"Irgendwann sitzen wir alle nur noch beim Curling"
Peter Schröcksnadel ist zurück. Zurück im Wintersport und zurück in Tirol. Nachdem sich der 73-Jährige zuletzt des Sommersports angenommen hat, schlüpft der Chefkoordinator des Projekts Rio wieder in seine liebste Rolle: in die des Präsidenten des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV). Also sprach Schröcksnadel beim Saisonstart in Sölden über ...
... die Rückkehr zum Wintersport "Der Sommersport gefällt mir auch ganz gut, weil es da so viel aufzuräumen gibt. Da stimmt ja vieles nicht. Ich habe mir das nicht vorstellen können, wie es anderswo zugeht. Aber wenn ich sehe, wie dort teilweise gearbeitet wird, ist das ewig schade. Denn im österreichischen Sport ist sicher nicht zu wenig Geld da – es wird nur nicht immer effizient eingesetzt."
... das Vorbild ÖSV "Das, was der ÖSV macht, kann jeder machen. Uns hat früher auch keine Veranstaltung gehört, wir haben kein Geld gehabt, keinen Erfolg, nix. Und heute haben wir 60 Millionen Euro Budget. Andere Sportarten sind ja auch populär geworden, Beachvolleyball zum Beispiel, das ist heute ein Event. Du kannst aus jeder Geschichte etwas machen."
... seine Motivation "Klar kann man sagen, dass ich keine Ahnung vom Sommer habe, andererseits bin ich ja auch nie skigesprungen und hab’ auch nie selbst Biathlon gemacht. Das hat ja nur mit der Organisation zu tun. Dass du verstehst, was der Sport braucht, und wie man das entsprechend organisieren kann. Das ist im Sommer dasselbe wie im Winter. Ich bin ein Sportmensch, ich lebe für den Sport. Das ist alles."
... seine Kritiker "Sollen sie meinetwegen sagen: ,Jetzt g’schaftelt der da auch herum.‘ Ich hab’ da kein Problem damit. Sollen sie es doch selber machen. Wobei ich schon sage, dass man eigentlich die fragen sollte, die im Rio-Projekt drinnen sind, und nicht die anderen."
... offene Ziele "Wenn dir die Luft ausgeht, musst du aufhören. Ich könnte mir lange schon ein schönes Leben machen, aber ich will eben die Herausforderung. Wenn du die nicht willst, bist du eh falsch am Platz."
... Anforderungen an seinen Nachfolger "Ein Präsident muss unabhängig sein, darf nicht von der Politik kommen und sollte auch kein Angestellter sein, sonst kann er sich nicht bewegen und hat Angst vor Entscheidungen. Er muss vom Sport etwas verstehen, nicht unbedingt vom Skisport, aber vom Sport muss er etwas verstehen. Und wenn er aus Tirol kommt, sind wir auch nicht böse. Wir werden natürlich versuchen, jemanden aufzubauen. Aber ich gebe zu, dass ich mir auch Sorgen um die Zukunft mache. Wenn das in den Keller gehen würde, wäre das schon schlimm."
... den Dopingfall Dürr "So lange es mich gibt, gibt’s für ihn keinen Weg zurück. Es ist für mich keine Option, jemanden für zwei Jahre auszuschließen vom Verband – und dann kommt er zurück. Das hat es ja schon gegeben. Aber dann hat ein Verbandsausschluss ja keine Wirkung. Alle im Verband müssen wissen, dass wir da rigoros sind."
... die Zukunft von Olympia "Die Entwicklung ist schlimm, weil der Wintersport von den Destinationen weggeht, die dafür geeignet sind. Es ist schlecht, wenn du nur noch Bewerber wie Almaty oder Peking hast. Irgendwann heißt’s dann: ,Berge haben wir keine, dann streichen wir halt die Abfahrt.‘ So wird alles kaputtgemacht, und irgendwann sitzen wir dann plötzlich alle nur noch beim Curling. Alle lachen darüber, aber ein Ort, der sich in der jetzigen Situation der olympischen Familie durchsetzen könnte, wäre Wien. Salzburg und Innsbruck sind zu klein, aber von Wien aus bist du in eineinhalb Stunden am Schneeberg oder in Lackenhof am Ötscher."