Sport/Wintersport

Hirscher beendet ÖSV-Durststrecke in Alta Badia

Immer wieder Marcel Hirscher. Der Weltcup-Titelverteidiger lässt die Pleite der Abfahrer und die negative österreichische Riesenslalom-Bilanz von Alta Badia vergessen. Er gewann den Riesenslalom auf dem extrem schwierigen, steilen Hang im Hochabteital. Seit 16 Jahren, seit dem Erfolg des Kärntners Christian Mayer, hatte kein Österreicher mehr in Alta Badia gewonnen.

Es war der 21 Weltcupsieg von Hirscher und zugleich der neunte im Riesenslalom. Zum bereits 50. Mal winkte der erst 24 Jahre alte Salzburger vom Podest.

Was den Sieg am Sonntag für ihn so besonders wertvoll machte? Dass der für unbezwingbar gehaltene Ted Ligety – im Gegensatz zur Vorwoche in Val-d'Isère – nicht ausgeschieden war. Dass es somit zu einem sportlich wertvolleren Vergleich kam, in dem der US-Amerikaner dieses Mal auch vom Franzosen Alexis Pinturault besiegt wurde.

„Ich kann zwar nicht sagen, ob Ligety nicht wieder zwei Sekunden Vorsprung hat, wenn es eisiger wird. Aber ich bin jetzt einmal glücklich, weil ich heute gesehen habe, dass auch Ted nur ein Mensch ist. Ted hat jetzt aber auch gesehen, dass der Rest der Welt näher gerückt ist“, sagt Hirscher. Derselbe, der von der US-Tournee noch verunsichert zurückgekehrt war.

Dass er nicht die optimale Abstimmung Ski-Schuh-Bindung gefunden hatte, war für Insider augenscheinlich. Hirscher schwieg. Der Sieg aber lockerte die Zunge. Überschwänglich lobt er das Entwicklungsteam um seinen Ausrüster Atomic. Und dazu seinen Privattrainer Michael Pircher. Weniger deshalb, weil Pircher in Alta Badia den zweiten Lauf setzte. Sondern weil mit ihm, Papa Ferdinand Hirscher und den Serviceleuten das offensichtlich optimale Set-up gefunden worden war.

Morgenmensch

Das Training im Morgengrauen auf der Reiteralm machte sich bezahlt. „Ich bin um 5.30 Uhr aufgestanden und im Dunklen schon auf dem Lift gesessen. Die Trainer waren mit Stirnlampen unterwegs. Da war noch kein Athlet zu sehen. Manchmal denke ich mir, dass wir ziemlich verrückt sind. Danke an mein ganzes Team.“

Außer Hirscher durfte sich in Alta Badia vom ÖSV-Team nur Hirschers früheres Vorbild Benjamin Raich freuen. Mit Rang sieben deutete der 35-Jährige an, dass seine Formkurve wieder nach oben zeigt und er keineswegs abzuschreiben ist. Raich: „Ein schöner Lichtblick für mich.“

Alle anderen Österreicher verpassten die Punkteränge, was im Falle von Philipp Schörghofer besonders schmerzlich war. Nach guter Zwischenzeit zog sich Schörghofer, als er eine Torstange touchierte, einen schweren Bluterguss am Arm zu, weshalb er seinen Start beim Einladungsrennen am Montag in Andalo absagen musste.

Warum Hirschers Teamkollegen weit unter den Erwartungen bleiben, dafür findet auch der Sieger keine Erklärung. „Ich wundere mich selbst. Der Schörgi ist im Training genauso schnell wie ich. Und der Mathis brennt uns im Training sowieso jedes Mal her. Mein Vorteil ist, dass ich im Rennen ,klick‘ mache. Ich bin ein echter Renntyp.“

Alle Inhalte anzeigen

Endstand
1. Marcel Hirscher (AUT) 2:37,45 1:18,14 1:19,31
2. Alexis Pinturault (FRA) 2:37,80 +00,35 1:18,36 1:19,44
3. Ted Ligety (USA) 2:38,03 +00,58 1:18,55 1:19,48
4. Fritz Dopfer (GER) 2:38,82 +01,37 1:18,97 1:19,85
5. Tim Jitloff (USA) 2:39,10 +01,65 1:19,82 1:19,28
. Felix Neureuther (GER) 2:39,10 +01,65 1:19,72 1:19,38
7. Benjamin Raich (AUT) 2:39,44 +01,99 1:20,27 1:19,17
8. Stefan Luitz (GER) 2:39,47 +02,02 1:19,08 1:20,39
9. Leif Kristian Haugen (NOR) 2:39,59 +02,14 1:19,80 1:19,79
10. Steve Missillier (FRA) 2:39,71 +02,26 1:20,37 1:19,34
11. Cyprien Richard (FRA) 2:39,75 +02,30 1:20,63 1:19,12
12. Henrik Kristoffersen (NOR) 2:39,78 +02,33 1:21,56 1:18,22
13. Aksel Lund Svindal (NOR) 2:39,91 +02,46 1:19,80 1:20,11
14. Thomas Fanara (FRA) 2:40,02 +02,57 1:19,31 1:20,71
15. Mathieu Faivre (FRA) 2:40,06 +02,61 1:20,27 1:19,79
16. Manfred Mölgg (ITA) 2:40,11 +02,66 1:19,24 1:20,87
17. Victor Muffat Jeandet (FRA) 2:40,35 +02,90 1:21,43 1:18,92
18. Marcus Sandell (FIN) 2:40,37 +02,92 1:21,69 1:18,68
19. Florian Eisath (ITA) 2:40,50 +03,05 1:21,36 1:19,14
20. Matts Olsson (SWE) 2:40,57 +03,12 1:20,24 1:20,33
21. Davide Simoncelli (ITA) 2:40,72 +03,27 1:20,85 1:19,87
22. Carlo Janka (SUI) 2:40,75 +03,30 1:20,83 1:19,92
23. Zan Kranjec (SLO) 2:40,76 +03,31 1:21,08 1:19,68
24. Andre Myhrer (SWE) 2:40,93 +03,48 1:21,29 1:19,64
25. Massimiliano Blardone (ITA) 2:41,12 +03,67 1:20,75 1:20,37
26. Luca de Aliprandini (ITA) 2:41,51 +04,06 1:21,01 1:20,50
27. Thomas Tumler (SUI) 2:41,58 +04,13 1:20,93 1:20,65
28. Ondrej Bank (CZE) 2:42,09 +04,64 1:21,29 1:20,80

Gesamtweltcup

Anders als im Torlauf ist Österreich im Abfahrtslauf 2013 noch sieglos. Am Sonntag in Bormio besteht die letzte Chance, diese Serie zu beenden. Trotzdem spricht ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel wörtlich vom „stärksten Abfahrtsteam seit zehn Jahren“.

Hat der Ski-Boss verdrängt, dass Österreich vor rund einem Jahrzehnt über ein weißes Wunderteam mit Hermann Maier, Stephan Eberharter, Fritz Strobl, Hans Knauß, Andreas Schifferer, Hannes Trinkl und Michael Walchhofer verfügt hat? Oder will er die in Gröden so schwer geschlagene aktuelle Speed-Mannschaft nur moralisch aufrichten?

Schröcksnadel sucht die Schwächen nach den letzten Rückschlägen weniger bei den Läufern, sondern bekrittelt das Fehlen einer permanenten Trainingsstrecke für Österreichs Speed-Fahrer. Er spricht von einer „Schande“ und übt Selbstkritik. „Bedauerlich, dass mir das erst nach 23 Jahren Amtszeit einfällt.“

Schröcksnadel hat aber mittlerweile bezüglich permanenter Rennpisten schon Kontakt zu Kanzler Werner Faymann und Sportminister Gerald Klug gesucht. Der Präsident denkt an die Orte Lackenhof (NÖ), Hinterstoder (OÖ), Jerzens (Tirol), Saalbach (Salzburg). Im Gegensatz zum ÖSV verfügt der US-Verband über eine permanente Abfahrtspiste in Copper Mountain (Colorado).

Alle Inhalte anzeigen