gar nichts Verbotenes transportiert wird.Und umgeben ist das Skigebiet von einem braunen Stahlgerippe mit einer Armada von Kameras.

Schweizer Panne

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Für einen unwillkommenen Test des Ernstfalls sorgte am Dienstag ein gewisser Bernhard Russi: Der Schweizer Sieger der Olympia-Abfahrt von Sapporo 1972 hatte seinen Skischuh-Rucksack am Rand der Herren-Abfahrt stehen gelassen und damit einen Großeinsatz der Sicherheitskräfte ausgelöst. Drei Stunden lang war das komplette Skigebiet abgeriegelt, Spürhunde und Spezialisten der Terrorbekämpfung durchkämmten das alpine Gelände, ehe Entwarnung gegeben wurde.

Das hat seinen Grund: Die Krisenregionen Abchasien und Südossetien sind nicht weit; tschetschenische Rebellen haben nicht nur einmal in der Hauptstadt Moskau Angst, Schrecken, Bomben und Terrorangriffe gestartet – und gegen den Nachbarn Georgien hat Russland noch vor dreieinhalb Jahren Krieg geführt.

Terror bei Olympia? Das kann, das will sich die russische Regierung nicht leisten. Modern und attraktiv soll sich 2014 die Region rund um Sotschi, die 350.000-Einwohner-Stadt am Schwarzen Meer, präsentieren. Bislang war das Seebad vor allem Sommerfrische, nun soll mit dem Hinterland eine Tourismusregion für jede Jahreszeit entstehen.

Demonstration

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Dafür wird ein ganzes Tal in den westlichen Ausläufern des Kaukasus umgegraben: Krasnaja Poljana, bis vor Kurzem ein verschlafenes Bergdorf mit 4600 Einwohnern, soll das Bergsportzentrum werden. Zwar hatte hier schon Zar Nikolaj II. 1899 versucht, einen Erholungsort für die reiche russische Oberschicht zu schaffen (deswegen hieß der Ort zunächst auch Romanowsk), doch nach der Oktoberrevolution waren diese Gedanken erledigt und der Ort wird seither wieder "Schöne Lichtung" genannt.

Durch die fahren dieser Tage Lastwagen-Kolonnen und Militärtransporter, Polizeiautos und Bagger. Denn nicht nur eine Schnellstraße wird vom 40 Kilometer entfernten Flughafen Adler (und dem 80 Kilometer entfernten Sotschi) errichtet, dem Umweltgedanken will man auch durch eine Schnellbahn Rechnung tragen. Dafür wird das Umland umgegraben und untertunnelt, das Nachtleben erstreckt sich auf kleine Supermärkte und riesige Baracken, in denen die Arbeiterscharen wohnen.

Die sind bis spät abends am Werk – schließlich sollen in Krasnaja Poljana neben den Alpinen auch Nordische, Biathleten, Rodler und Bobfahrer um Medaillen kämpfen – im glanzvollen Ambiente. Doch davon ist abseits der Hauptstraßen noch nichts zu sehen.

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